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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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nicht jemand sehen?«, fragte Hem mit einem Anflug von Angst. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, sich zu verstecken, dass ihm selbst das bloße Sitzen im Freien waghalsig erschien.
    »Das ist unwahrscheinlich, Hem. Ich bin seit drei Tagen hier und habe die Gegend ausgekundschaftet. Meiner Einschätzung nach müsste es heute ziemlich sicher sein. Die Schwarze Armee ist auf den Nazar-Ebenen weit und breit nicht zu sehen. Anscheinend ist die Finsternis anderswo beschäftigt. Wir können die Ruhepause des Sturms nutzen und so tun, als lagerten wir im Osidh Am. Ein wenig kalt zwar, das gebe ich zu, aber trotzdem recht angenehm. Immerhin haben wir Mittwintertag.«
    Hem zog die Knie ans Kinn und beobachtete, wie Saliman erst den Eintopf kostete, dann etwas Salz aus seinem Bündel hinzufügte. Irc kam zu Hem und verlangte, gestreichelt zu werden. Abwesend rieb der Junge den Hals der Krähe, bis Irc sich gurrend zu Boden kauerte. Hem war sehr hungrig, verspürte jedoch keine Eile. Vorerst genügte es ihm vollauf, mit seinen Freunden beisammenzusitzen, das Feuer zu beobachten und dem leisen Köcheln des Fleisches im Eintopf zu lauschen. Ihm wurde klar, dass er ganz vergessen hatte, wie wohltuend solch unscheinbare Vergnügungen sein konnten, wie tief sie in seine Seele vordrangen und ihn stärkten.
    Nach einer Weile frühstückten sie geradewegs aus dem Kessel, wobei Irc neben ihren Knien auf und ab hüpfte und um Brocken bettelte. Salimans schlichtes, mit Kräutern verfeinertes Gericht kam Hem wie ein Festmahl vor und erquickte wesentlich mehr als nur seinen Körper. Nachdem Hem mit dem Essen fertig war, seufzte er zufrieden; ihm war warm, er war satt, und er fühlte sich erheblich kräftiger. Irc flog los, um sich um etwas Persönliches zu kümmern, und Hem und Saliman saßen eine Weile still da und starrten auf das im Tageslicht fahle Flackern des Feuers.
    »Ich bin froh, dass du zurück bist, Hem«, brach Saliman schließlich das Schweigen. »Als Hared mir erzählt hat, was du getan hast, war ich in großer Sorge.« »Irc hat mir erzählt, dass er mich erwürgen wollte«, sagte Hem.
    Saliman grinste. »Mehr oder weniger dasselbe hat er zu mir gesagt. Aber auch ich war wütend, Hem. Was du getan hast, war tollkühn,und du hast nicht nur dein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, sondern auch unseren Kampf. Allerdings bist du, abgesehen von Erschöpfung und jeder Menge blauer Flecken und Abschürfungen, erstaunlicherweise so gut wie unversehrt. Du hattest großes Glück. Nach allem, was Irc mir berichtet hat, müsstest du eigentlich tot sein.«
    Hem antwortete nicht gleich, und als er es tat, ertönte seine Stimme heiser. »Ich weiß, es war verrückt, aber ich konnte Zelika nicht zurücklassen«, sagte er. »Und ich habe sie nicht gefunden. Nicht einmal ihren Bruder konnte ich retten. Letzten Endes war alles umsonst.«
    Eine besorgte Miene huschte über Salimans Gesicht, und er wandte sich ab. Hem hätte ihn beinah gefragt, ob er etwas von Zelika gehört hatte, doch irgendetwas ließ ihn davon absehen.
    »Ob alles umsonst war, muss sich erst noch herausstellen«, gab Saliman zurück. »Irc hat mir viel von dem erzählt, was du getan hast, und ich kann es kaum erwarten, noch mehr zu hören. Mir scheint, du könntest mehr als jeder andere Barde in unserem Kampf gegen die Finsternis vollbracht haben. Offenbar trifft Hareds Vermutung über die Kinderarmeen zu, und allein das stellt wertvolles Wissen dar. Und niemand von uns war je in Dagra und hat die Stadt wieder lebend verlassen.«
    Hem schauderte beim Gedanken an jenen schrecklichen Ort. »Ich will dort nie wieder hin«, sagte er. »Nie wieder.«
    »Ich hoffe, dafür wirst du auch nie Anlass haben«, erwiderte Saliman ernst. »Nun denn, Hem, wenn du dich in der Lage dazu fühlst, würde ich gerne deine Geschichte hören. Erzähl mir alles.«
    Stockend begann Hem dem Barden alles zu schildern, was ihm widerfahren war, seit Zelika und er die Grube verlassen hatten. Die vergangenen vier Wochen erschienen ihm wie vier Jahre, dachte er verwundert; Nal-Ak-Burat schien in weiter Vergangenheit zu liegen, seine Zeit in Turbansk in einem gänzlich anderen Leben. Seine Stimme gewann an Kraft, als er fortfuhr. Saliman saß mit geneigtem Haupt da und nickte, wenn Hem sich unterbrach, um anzuzeigen, dass er zuhörte. Gelegentlich stellte er auch eine Frage.
    Hem leerte die Steine aus seiner Tasche und zählte zusammen, wie viele Soldaten er auf seiner Reise durch Den Raven gesehen hatte.

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