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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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seine Anmut in der Luft nie hätte erahnen lassen. Sein Gefieder hatte einen Großteil der Farbe verloren, die Hem verwendet hatte, um ihn in Nal-Ak-Burkat zur Vorbereitung auf ihr Unterfangen in Den Raven dunkel zu färben. Inzwischen war er fast glänzend weiß. Manchmal dachte Hem, dass Irc vielleicht aus diesem seltsamen, für einen Vogel unüblichen Leben ausbrechen und lieber eine gewöhnliche Krähe werden würde; andererseits würde er durch seine weißen Federn immer von seinen Gefährten ausgegrenzt werden. Hem fragte ihn nie, und Irc folgte ihm bedingungslos, obwohl sie sich mittlerweile sehr weit von den warmen Ländern des Südens entfernt hatten, wo er geschlüpft war. Hem schlang seinen Mantel eng um sich, um sich gegen den beißenden Wind des frühen Morgens zu schützen, ging zur Kuppe des Hügels hinauf und blickte nordwärts über das Land, durch das sie würden reisen müssen. Vor ihm erstreckten sich mehrere lang gezogene Erhebungen wie jene, die sie erklommen hatten, um die Hütte zu finden, jede niedriger als die vorherige, wie eine Reihe von Wellen, die zu den Ebenen hin abflauten. Sie hatten auf dem einzigen wirklich hoch gelegenen Gelände der Gegend Zuflucht gesucht.
    Die felsigen Grate der Rücken waren vor dem Wasser verschont geblieben, aber die Täler dazwischen und die Ebenen dahinter waren mit Geröll und Schlamm übersät. Sollte der Boden sich als sumpfig erweisen, würde es ein beschwerlicher Marsch zu den höheren Gefilden, die er in der dunstigen Ferne erblickte. Eine Weile betrachtete Hem das Gelände, dann verließ er die Kuppe und begab sich zur nächsten im Süden, um nachzusehen, was aus Hiert geworden war. Die Strecke, die zu bewältigen ihn zuvor solch qualvolle Anstrengung gekostet hatte, als er im Regen die Schubkarre schob, überwand er nun binnen kurzer Zeit.
    Von der Kuppe der Erhebung aus ließ er den Blick über Hiert wandern. Die Flutgrenze zeichnete sich deutlich ab; darüber war das Gras grün, während es sich darunter geplättet, gelb und von Geröll übersät bis zu den Häusern hinab erstreckte, die im morgendlichen Licht trostlos und verwaist wirkten. Die meisten hatten der Überschwemmung standgehalten, aber Hem sah, dass einige Gebäude unter der Kraft des Wassers eingestürzt waren. Der Fluss strömte wieder zwischen seinen Ufern dahin, wenngleich noch immer braun und angeschwollen. Die Sonne gleißte blendend in den Pfützen und kleinen Teichen, die das Wasser hinterlassen hatte, als es zurückgewichen war. Vereinzelte Tiere -Hühner, Schweine, Ziegen, ein paar Rinder - streunten auf der Suche nach Nahrung über die verlassenen Straßen. Wie hoch die Fluten gestiegen waren, konnte Hem anhand der Wasserspuren an den Baumstämmen erkennen; an manchen Stellen maßen sie drei Spannen, hoch genug, um die meisten Häuser von Hiert bis unters Dach zu fluten. Er roch den süßlichen Gestank von Verfall, der aus dem verwüsteten Dorf aufstieg, und rümpfte die Nase. Irgendwo in Hiert musste sich der Leichnam des namenlosen Mannes befinden, der Saliman mit der weißen Krankheit angesteckt hatte. Hem dachte voll Mitleid an ihn; er bezweifelte, dass er je erfahren würde, wer er gewesen war, aber er kannte nun zumindest einen Teil der Qualen, die der arme Mann erlitten hatte. Hem konnte nachvollziehen, weshalb das Dorf menschenleer gewesen war, warum alle vor der Krankheit die Flucht ergriffen hatten; selbstjetzt spürte er ihr Grauen noch im Leib, und er hoffte inständig, dass er ihr nie wieder begegnen würde.
    Seufzend wollte er sich gerade umdrehen und zur Hütte zurückkehren, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Ein in einen Mantel gehüllter Reiter, der ein weiteres Pferd an den Zügeln führte, trabte langsam die Weststraße entlang nach Hiert. Hems Haut prickelte vor Furcht. Vielleicht war es nur jemand auf der Durchreise oder ein Bewohner Hierts, der die Fluten überlebt hatte, indem er wie Hem und Saliman in höhere Gefilde geflüchtet war und nun zurückkehrte, um herauszufinden, was aus seinem Heim geworden war… Oder vielleicht handelte es sich um den Untoten, von dem Saliman glaubte, er könnte sie durch Annar verfolgt haben.
    Hem kauerte sich neben einen großen Salbeistrauch, duckte sich tief, um nicht gesehen zu werden, und bereitete sich darauf vor, sich mit Magie zu verbergen, sollte es notwendig sein. Aufmerksam beobachtete er, wie der einsame Reiter sich langsam die Bardenstraße entlang bewegte. Hinter ihm trottete etwas her, das wie ein

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