Die Pelzhändlerin (1. Teil)
wunderschön. Und herrlich sind die Dinge, die du besitzt. All die Düfte, Schönheitsmittelchen, all der Schmuck.»
«Sieh dir alles genau an. Wenn du willst, dann helfe ich dir beim Einkaufen. Du wirst in Frankfurt damit für Aufsehen sorgen. Doch jetzt zeige ich dir die allerneueste Florentiner Mode.»
Lucia kramte in einer Lade und holte ein spitzenbesetztes Tüchlein aus feinstem Linnen hervor, das mit Goldfäden durchsetzt war, und reichte es Sibylla.
«Was ist das?»
«Ein Tüchlein, um sich die Nase damit zu putzen. Es nicht vornehm, einfach in die Hand oder das Tischtuch zu schnäuzen. Nur die Bauern tun das noch. Die höheren Stände haben nun ein Nasentuch.»
Bewundernd betrachtete Sibylla das parfümierte Tüchlein.
«Ich schenke es dir», sagte Lucia. «Ich habe ein ganzes Dutzend davon für dich bestellt. Und wenn wir in den nächsten Tagen zum Ball der Medici gehen, so wirst du sehen, dass alle Florentiner solch ein Tüchlein besitzen.»
«Meinst du, auch die Frankfurter ließen sich belehren, das widerliche Schnäuzen zu unterlassen und solche Tüchlein zu benützen?»
Lucia lachte. «Ich bin mir sicher. Wenn du wieder zu Hause bist, trage es stets bei dir, benütze es in Gesellschaft, erzähle, dass dies die feine Lebensart ist.»
Lucia holte aus einem winzigen bestickten Täschlein, das sie am Gürtel ihres Kleides trug, ihr eigenes Nasentuch und zeigte Sibylla noch einmal, wie man es benutzt.
«Ich habe auch ein Dutzend Nasentücher für Isaak. Er wird dafür sorgen, dass die vornehmen Herren sich an den Umgang damit gewöhnen.»
Wenige Tage später brachen sie bei Einbruch der Dunkelheit zum Ball der Medici auf. Der Palazzo leuchtete ihnen schon von weitem entgegen. Rings um das Gebäude waren Fackeln angebracht, von allen Seiten strömten festlich gewandete Gäste herbei.
Sibylla trug ihr schönstes Kleid. Sie hatte es für sich selbst entworfen, doch bisher niemals getragen. Es kam ihr für Frankfurter Verhältnisse zu gewagt vor. Doch jetzt fühlte sie sich in dem lindgrünen Kleid wohl, das ihren Oberkörper eng umschloss und in losen Falten bis auf den Boden fiel. Auch, weil sie Isaaks bewundernde Blicke bemerkt hatte. Jetzt schritt sie an seinem Arm zum Palazzo. Ihr Herz schlug schnell vor Aufregung. Ein Ball der Reichen und Anmutigen, ein Ball der Schöneit und Gelehrsamkeit. Noch nie hatte sie so etwas erlebt. Lucia hatte ihr geholfen, sich zu schminken. Geduldig hatte sie ihr rote Farbe auf Wangen und Brustansatz getupft, mit einem Kohlestift die Augen umrandet und auch die Lippen mit einer roten, fettigen Paste bemalt. An Sibyllas Hals aber glänzte ein ganz besonderes Schmuckstück. Ein Kettenanhänger, so kostbar und selten, dass er selbst in Florenz einmalig war. Isaak hatte ihn ihr geschenkt. Vor vielen Jahren war er in Jerusalem gewesen und hatte einigen Ausgrabungen beigewohnt. Eine Glasscherbe aus dem Römischen Reich war dabei gefunden worden. Sie war an die 1000 Jahre alt und hatte verschiedene bunte Einschlüsse.
Isaak hatte sie mitgenommen und in Florenz von einem der besten Silberschmiede einfassen lassen. Ein schmaler Silberrahmen, oben durch eine Blattranke verziert, hielt die Scherbe und ließ sie im Kerzenlicht geheimnisvoll schimmern. Kurz vor dem Ball hatte Isaak ihr diesen Schmuck geschenkt und dazu gesagt: «Eine Glasscherbe, die von Jahr zu Jahr schöner wird, kann nur von einer Frau getragen werden, die selbst von Tag zu Tag an Schönheit gewinnt. Möge unsere Liebe genauso lange dauern wie das römische Glas.»
Und jetzt trug Sibylla die Kette, fasste ein ums andere Mal danach, als hätte sie Angst, den Schmuck zu verlieren.
Staunend betrat Sibylla den Palazzo. Noch nie hatte sie so ein schönes und prachtvolles Gebäude gesehen. Keines der Frankfurter Häuser, nicht einmal der Nürnberger Hof des reichen Kaufmanns Jakob Heller, konnte da mithalten: Ein Labyrinth von weitläufigen Räumen durchzog das Haus, alle ausgestattet mit Säulen, Kassettendecken, Wand- und Deckenmalereien und Stuckreliefs. Die Fußböden waren aus Marmor oder glasierten Kacheln. Tische, Stühle, Truhen und Schränke von eleganter Form und edelster Machart. Kostbare Teppiche und Wandbehänge machten die Räume wohnlich. Gemälde, wertvolle Folianten, Plastiken, Bronzeabgüsse und Statuen aus Marmor zeugten vom Kunstsinn und Geschmack der Besitzer des Palazzo. Große Kaminfeuer verbreiteten Wärme, Lampen, Fackeln und Kandelaber sorgten für Licht und Glanz,
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