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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Palisaden aufzutürmen begannen. Inneil bestand gegen eine Woge von Werwesen nach der anderen, gegen mehr, als möglich erschien. Schwarze Schwingen und lange, gekrümmte Klauen stießen aus der Dunkelheit hernieder und wurden abgewehrt oder niedergestreckt, aber ständig strömten weitere nach, und die Reihen der Verteidiger lichteten sich allmählich. Je länger sie kämpften, desto weniger wurden sie und desto schwächer; alle Krieger wirkten blass vor Erschöpfung, zumal sie nicht nur gegen die Werwesen, sondern auch gegen den Landrost kämpften. Just als Cadvan dachte, ihre Linie würde brechen und die Werwesen würden die Palisaden letztlich einnehmen, ließ der Angriff vorübergehend nach. Er und Indik taumelten von den Mauern zurück und winkten andere Soldaten nach vorn, um ihre Plätze einzunehmen. Schwer atmend stützten sie sich auf ihre Schwerter und wischten sich den Schweiß aus den Augen.
    Im flackernden Fackelschein glich Indiks Antlitz einer wilden Maske aus Dreck und Blut. Als er wieder zu Atem gelangt war, wandte er sich Cadvan zu und grinste freudlos. »Ich glaube nicht«, sagte er, »dass wir bis zum Morgengrauen durchhalten werden, mein Freund.« Einen Lidschlag lang erlosch das Feuer in Indiks Augen. »Hier an den Toren ist der Angriff mit Abstand am schlimmsten«, sagte er. »Dennoch ist es recht schwierig, ein Muster darin zu erkennen. An anderen Stellen der Mauern greifen sie bald hier, bald dort an. Man kann es nicht vorhersehen, weil man durch den Nebel nicht erkennt, wo sie sich scharen. Also müssen wir überall auf der Hut bleiben.« Er richtete sich auf und zuckte zusammen. »Natürlich schlagen sie hier am heftigsten zu, und gerade hier dürfen wir nicht fallen. Ich hoffe aus tiefstem Herzen, mein Freund, dass dem Landrost endlich die Werwesen ausgegangen sind.«
    »Das ist vermutlich zu viel gehofft«, erwiderte Cadvan. Noch während er sprach, hörten sie beide Flügelschläge, die eine weitere Welle von Werwesen ankündigten. Ihre Blicke begegneten sich.
    »Ich habe immer auf zu viel gehofft«, gestand Indik. »An den Toren zur nächsten Welt, wann immer ich dort eintreffe, heute Nacht oder irgendwann in ferner Zukunft, werde ich sagen, dass die Hoffnung manchmal erfüllt wurde. Aber selbst wenn es Maerad gelingt, die Todeskälte aufzuhalten, fürchte ich, dass wir inzwischen zu geschwächt sind, um dem Landrost zu trotzen.« Cadvan nickte und salutierte Indik mit dem Schwert. »Es war mir immer eine Ehre, dich gekannt zu haben, mein Freund«, sagte er.
    »Das Gleiche gilt für dich, mein Freund«, gab Indik zurück.
    Maerad wusste, dass die Zeit knapp wurde. Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit den Palisaden zu und sah mit Grauen die Heftigkeit der Schlacht, die dort tobte; sie erblickte Cadvan und Indik, die sich Seite an Seite inmitten der hoffnungslos lichten Reihe von Kriegern gegen die Werwesen verteidigten. Die Banne verhinderten nach wie vor, dass die Werwesen alle gleichzeitig angreifen konnten, dennoch standen die Verteidiger schwer unter Druck. Noch während Maerad das Geschehen beobachtete, fielen drei von ihnen, wurden getötet oder verwundet, und ein Werwesen kreischte siegesfreudig über den Bruch in der Linie und stürzte sich mit einem Dutzend seiner Gefährten darauf. Indik, Cadvan und zwei weitere Barden sprangen verbissen kämpfend in die Lücke. Weißes Feuer schoss in Bögen aus ihren Schwertern, und der Angriff wurde abgewehrt; allerdings erkannte Maerad die Erschöpfung in ihren Körpern und wusste, dass nur noch ihr Wille sie aufrecht hielt. Und selbst der Wille Cadvans und Indiks konnte gebrochen werden. Maerad konnte es nicht ertragen, noch länger zuzusehen, und zog sich in die Welt des Geistes zurück. Als sie vor dem großen Nichts kauerte, das der Landrost darstellte, spürte sie Verzweiflung in sich aufsteigen: Noch nie, nicht einmal, als sie in den Bergen dem Tod ins Auge geblickt hatte, hatte sie sich einsamer gefühlt. Damals hatte sie ob ihres eigenen Elends, ob ihres Todes und des Todes ihrer Freunde getrauert. Nun wusste sie, dass allein sie zwischen der freien Welt, die sie liebte - samt Inneil und allem sonst, was sie bedeutete -, und deren völliger Zerstörung stand. Es gab keinerlei Hilfe für sie. Und sie wusste nicht, was sie tun sollte.
    Schließlich beschloss sie in ihrer Verzweiflung, sich aus ihrem Versteck hervorzuwagen und den Landrost unmittelbar herauszufordern. Indem sie in den Schatten kauerte und versuchte, seine Kraft

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