Die Pelzhändlerin (1. Teil)
Isaak.
«Ein Spiel mit der Liebe, mit der Schönheit, mit der Leichtigkeit des Seins», erwiderte Sibylla und schmiegte sich glücklich an ihn.
Plump und ärmlich, einfallslos und schwer kamen ihr dagegen die Kleider der Frankfurterinnen vor. Wenig vornehm und einfallslos selbst das Kleid, das sie trug.
Lucia lachte, als Sibylla der Freundin ihr Leid klagte.
«Die Sonne ist es», sagte sie. «Die Sonne und der gute Rotwein aus dem Chianti bewirken, dass das Leben in Florenz leichter und fröhlicher ist als anderswo. Natürlich sieht man diese Leichtigkeit auch in den Kleidern der Frauen, an ihren Frisuren, Hauben, am Schmuck und ihren Schuhen. In Florenz ist es einfach, schön zu sein. Unsere Mode verleiht ihren Trägerinnen Weiblichkeit. Ausstrahlung und Sinnlichkeit, das sind unsere Geheimnisse.»
Lucia lachte wieder und zog Sibylla vor einen kostbaren Spiegel: «Da, sieh dich an. Auch du bist hier eine andere als bei dir zu Hause.»
Sibylla nickte, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es Isaaks Liebe war, die sie schöner und unbeschwerter sein ließ. Es war eine neue Erfahrung für Sibylla. Hier, Seite an Seite mit Isaak, erfuhr sie zum ersten Mal, welche Macht die Liebe wirklich hatte. Vergessen war Frankfurt, vergessen Wolfgang Schieren, vergessen bisweilen sogar die Geschäfte.
Sie lebte im Augenblick, fragte nicht nach gestern und morgen, freute sich an allem, was ihr begegnete, besonders aber am Zusammensein mit Isaak.
Lucia hatte in ihrem Haus für Sibylla und Isaak stillschweigend und nur mit einem feinen Lächeln ein gemeinsames Schlafzimmer reserviert, in dem ein über die Maßen großes und breites Bett stand.
«Ich hoffe, Ihr fühlt euch wohl bei mir», hatte sie bei der herzlichen Begrüßung gesagt und den beiden Gästen dann den Rest des Hauses gezeigt.
Lucias Haus strahlte eine ebenso sommerliche Leichtigkeit aus wie die ganze Gegend. Große Fenster aus hellem Glas ließen das Licht bis in den hintersten Winkel scheinen. Die Böden waren aus Stein in einem roten Farbton, den die Florentiner Terra di Siena nannten. Die Wände waren nicht mit schweren Teppichen versehen, sondern hell verputzt. In Frankfurt wäre es ein Zeichen von mangelndem Reichtum, die Wände unbedeckt zu lassen, aber hier wirkt es edel und vollkommen. Zeichnungen und Gemälde in kostbaren Rahmen waren der einzige Wandschmuck. Die Möbel wirkten weniger schwer und plump, obwohl auch sie aus edlen Hölzern und mit kostbaren Schnitzereien versehen waren. Ein besonderes Kennzeichen waren die Mosaiken aus blauem gebranntem Ton, den die Florentiner Keramik nannten. Eine mit wunderbaren Mustern bemalte Leiste verzierte die Küche. Sie passte hervorragend zu den blank geputzten Kupferkesseln, die an einem Gestell neben der gemauerten Feuerstelle hingen und die die Strahlen der Sonne aufleuchten ließen. Die Fenster waren von Vorhängen aus leichten Stoffen umrahmt, die sich im Wind anmutig bauschten. Kein schwerer Samt, kein fester Brokat durchbrach die Schwerelosigkeit und Frische der Einrichtung. Im Hof standen Pflanzen in großen Terrakotta-Töpfen und erfüllten die Luft mit ihrem süßen Duft.
«Oleander und Lavendel», erklärte Lucia. «Meine Lieblingspflanzen. Hier wachsen sie überall. Ich liebe ihren Geruch, kann nicht genug davon bekommen.»
Doch auch die Küche barg für Sibylla so manche Überraschung. Hatte sie gestern noch über die seltsamen kirschgroßen schwarzen und grünen Früchte, aus denen man Öl gewinnen konnte, gestaunt, so entzückte sie heute ein Kraut, das von Lucia Basilikum genannt wurde und so aromatisch war, wie es Sibylla aus Deutschland nicht kannte.
Isaak begleitete Sibylla überallhin, freute sich an ihrem Staunen, an ihren glänzenden Augen, an ihrer Lebenslust.
«Oh, Isaak, ich wünschte, wir könnten immer in Florenz bleiben», sagte sie und meinte für einen Augenblick sogar, was sie sagte.
«Ja», erwiderte Isaak. «Das wünsche ich mir auch. Doch du selbst weißt, dass das nicht möglich ist.»
Sibylla nickte, und ein Schatten fiel auf ihr Gemüt.
Natürlich wusste sie, dass sie wieder zurück nach Frankfurt mussten, doch sie fühlte sich hier so wohl wie nie zuvor in ihrem Leben.
Die Wochen vergingen viel zu schnell, und bald blieben nur noch wenige Tage bis zu ihrer Rückreise.
Isaak musste noch einige Schriften in der Bibliothek studieren und ließ Sibylla in Lucias Obhut zurück. Lucia nahm die Freundin mit in ihr Schlafzimmer, in dem ebenfalls ein großes
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