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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Umgebung, deshalb wurde er völlig überrascht, als jema nd aus einer der Seitengassen hervorschoss und in ihn krachte. Irc flatterte in die Luft und krächzte empört, während Hem zu Boden geschleudert wurde, wo er der Länge nach liegen blieb. Seine erste Empfindung war Wut; blindlings griff er nach dem unachtsamen Unbekannten, bekam einen Teil eines Mantels zu fassen und hielt ihn fest, ließ selbst dann nicht los, als ihn eine harte kleine Faust am Auge traf. Er rang seinen Angreifer zu Boden, wobei er vor Anstrengung keuchte.
    Rittlings kauerte er sich auf den Feind und wollte sich soeben für das rächen, was wahrscheinlich ein blaues Auge werden würde, als er erkannte, dass er gegen ein Mädchen kämpfte. Die Kleine funkelte ihn mordlüstern an, setzte sich immer noch zur Wehr und spie ihm Verwünschungen entgegen. Hems Beherrschung der Sprache Suderain hatte sich während seines Aufenthalts in den Heilhäusern beträchtlich verbessert, wenngleich er nach wie vor unsicher darin war. Nichtsdestotrotz verstand er genug, um zu wissen, dass ihm einige äußerst unschmeichelhafte Bezeichnungen an den Kopf geworfen wurden.
    Er errötete und hätte in derselben Weise geantwortet, wenn ihm nicht zugleich aufgefallen wäre, wie zerlumpt die Kleider der Kleinen waren und dass sie selbst Verletzungen aufwies; ihre Lippe schien erst unlängst gesprungen zu sein, und unter dem rechten Auge prangte eine hässliche entzündete Schnittwunde. Hem verkniff sich seine Erwiderung.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte er stattdessen in unsicherem Suderain. »Ich habe dich nicht gesehen …«
    Das Mädchen setzte in ihrem Ringen um Freiheit ab und starrte ihn böswillig an. »Du solltest vorsichtiger sein«, sagte Hem.
    »Lass mich los«, forderte ihn das Mädchen auf.
    Hem musterte die Kleine neugierig. Sie besaß die hellbraune Haut jener aus den östlichen Gefilden Suderains und sprach mit dem Akzent von Baladh. Sie musste kürzlich in Turbansk eingetroffen sein und irgendwie die letzten Wagen verpasst haben, mit denen die Kinder nach Car Amdridh befördert worden waren. Er schätzte sie etwa auf sein Alter. Ihr wirres schwarzes Haar ergoss sich in losen Locken um ihr Gesicht, das fein geschnittene Züge besaß, die der Zorn in ihrer Miene etwas entstellte. Sie war dreckig; der zerschlissene Mantel war so besudelt, dass man die ursprüngliche Farbe kaum noch erkennen konnte, und sie trug eine abgewetzte Ledertasche bei sich, die vermutlich all ihre wenigen Habseligkeiten enthielt.
    »Bitte versprich mir, nicht wegzurennen«, bat Hem. »Es tut mir leid, es war ein …« Ihm fiel nicht ein, wie man auf Suderain für >Unfall< sagte. »Ich werde dir nichts tun …«
    Das Mädchen hielt inne und nickte. Hem, der sich sonst Fremden gegenüber nicht so vertrauensvoll zeigte, zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie Wort halten würde. Behutsam kletterte er von ihr. Sie setzte sich auf und wischte sich ab. Irc kehrte auf Hems Schulter zurück, legte den Kopf schief und betrachtete das Mädchen mit ungetrübter Neugier. Die Kleine weigerte sich, Hem anzusehen. Sie kauerte sich mit einer Haltung würdevoller Entrüstung neben ihn. Hem suchte in Gedanken nach etwas, das er sagen könnte, und verfluchte sein mangelhaftes Suderain.
    Plötzlich fiel ihm der Honigkuchen ein, den Boran ihm gegeben hatte. Hem holte ihn aus der Tasche und bot ihn ihr an. Er war ein wenig zerdrückt, aber im Großen und Ganzen noch heil. Das Mädchen starrte ihn zweifelnd an, dann schnappte es ihm den Kuchen aus der Hand und verschlang ihn in zwei Bissen. Offenbar war sie am Verhungern.
    »Was tust du hier?«, wollte Hem wissen und beobachtete, wie sie sich den Mund abwischte. »Du solltest unterwegs nach Car Amdridh sein.« »Ich habe mich versteckt«, sagte das Mädchen. Nach seinem Geschenk schien sie etwas beschwichtigt. »Ich will gegen die Schwarzen kämpfen.« Sie zückte ein Messer aus der Scheide an ihrem Gürtel und deutete damit auf Hem; er sah, dass es sich um ein Kü- chenmesser handelte, scharf genug zwar, um Knochen zu schneiden, trotzdem keine Waffe zum Kämpfen. »Und ich werde jeden töten, der mich aufzuhalten versucht.« Angesichts des Ausdrucks in ihren Augen hatte Hem keine Mühe, ihr zu glauben; tatsächlich war er froh, dass es ihr nicht gelungen war, an das Messer zu gelangen, als sie mit einander gerungen hatten. Er verspürte eine seltsame Mischung aus Erstaunen, Bewunderung und Mitleid.
    »Niemand kann dich mehr aufhalten«, meinte

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