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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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plötzlich aufgeregt hervor und deutete auf eine blutjunge Dame, die mit entblößtem Busen ging. Ihr Kleid wurde unter der Brust durch ein Samtband gehalten, die Brüste lagen frei, die Höfe waren mit roter Farbe geschminkt, die Warzen vergoldet!
    «Sieh doch!», rief Sibylla wieder aus und hatte vor Aufregung nicht bemerkt, dass ein Mann hinter ihrer Bank stand.
    «Je mehr Geld zur Verfügung steht, desto ausschweifender werden die Bedürfnisse», sagte der Fremde.
    Sibylla drehte sich erstaunt nach ihm um. Lucia war aufgestanden, küsste ehrfurchtsvoll den Ring an seiner Hand und nannte ihn «Il Magnifico». Es war Lorenzo de Medici.
    Auch Sibylla beugte sich über seine Hand.
    «Bitte, meine Damen, ich bitte Euch, wieder Platz zu nehmen.» Dann wandte er sich an Sibylla und fragte auf Deutsch mit deutlichem Akzent: «Ihr seid doch Deutsche, nicht wahr? Kamt Ihr nicht in Begleitung unseres hochgeschätzten Arztes und Wissenschaftlers Isaak Kopper?»
    «Ja», erwiderte Sibylla. «Ihr habt Recht. Ich komme aus Deutschland, bin Koppers Begleiterin. Aber solch eine Pracht habe ich noch nie gesehen. Ganz Florenz scheint nur für die Schönheit und das Vergnügen zu leben.»
    Il Magnifico lachte. «Epikur, ein griechischer Philosoph, hat vor rund 800 Jahren erkannt und verkündet, dass alle Vergnügungen erlaubt und als unschuldig gelten dürfen, bis das Gegenteil bewiesen ist.»
    Lorenzo nickte einer Frau zu, die ebenfalls mit entblößtem Busen einherschritt, und sprach weiter zu Sibylla: «Deshalb triumphiert auch die Anziehungskraft des Weiblichen über alle Verbote der Kirche. Ich sage es noch einmal: Je mehr Geld zur Verfügung steht, desto ausschweifender werden die Bedürfnisse.»
    Sibylla betrachtete eine Frau, deren Jugend längst vergangen war und die sich trotzdem nicht scheute, ihre Schultern und Brüste zur Schau zu stellen.
    «Nur wächst in manchen Fällen der Geschmack leider nicht im gleichen Maß wie der Geldbeutel», entgegnete sie.
    Lorenzo lachte, nahm ihre Hand und küsste sie.
    «Ihr habt Recht. Doch auch hier soll gelten, dass alles für unschuldig gehalten wird, bis das Gegenteil bewiesen ist.»
    Sibylla errötete. Ihre Bemerkung kam ihr töricht und anmaßend vor, und sie befürchtete, durch ihre ungeschickten Worte den Gastgeber beleidigt zu haben.
    Doch Lorenzo de Medici betrachtete Sibylla mit Wohlgefallen.
    «Erzählt mir von Euch», bat er. «Wie lebt Ihr im fernen Frankfurt? Was tut Ihr da? Womit verbringt Ihr Eure Zeit?»
    «Mit den schönen Dingen beschäftige ich mich leider viel zu wenig», gestand Sibylla. «Es fehlt die Zeit. Ich bin Geschäftsfrau, kümmere mich um eine Kürschnerei, eine Einrichterei und auch um eine Gewandschneiderei.»
    Lucia legte Sibylla eine Hand auf den Arm, um sie zu unterbrechen.
    «Il Magnifico. Sibylla ist nicht irgendeine Frankfurter Geschäftsfrau. Ihre Werkstätten sind die größten und anerkanntesten der Stadt. Die einflussreichsten Familien gehören zu ihren Kunden. Nach Florenz ist sie gekommen, um sich neue Impulse zu holen.»
    Lorenzo nickte wohlwollend. «Und habt Ihr Anregungen gefunden, Sibylla?»
    «Oh, ich bin überwältigt. Mein Kopf schwirrt vor neuen Einfällen. In den nächsten Tagen werde ich viele Dinge einkaufen, um sie mit nach Deutschland zu nehmen und sie dort bekannt zu machen.»
    Lorenzo lächelte. «In unserer Lucia habt Ihr eine gute Beraterin. Doch erlaubt mir, Euch heute Abend noch einem guten Freund vorzustellen, der Euch vielleicht nützlich sein kann. Wenn Ihr wollt, so bitte ich ihn, Eure Waren mit der nächsten Kolonne von Florenz nach Deutschland zu schicken.»
    «Ich danke Euch, Il Magnifico», erwiderte Sibylla und betrachtete noch einmal den Mann, dessen Name in aller Welt nur mit Ehrfurcht ausgesprochen wurde. Lorenzo de Medici war kein schöner Mann. Groß war er, aber hager und von beinahe asketischer Magerkeit. Seine große Hakennase ragte wie ein Raubtierschnabel aus seinem Gesicht. Doch sein Wesen war freundlich und sein Handeln von den besten Idealen geprägt.
    «Kommt», sagte er und reichte Sibylla seinen Arm. «Da drüben steht der Mann, dessen Bekanntschaft Ihr unbedingt machen solltet.»
    Er führte Sibylla geschickt durch das Gewimmel im Saal, grüßte nach rechts und links, und schließlich erreichten sie einen schmächtig aussehenden Mann, der den Redefluss eines dicken Mannes über sich ergehen ließ. Sein schmaler Mund, die eng stehenden Augen und das kantige Kinn verrieten Entschlossenheit und

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