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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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wäre, ihn zu verlassen, wie es Marich, Karim und Hekibel getan hatten. Allerdings war Hem außerstande, eine so nüchterne Entscheidung zu treffen. Er war Zelika aus demselben Grund ins Herz von Den Raven gefolgt, aus dem er nun bei Saliman blieb. Und sieh nur, was es gebracht hat, meldete sich eine höhnische Stimme in seinem Hinterkopf zu Wort. Doch Hem wusste, dass er nicht damit leben könnte, Saliman einem sicheren, entsetzlichen Tod zu überlassen, ohne zumindest zu versuchen, ihn zu heilen. Das Problem war, dass ebenjener Versuch seinen eigenen Tod herbeiführen konnte. Tja, dachte Hem. Dann ist es eben so. Sorgsam ließ er sich durch den Kopf gehen, was er über das Heilen wusste. Er war sich seines Mangels an Erfahrung nur allzu bewusst. Andererseits hatte er in den Heilhäusern von Turbansk viel gelernt: Oslar war ein großartiger und geduldiger Lehrmeister gewesen und hatte Hem am Ende so viel Verantwortung wie seinen besten Heilern übertragen. Dennoch wusste Hem in seinem Innersten, dass Oslar ihm, wäre er nun hier, von dem Versuch abraten würde. Er war zu jung, er wusste zu wenig, er hatte keine Arzneien zur Unterstützung seiner Magie … Hem würde sich auf seinen Verstand verlassen müssen. Vielleicht würde ihm sein Erdgespür, jene seltsame Gabe, die ihm der Elidhu Nyanar in Nal-Ak-Burat eingehaucht hatte, dort helfen, wo ihn seine Bardenmagie im Stich ließe. Es war, so dachte er trübselig, das Einzige, was er anderen Barden voraushatte. Bislang hatte ihm das Erdgespür nur eine erschütternde Übelkeit beschert, wenn er über vom Namenlosen zerstörtes Gelände geschritten war. Wenn jedoch die weiße Krankheit, wie manche Barden düster mutmaßten, tatsächlich eine von Sharma auf Annar losgelassene Seuche darstellte, könnte sein Erdgespür eine Möglichkeit darstellen, herauszufinden, wo die Krankheit sich in den Körper eingenistet hatte. Zudem war Hem auch keineswegs ungeschickt als Magier - immerhin war es ihm gelungen, einen von einem mächtigen Untoten vor dem Blinden Haus in Sjug’hakar.
    Im angebrachten Wachbann zu zerlegen, was eine alles andere als einfache Aufgabe gewesen war…
    Er warf weiteres Holz von seinem schwindenden Stapel auf das Feuer. Saliman war eingeschlafen. Sein leichter, unregelmäßiger Atem und seine rastlosen Bewegungen wirkten über dem Knistern der Flammen laut. Hem stellte fest, dass er müde war, sogar sehr müde. Saliman hatte recht damit, dass er sich ausruhen sollte, bevor er ein so schwieriges Unterfangen wie ein Gefecht gegen die weiße Krankheit in Angriff nahm. Er würde sich schlafen legen - nur ein paar Stunden, nicht zu lange -, um Kraft zu sammeln. Durch wochenlanges Wachehalten hatte er die Gabe entwickelt, aufzuwachen, wann immer er es wünschte. Wenn er bis Mitternacht schliefe, würde sich das Fieber vermutlich noch nicht zu tief in Salimans Körper vorgearbeitet haben, und Hem würde besser darauf vorbereitet sein, ihn zu heilen.
    Da wurde ihm klar, dass er trotz all seiner Beteuerungen bis zu diesem Augenblick nicht sicher gewesen war, ob er es tatsächlich versuchen würde. Wenn er ehrlich zu sich sein wollte, hatte er genauso große Angst wie die Schauspieler; ihm graute vor dem Gedanken, so zu werden wie die arme Seele, die sie in Hiert gesehen hatten. Selbst die Gnade eines raschen Todes würde ihm in diesem Fall verwehrt. Dennoch wusste er nun, dass seine Entscheidung unwiderruflich war, komme, was wolle. Mit einem plötzlichen, seltsamen Gefühl der Erleichterung erschlaffte er und dämpfte das Feuer. Irc schlief bereits mit einem an die Brust gezogenen Bein und dem Kopf unter einer Schwinge. Hem betrachtete den Vogel eine Weile, die Augen sanft vor Zärtlichkeit. Dann wickelte er sich in die Decken, versuchte, es sich auf dem harten Boden gemütlich zu machen, und schlief rasch ein. Hem erwachte zur dunkelsten Stunde der Nacht. Er setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. In der Hütte war es warm, und der matte Schein des Feuers erhellte sie. Saliman lag eingerollt an der gegenüberliegenden Wand und schlief tief und fest, abgesehen von seiner flachen, unregelmäßigen Atmung. Hem griff nach seiner Wasserflasche und trank einen ausgiebigen Schluck. Dann setzte er ab und durchwühlte sein Bündel. Irgendwo darin befand sich eine Flasche Medhyl, die er aus Til Amon mitgenommen und bisher völlig vergessen hatte. Auch davon trank er ausgiebig. Sogleich spürte er, wie sich die Wirkung des Medhyls in ihm ausbreitete und

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