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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Kurtisane? Eine Dirne? Eine unehrenhafte Frau?» Sibylla glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.
    «In Florenz gibt es Kurtisanen, die es an Reichtum, Bildung und Manieren mit den Damen der feinsten Gesellschaft aufnehmen können. Kein Mensch würde darauf kommen, sie zu verachten. Im Gegenteil: Thalia kann sich vor Bewunderern kaum retten.»
    Sibylla fühlte plötzlich eine große Müdigkeit. Die vielen Eindrücke erschöpften sie langsam. Auch das Fest schien seinem Ende entgegenzugehen.
    Lorenzo hatte seine Dienerschaft angewiesen, die Gäste hinaus in den Garten zu geleiten. Isaak nahm Sibyllas Arm. «Hat es dir gefallen?», fragte er. «Hast du dich gut unterhalten? Ich hatte Lucia gebeten, sich um dich zu kümmern. Es tut mir Leid, dass ich nicht den ganzen Abend bei dir sein konnte.»
    «Das macht nichts, Isaak. Ich habe viele interessante Leute kennen gelernt. Lorenzo hat mich Jakob Fugger vorgestellt. Morgen Vormittag soll ich in die Faktorei der Deutschen kommen; er möchte meine Pelze sehen.»
    «Jakob Fugger?»
    Auch Isaak war erstaunt. «Wenn es dir wirklich gelingen sollte, dass Jakob Fugger deinen Pelz trägt, so wird das für Aufruhr im ganzen Land sorgen. Nicht nur die Frankfurter werden bei dir kaufen, auch die Augsburger, die Nürnberger, Aschaffenburger, Mainzer und Kölner.»
    «Wir werden sehen», erwiderte Sibylla skeptisch.
    Der nächste Augenblick ließ sie das alles vergessen. Lorenzo hatte für seine Gäste ein Feuerwerk entzünden lassen. Tausend Sterne stoben in die Nacht, leuchteten für einen Augenblick und verloschen dann für immer. Und wieder ging eine Kaskade Feuerregen in den Himmel auf, wieder erstrahlte alles ringsum – und verlosch.
    «Es ist Zauberei, Isaak, nicht wahr? Zauberei, wie alles hier in Florenz?», fragte Sibylla und schmiegte sich fest an den geliebten Mann.
    «Die größte Zauberin bist du, Sibylla», flüsterte Isaak zurück. «Wenn wir zusammen sind, regnet es Sterne. Ich bin glücklich, Sibylla. So glücklich wie nie zuvor in meinem Leben.»
    «Ich bin es auch», erwiderte Sibylla. «Hier mit dir in Florenz fühle ich mich ganz mit mir im Reinen. Das macht deine Liebe.»
    Für einen Augenblick dachte sie an die Wahrsagerin. Hatte die alte Zigeunerin Recht gehabt? Ja, die Liebe gab ihr alles, was sie brauchte. Ihre Seele war erfüllt von Schönheit, Freude und Liebe. War sie jetzt heil? War sie jetzt den Schatten entkommen? Beinahe schien es so. Seit sie mit Isaak zusammen war, mit ihm in einem Bett schlief, waren ihre Träume von Glück erfüllt. Keine Tote störte ihren nächtlichen Schlaf. Sibylla Wöhler war nicht mit nach Florenz gekommen. Zum allerersten Mal in ihrem Leben war Sibylla mit sich und der Welt ganz und gar im Reinen und von tiefem Glück und Dankbarkeit erfüllt.
    Sie stand da, mit dem Rücken an Isaaks Brust gelehnt, von seinen Armen umschlungen, sah in den funkelnden Sternenregen, lauschte dem Beifall der Gäste und dankte Gott aus ganzem Herzen.

Kapitel 21
    Am nächsten Morgen gingen Sibylla und Isaak in die Faktorei der Deutschen, die sich nahe am Fluss Arno unweit der großen Palazzi befand.
    Ein Träger, der die ausgesuchtesten Stücke aus Sibyllas Kürschnerei schleppte, zeigte ihnen den Weg.
    «Ich habe schon auf Euch gewartet», begrüßte Jakob Fugger die junge Frau und stellte sich Isaak Kopper vor.
    «Doktor Kopper, viel habe ich in den gelehrten Zirkeln der Stadt von Euch gehört. Es heißt, Ihr zähltet zu den besten Ärzten in ganz Deutschland und verstündet Euch auf alle Arten von Krankheiten. Man erzählt sich, dass Ihr Euch in der Pflanzenkunde hervorragend auskennt und so manches neue Heilmittel gefunden hättet.»
    «Ihr schmeichelt mir», erwiderte Kopper. «Meine Aufgabe ist es, den Kranken zu dienen. Mit allem, was ich habe, und mit allem, was ich bin.»
    Fugger musterte Kopper aufmerksam. «Ich glaube Euch», sagte er schließlich. «Euch geht es nicht um den Ruhm. In Euren Augen fehlt die Eitelkeit.»
    Kopper lächelte und verbeugte sich. Fugger ließ Getränke bringen, und Sibylla betrachtete aufmerksam die Einrichtung des Fugger-Kontors. Es war von überraschender Bescheidenheit. Fugger residierte hinter einem großen Tisch, der zwar aus edelstem Holz, aber von einfacher Machart ohne Schnitzereien war. Die Wände waren mit den besten Hölzern vertäfelt, aber frei von Gemälden oder Behängen. Der Boden war mit dicken Teppichen belegt, sodass es dem Raum trotz aller Schlichtheit nicht an Wärme fehlte.
    Während Jakob

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