Die Pelzhändlerin (1. Teil)
große Tatkraft.
«Darf ich bekannt machen?», fragte Lorenzo und unterbrach die Unterhaltung.
«Das ist die Geschäftsfrau Sibylla Schieren aus Frankfurt, die mit edlen Pelzen, Einrichtungsgegenständen und Gewändern handelt und sie in eigenen Werkstätten herstellt.»
Der fremde Mann verbeugte sich galant vor Sibylla und ließ ein mageres Lächeln um seine schmalen Lippen gleiten.
«Und das, Sibylla, ist der Augsburger Kaufmann Jakob Fugger.»
Sibylla musste an sich halten, dass ihr der Mund nicht sperrangelweit offen stand. Jakob Fugger, der große Augsburger, der reichste Kaufmann, den es gab. Jakob Fugger, der Kupferminen in der ganzen Welt sein Eigen nannte, mit dessen Geld die Mächtigen zu ihren Ämtern kamen, mit dessen Geld Kriege geführt und verhindert werden konnten. Jakob Fugger, dessen Name in Deutschland nur flüsternd ausgesprochen wurde. Jakob Fugger, dieser kleine und doch so große Mann, stand vor ihr und führte ihre Hand zu einem Kuss an seine schmalen, energischen Lippen.
«Es freut mich, Euch kennen zu lernen», sagte er und fragte sogleich weiter: «Wart Ihr schon in der Florentiner Faktorei der Deutschen? Kenne ich Eure Waren?»
«Nein», gestand Sibylla. «Leider nicht. Meine Reise nach Florenz diente in erster Linie der Anregung. Ich habe nur einige Pelze aus meiner Werkstatt dabei.»
Fugger musterte die junge Frau von oben bis unten, tauschte einen Blick mit Lorenzo de Medici und sagte schließlich: «Ihr müsst eine wirklich gute Geschäftsfrau sein, wenn Il Magnifico auf Euch aufmerksam geworden ist. Eure Kleidung verrät Geschmack und Stil. Seltene Tugenden in Deutschland. Kommt morgen zu mir in die Faktorei Tedeschi. Ich möchte Eure Pelze sehen. Schon lange suche ich nach einer Schaube, die ein bisschen anders ist als die gewöhnlichen Umhänge der deutschen Kaufleute, die einander zum Verwechseln ähnlich sehen.»
Sibylla konnte nur nicken. Zu groß war ihre Überraschung, zu groß die Freude darüber, Jakob Fugger vorgestellt worden zu sein. Ihm einen Pelz zu verkaufen, Jakob Fugger zu ihren Kunden zählen zu dürfen, das war eine Gelegenheit, von der sie nicht zu träumen gewagt hatte.
So fern ihr eben noch Frankfurt und die Geschäfte dort waren, so nah rückten sie jetzt wieder. Jakob Fugger, Jakob Fugger. Der Name kreiste ihr wie schwerer Wein im Blut, verursachte ein ähnliches Prickeln.
Hatte sie sich zu Beginn des Abends zwischen all der Pracht und all der Schönheit noch unzulänglich gefühlt, so schwebte sie jetzt über allem. Sie genoss die Artigkeiten der Männer, denen sie vorgestellt wurde, bewunderte neidlos die Garderobe der Damen – und stellte gleichzeitig mit maßlosem Erstaunen fest, dass sie, die sich bisher für klug gehalten hatte, in Florenz auf dem Ball der Medici von Mädchen übertroffen wurde, die bedeutend jünger waren als sie. Lucia machte sie mit einer jungen Frau bekannt, die Sibylla schon mehrmals aus den Augenwinkeln gemustert hatte. Ihre Anmut zog den gesamten Festsaal in ihren Bann. Die Männer verschlangen sie mit Blicken, doch ihr Benehmen war trotz des entblößten Busens untadelig.
«Thalia, meine Freundin», stellte Lucia vor. Die beiden Frauen gaben einander die Hand, lächelten sich an.
«Ihr seid zum ersten Mal auf einem Ball in Florenz?», fragte die schöne Thalia, und Sibylla bejahte. «Beabsichtigt Ihr, noch eine Weile zu bleiben?»
«Nur noch wenige Tage», erwiderte Sibylla. «Unsere Kolonne verlässt leider schon in einer Woche diese wunderschöne Stadt.»
«Nun, vielleicht habt Ihr noch Zeit, mich einmal zu besuchen. Ich bewohne den Palazzo d’Igli. Übermorgen Abend empfange ich mehrere Gelehrte und Künstler zu einem literarischen Zirkel. Wenn Ihr die Literatur ebenso liebt wie ich, dann seid Ihr herzlich eingeladen.»
Sibylla nickte schüchtern. Als Thalia gegangen war, fragte Sibylla die Freundin: «Sie ist sehr gebildet, nicht wahr?»
«Oh ja», sagte Lucia. «Thalia liest und schreibt Gedichte, sie spielt die verschiedensten Musikinstrumente und veranstaltet gebildete Gespräche. Außerdem sammelt sie Bilder und Skulpturen, seltene Bücher und Graphiken.»
Mit Bewunderung und leisem Neid sah Sibylla der schönen Frau hinterher.
«Wie glücklich wird sie einst ihren Mann machen, wenn sie erst verheiratet ist.»
Lucia brach in Gelächter aus. «Nein, Sibylla. Thalia wird wohl nicht so schnell heiraten. Vielleicht sogar nie. Sie ist eine Kurtisane und genießt als solche höchsten Respekt.»
«Eine
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