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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Straßen drängten sich Soldaten, ferner Männer und Frauen in feinen Gewändern, begleitet von Sklaven oder in Sänften getragen, und alle anderen mussten den Weg für sie freigeben. Auch an Marktschreiern, die ihre Waren feilboten, kam Hem vorbei, und an feilschenden Kunden, an Pflockträgern und Schmutzentsorgern, an Trunkenbolden, die aus schäbigen, übel riechenden Kaschemmen wankten,an barfüßigen Sklaven auf eiligen Besorgungsgängen und an zerlumpten Bettlern. Viele der Letzteren hatten Narben von schrecklichen Verletzungen, und Hem vermutete, dass sie einst als Soldaten gedient hatten.
    Nach einer Stunde hatte Hem sich völlig verirrt: Dagra entpuppte sich als genauso unüberschaubar wie Turbansk. Allerdings hielt hier niemand an, um zu plaudern; niemand betastete bunte Seide oder verweilte an den Jasminständen der Blumenverkäufer; niemand gesellte sich zu anderen, um den Possen von Gauklern oder der Musik von Spielmännern Beifall zu spenden. Plötzlich hatte Hem vor Augen, was aus Turbansk nun werden konnte, da Imank die Stadt eingenommen hatte. Eine entsetzliche Traurigkeit erfasste ihn.
    Die Untoten scheuchten die Bluthunde voran und hielten sie an der Leine der Hexerei, damit der Tross im Gewirr der Straßen zusammenblieb. Hem fiel auf, dassdie meisten Leute hastig den Weg räumten, wenn sie die Bluthunde erblickten. Er hatte Mühe, mit den anderen Schritt zu halten; jeder Schritt glich einer Qual. Es fiel ihm schwer, die faulige Luft zu atmen, und der Himmel pulsierte mit seltsamen Strömungen und Lichtern, als könnte sich jeden Augenblick ein Sturm über ihnen entladen. Schließlich erreichten sie eine triste Kaserne aus Stein, die aus mehreren Stockwerken bestand und in der sie untergebracht werden sollten.
    Sie alle erhielten ein wenig harten Zwieback und getrocknetes Fleisch, dann wurde ihnen der Weg in niedrige, dunkle Schlafsäle gezeigt, erhellt von rauchenden Öllampen, die Böden mit dreckigem Stroh bedeckt, auf dem Reihen flohverseuchter Pritschen für die Bluthunde zum Schlafen bereitstanden. Letztlich entließen die Untoten die Köter aus ihremBann. Kopfschüttelnd und sogar zu müde für ihre üblichen Angebereien und Witze sanken sie auf die Liegestätte und streckten die Beine aus, dankbar, dass der Marsch zu Ende war und sie einen Platz zum Hinlegen hatten, der weicher als der nackte Boden war.
    Hem saß eine lange Weile mit hängendem Kopf da, versunken in Hoffnungslosigkeit. Die anderen Bluthunde schenkten ihm wie üblich keine Beachtung. Nachdem er sich von seiner schlimmsten Erschöpfung erholt hatte, kaute er freudlos die getrockneten Fleischstreifen und schob den mit Morralin versetzten Zwieback unter seine Pritsche. So hoch das Wagnis eines Fluchtversuchs auch sein mochte, er konnte nicht in Dagra bleiben, da dies einem sicheren Tod gleichkäme: An diesemOrt konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er als Spitzel aufgedeckt würde. Ehe er als Bluthund stürbe, würde er lieber bei einer versuchten Flucht sterben. Der Gedanke stärkte seine Entschlossenheit, und er begann, seine spärlichen Möglichkeiten zu sichten, und verdrängte seine Übelkeit.
    Irgendwie musste er in dieser Nacht Zelika finden und aus Dagra fliehen. Es schien unmöglich. Wie sollte er herausfinden, welcher Bluthund Zelika war, sie überwältigen und zwingen, mit ihm zu kommen - und all das, ohne von den anderen Bluthunden oder den Untoten bemerkt zu werden? Und am unmöglichsten von allem: Wie sollte er sie beide verschleiern und mit ihr ungesehen über die unüberwindlichen Stadtmauern flüchten? Hem hatte nicht gewusst, dass ein Wachbann so mächtig sein konnte; er bezweifelte, dass er einen Schild anfertigen könnte, der stark genug wäre, ihn vor dem Bewusstsein des Wachbanns zu verbergen, geschweige denn einen, der für ihn und Zelika reichte.
    Und wo steckte Irc? Elend dachte Hem, dass sein Freund ihm an diesen Ort nicht hatte folgen können. Die Zauber an den Mauern waren so stark, es schien undenkbar, dass selbst ein so kleiner und gewiefter Vogel sie unbemerkt überwinden könnte. Und selbst wenn er es durch eine unvorstellbare List geschafft hätte, wie sollte er Hem inmitten des Chaos vonDagra aufspüren? Hem wagte nicht, einen Ruf auszusenden. Er befand sich alleine in dieser dunklen Stadt; es gab niemanden, der ihm helfen würde. Sein Kopf schmerzte, als zöge sich langsam ein Eisenband um seine Stirn zusammen. Und er war so müde.
    Nun, dachte Hem in dem Versuch, sich aufzurichten,

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