Die Pelzhändlerin (1. Teil)
mit Indigo nicht mehr vonnöten.»
Behutsam griff Sibylla ein wenig von dem Pulver, zerrieb es zwischen Daumen und Zeigefinger und roch daran. Mit Erstaunen nahm sie zur Kenntnis, dass ihre Finger bereits blau verfärbt waren.
Fugger lachte. «Da seht Ihr selbst, welche Kraft der neue Farbstoff hat. Da, nehmt das Säckchen. Es reicht aus, um mindestens zehn Schauben einzufärben. Doch nun kommt mit zu den Lübeckern.»
Höflich geleitete Fugger Isaak und Sibylla aus seinem Kontor und führte sie in das gegenüber liegende Gebäude. Ehrfürchtig wurde er von den Kaufleuten der Hanse empfangen. Mit kurzen, knappen Worten schilderte er seine Wünsche und blieb, bis die Lübecker Kaufleute alle für den Hermelinkauf notwendigen Papiere ausgestellt hatten.
«Noch heute schicken wir einen Boten nach Lübeck. Unser bester Pelzhändler vor Ort wird die Felle für Euch ordern», versprach einer der Lübecker Kaufleute namens Hansen. «Pünktlich zur Herbstmesse wird der Hermelin fertig gegerbt in Frankfurt sein.»
Sie gaben sich die Hand, um das Geschäft zu besiegeln, dann wünschte Fugger Sibylla und Isaak eine gute Heimreise und verabschiedete sich.
Sibylla war überglücklich. Sie konnte es immer noch nicht fassen. Eine Schaube für die Fuggerin. Selig lief sie durch Florenz, strahlte jeden an und gab jedem Bettler ein Geldstück.
Doch der Abschied rückte unaufhaltsam näher. Die nächsten Tage war Sibylla beschäftigt mit dem Einkauf verschiedenster Dinge für die Einrichterei. Sie erstand eine komplette Wagenladung: feinstes Geschirr, kostbare Stoffe, Döschen und Schönheitsmittel, falsche Zöpfe, Dutzende von Nasentüchern, Kämme aus Elfenbein, Schuhe mit Brokat- und Spitzenbesatz und andere Kostbarkeiten, die die Herzen der Frankfurter würden höher schlagen lassen.
Isaak verbrachte die Tage an der medizinischen Fakultät der Florentiner Universität und tauschte sich mit den einheimischen Ärzten aus. Unzählige Rollen Papier schrieb er voll, und am Abend hatte sich an seinem rechten Zeigefinger eine Blase vom Halten der Feder gebildet.
Lorenzo de Medici hatte Sibylla eine schwere Truhe mit kostbarem Silbergeschirr und feinstem Leinenzeug schicken lassen, und Sibylla bedankte sich bei ihm mit einer warmen Kopfbedeckung aus Zobel, die mit Goldfäden bestickt war.
Doch dann waren alle Einkäufe erledigt, alle Gespräche geführt. Nur noch drei Tage, dann würde die Kolonne nach Deutschland zurückreisen.
«Ich habe eine Überraschung für euch», verriet Lucia am Abend, als sie, erschöpft vom Tagesgeschäft, bei einem Glas Rotwein aus dem nahen Chianti beisammensaßen.
«Eine Überraschung?», fragte Isaak.
Lucia nickte. «Eine Stunde von hier entfernt habe ich ein kleines Landhaus, das ganz versteckt liegt. Nur Olivenhaine und Zypressen sind die Nachbarn. Gleich wird eine Kutsche kommen, um euch für die letzten zwei Tage dort hinauszubegleiten. Die Köchin hat bereits Körbe mit Speisen und Getränken gepackt.»
«Stören wir dich?», fragte Sibylla mit leisem Schreck.
«Aber ganz im Gegenteil, meine Liebe. Am liebsten würde ich euch für immer in meiner Nähe behalten wollen. Doch eure Zeit in Florenz war anstrengend. Bald seid ihr wieder in Frankfurt, müsst getrennte Wege gehen. Ich schenke euch zwei Tage ungestörte Zweisamkeit und wünsche euch, dass euch diese beiden Tage in ewiger Erinnerung bleiben.»
Lucias Landhaus lag auf einer Anhöhe und bot eine großartige Ausschicht auf die wundervolle Landschaft der Toskana. Sibylla stand neben Isaak und betrachtete die Hügel am Horizont, die sich wie Perlen einer Kette aneinander reihten. Der Himmel war tiefblau, die Sonne brannte. Vor ihnen lag ein Olivenhain. Mannshohe ausladende Bäume, deren silberne Blätter leise im Wind raunten. Lerchen erfüllten die Luft mit ihrem Gesang, Grillen zirpten, die Zypressen warfen lange Schatten.
«Es ist wunderschön hier», sagte Sibylla verträumt, reckte sich genüsslich und sah Isaak an.
Sie hatten eine wundervolle Nacht verbracht, die sie einander noch näher gebracht hatte.
Bald nach ihrer Ankunft hatten sie die Körbe, die mit leckersten Speisen und köstlichem Wein gefüllt waren, geöffnet und unter einem Olivenbaum ein fürstliches Picknick veranstaltet.
«Ich fühle mich wie im Paradies», hatte Sibylla gesagt. Und Isaak hatte erwidert: «Aber Adam und Eva waren nackt. Zieh dich auch aus, damit ich dich im Abendlicht betrachten kann.»
Sibylla hatte gezögert. Es ziemte sich nicht,
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