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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Orleanderbüsche und Lavendel in Kübeln für Wohlgeruch.
    Hunderte von elegant gekleideten Menschen flanierten durch die langen, weitläufigen Gänge des Palazzo, begrüßten einander und betrachteten die Kunstgegenstände.
    Auch Isaak traf viele Bekannte. Sibylla fühlte sich ein wenig verloren an seinem Arm, wenn er sich in schnellem Italienisch mit Bekannten unterhielt und sie einzig mit ihrem Lächeln sprechen konnte, da sie die italienische Sprache nicht beherrschte.
    Doch schon gingen sie weiter, kamen in den Festsaal, der beinahe so groß wie ein Marktplatz war. Musikanten spielten auf, die Menschen standen in Grüppchen zusammen, und an einer Längsseite war ein Buffet aufgebaut, wie Sibylla es noch nie gesehen hatte. Die Tische bogen sich unter den Platten und Schalen. Seltene Früchte waren zu wahren Kunstwerken aufgebaut, dreistöckige Torten, Butter in der Form von Schwänen und anderen Tieren, duftendes Brot, gewürzte Braten, Käselaibe, die aussahen wie Sonne, Mond und Sterne, getrocknete Früchte und andere Süßigkeiten bedeckten die lange Tafel. In der Mitte jedoch stand ein nackter Knabe, von oben bis unten mit Goldfarbe bestrichen, der anmutig Pfeil und Bogen hielt und Amor, den Gott der Liebe, darstellte.
    Sibylla war sprachlos. Diese Pracht war eines Königs würdig. Aber war Lorenzo de Medici nicht so etwas wie ein König? Wenigstens in Florenz, wenn nicht gar in ganz Italien? Kaufmann von Geburt zwar, doch so gelehrt, reich und mächtig, dass er die Geschicke der Stadt bestimmte und dafür gesorgt hatte, dass Florenz zur Drehscheibe der schönen Künste, der Wissenschaften und Gelehrsamkeit wurde und sein Ruf durch die ganze Welt erklang. Erschöpft von all den Eindrücken, die auf sie einstürmten, ließ sich Sibylla von Isaak zu einer marmornen Bank unter einer Säule führen, die mit bequemen Kissen aus rotem Samt belegt war. Isaak reichte ihr Wein in einem Silberbecher, der ähnlich, nein, viel köstlicher noch schmeckte als der, den sie in seinem Haus in der Schäfergasse geschmeckt hatte. Doch die Schäfergasse, Frankfurt, alles, was Sibyllas Leben ausgemacht hatte, schien plötzlich unendlich weit weg. Als hätte es diese Orte nie in ihrem Leben gegeben.
    Allmählich erholte sich Sibylla. Der Wein belebte sie, färbte ihr die Wangen rot, ließ ihre Augen leuchten.
    Mit klopfendem Herzen betrachtete sie die Frauen und Männer, die ihr sämtlich von großer Schönheit und Anmut erschienen. Die Kleider der Frauen waren sehr vornehm, einige trugen besonders gewagte Schöpfungen. Beinahe mit offenem Mund betrachtete Sibylla eine junge Frau von vielleicht 18 Jahren, deren Kleid die Schultern freigab. Ihren langen weißen Hals hielt sie so anmutig wie ein Schwan. Langes, blondes Haar fiel ihr in dicken Strähnen bis zur Hüfte hinab.
    «Sandrina Algari», tönte plötzlich eine Stimme neben ihr. Sibylla schrak zusammen, und Lucia lachte. Unbemerkt hatte sie sich neben der Freundin niedergelassen. Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf die junge Frau mit dem wunderbaren Haar und wiederholte: «Sandrina Algari, die Tochter des städtischen Schankmeisters. Sie spielt hervorragend die Harfe und malt wunderschöne Miniaturen. Neben der italienischen und lateinischen Sprache spricht sie Französisch und ein wenig Deutsch. Man sagt, dass Lorenzos Neffe beim nächsten Turnier ihr Wappen tragen wird. Zumindest aber tauschen sie bereits Gedichte.»
    «Das heißt, sie wird bald heiraten?», fragte Sibylla und fügte hinzu: «Wie schade, dass sie ihr prachtvolles, goldenes Haar dann unter einer Haube verstecken muss.»
    Lucia kicherte. «Nein, meine Liebe, sie wird ihn nicht heiraten. Dazu besteht kein Anlass. Er verehrt sie, und sie genießt es. Das treibt den Brautpreis in die Höhe. Doch für Lorenzos Neffen ist längst die Schwester eines Veroneser Grafen bestimmt. Und das Haar, liebe Sibylla, ist gefärbt und mit fremden Zöpfen versetzt.»
    «Gefärbt? Fremde Zöpfe? Wie das?»
    Lucia legte Sibylla einen Arm um die Schultern. «Alle Italiener lieben blonde Frauen. Deshalb bleichen die Italienerinnen ihr Haar. Sie benutzen dafür eine stark verdünnte Mischung aus Alraune und lassen es in der Sonne trocknen. Die Bäuerinnen aber verkaufen auf dem Markt nach der Hochzeit ihre Zöpfe. Und die Florentinerinnen kaufen sie und befestigen sie mit Nadeln im eigenen Haar.»
    Sibylla nickte und ließ ihre Blicke weiter über die Festgesellschaft schweifen.
    «Sieh mal. Schau diese Frau an!», brachte sie

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