Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
hierher verfolgt. Er ist ein dreckiger Spitzel.«
»Vielleicht.« Die Belustigung verschwand so plötzlich aus dem Gesicht des Barden, als wäre ein Licht gelöscht worden. »Aber wahrscheinlich hat der Vogel Recht damit, argwöhnisch zu sein. Was tustdu hier? Du hast am Tor nichts verloren.« Zelika streckte sich zu voller Größe. »Ich habejedes Recht, meine Familie zu rächen«, erwiderte sie. Obwohl sie immer noch den krächzenden Irc hielt, gelang es ihr, ein überraschendes Maß an Würde aufzubringen.
Inhulca betrachtete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Und welche Familie ist das?«, fragte er.
»Das Haus von II Aran«, antwortete Zelika hochmütig. »Ihr seid aus Baladh, Ihr werdet mein Recht verstehen.«
Inhulca schwieg einen Augenblick. Dann schaute er zu Irc und sagte in der Hohen Sprache: Hüte deine Zunge, Vogel. Sie wird dich nicht töten. Wäre das ihre Absicht, hätte sie dir längst das Genick gebrochen.
Irc war so überrascht, dass er schlagartig zu kreischen aufhörte und den Kopf herumdrehte, um den Barden anzustarren, der mit ihm gesprochen hatte. »Du stehst unter der Obhut von Saliman von Turbansk, wenn ich mich recht erinnere«, meinte Inhulca zu Zelika. »Ich glaube kaum, dass er erfreut wäre, wüsste er, dass du hier bist.«
»Er ist nicht meine Familie«, erwiderte Zelika. »Ihr habt kein Recht…« Sie setzte sich gegen seinen Griff zur Wehr, vermochte jedoch nicht, ihn zu lösen.
»Du bist ein Kind«, stellte er fest.
»Ich bin kein Kind!«, brüllte Zelika.
»Ein Kind«, wiederholte Inhulca nüchtern. »Und trotz deiner Jimreichen Herkunft hast du offensichtlich keine Ahnung, was mit einer Schlacht einhergeht. Ein unerfahrener Soldat in einem Gefecht wie dem bevorstehenden kann Leben kosten. Und selbst ein einziges Leben aus unseren Reihen ist zu viel.« Er funkelte Zelika mit solchem Ingrimm an, dass selbst sie zauderte. »Hast du verstanden?« Sie schluckte.
»Hast du verstanden?« Sein Griff um Zelikas Arm verstärkte sich, und sie nickte. »Du bist ein Ärgernis. Ich kann dich nicht hierlassen. Außerdem vertraue ich dir nicht.« Inhulca musterte sie kurz, dann schien er zu einer Entscheidung zu gelangen. »Du kommst mit mir. Rasch, uns läuft die Zeit davon. Der Regen wird bald einsetzen, soweit ich das Wetter beurteilen kann.«
Er erteilte den Soldaten, die in der Nähe standen, ein paar herrische Befehle, dann führte er die sich wehrende Zelika, die immer noch Irc trug, im Laufschritt durchdie Menge zu einem Türmchen nahe dem Westtor. Im Inneren erwies es sich als beengt und heiß. Zelika spürte, wie ihr Schweiß über den Rücken rann, als Inhulca sie eine dunkle, gewundene Treppe empor zu einem zwei Stockwerke höher gelegenen Raum scheuchte. In der Kammer befanden sich um einen schlichten Holztisch mit einem Krug und Kelchen darauf der Oberste Barde Juriken, Har-Ytan und zwei weitere Anwesende. Neugierig drehten sie sich um, als Inhulca mit seinen seltsamen Gefährten eintrat. »Ein paar unerwartete Neuankömmlinge«, verkündete Inhulca knapp und warf Zelikas Helm auf den Tisch. »Ich muss zurück zu meiner Truppe. Ich glaube, die hier gehören zu Saliman; ich lasse sie für Eure Entscheidung hier.« Damit ließ er endlich Zelikas Arm los und sprach zu ihr: »Vergiss nicht, was ich gesagt habe.«
Zelika starrte ihn finster an. Irc, der vergessen und geschunden an ihrer Seite baumelte, gab ein leises Krächzen von sich. Unterbewusst hob sie ihn an und nahm ihn in die Arme.
»Wie liebenswürdig«, meinte Inhulca hämisch. »Ich hoffe, wir erleben beide den Tag, an dem du dich hieran erinnern und mir dafür danken wirst.« Er nickte den anderen zu und ging raschen Schrittes.
Zelika stand verlegen da und spürte, wie ihre Wut von ihr abfiel und von etwas ersetzt wurde, das Scham nahekam. Juriken und Har-Ytan starrten sie erstaunt und verärgert an.
»Zelika aus dem Haus von II Aran, warum bist du hier?«
Har-Ytan erhob die Stimme nicht, dennoch schüchterte die Kraft ihres Missfallens Zelika ein wie noch nie etwas zuvor. Von plötzlicher Demut überwältigt, neigte sie das Haupt. Ihr wurde klar, dass man sie genau wie ein garstiges Kind betrachtete, das aus Dummheit etwas Kostbares fallen lassen und zerbrochen hat.
»Ich bin gekommen, um zu kämpfen, Helligkeit.«
»Bei dieser letzten Verzweiflungsschlacht zu kämpfen ist eine Ehre, die wir Kindern nicht zugestehen.« Har-Ytans Stimme erklang kalt und hart. »Viele große Krieger boten ihre Dienste für
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