Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
Theiler dem Zunftmeister und seiner Frau anstelle der fehlenden Brauteltern silberne Becher schenkte, während die Dienstboten nach der Sitte kleine Geschenke bekamen; die Männer Leder für Schuhe, die Frauen, und so auch Martha, Stoff.
    Und der Zunftmeister war es auch, der die Rede hielt, die dem Brautvater zugestanden hätte. Geschickt und schlau waren seine Worte, erstickten jeden Anflug von Verwunderung über seine gewandelte Einstellung zur Theiler-Ehe.
    «Ich trinke auf das junge Paar», dröhnte er und hob den silbernen Becher. «Ich trinke auf die Liebe, deren himmlische Macht uns diese beiden, Sibylla und Jochen, vor Augen geführt haben. Der Mensch ist klein und schwach, maßt sich an, über Dinge zu urteilen, die er nicht in aller Größe begreifen kann. Ein solches Ding ist die Liebe, der wir Menschen uns beugen müssen, der wir uns nicht in den Weg stellen dürfen und der wir erlauben sollten, nach ihren eigenen Gesetzen zu leben – auch, wenn diese Gesetze nicht immer den allgemeinen Regeln entsprechen.»
    Diese kleine Rede erstickte auch noch die letzten Bemerkungen über die Ungewöhnlichkeit einer der Heirat zwischen der Meisterstochter und dem Junggeselle, ja, sie erteilte sogar all denen die Absolution, die im Namen der Liebe handelten, wie immer dieses Handeln auch aussehen mochte. Selbst die Verbannung eines verkrüppelten Ehemannes zugunsten eines alten, aber mächtigen Nebenbuhlers wäre nach dieser Rede ein heiliger Akt der Liebe, dem sich der Mensch in seiner Schwachheit beugen muss.
    Dann stand der Gang ins Schlafzimmer an. Nach dem Brauch gaben die Gäste dem jungen Paar das Geleit.
    «Ein tüchtiger Mann steht niemals schon nach dem ersten Gang von Frau Venus’ Tische auf», erklärte Geith und erntete mit dieser Bemerkung einen spöttischen Blick von Christine.
    Der Zunftmeister warf sich in die Brust: «Einmal ist die Kost der Kranken, zweimal ist der Herren Weise, dreimal ist des Kürschners Pflicht, viermal heißt der Frauen Recht.»
    Die Zunftmeisterin kicherte trunken, stieß ihren Alten mit dem Ellbogen derb in die Seite und krakeelte: «Dann bist du ja seit Jahren ein kranker Herr, dem die Kürschnerpflicht nicht gilt?»
    Die anderen grölten, Ebel tötete seine Alte mit Blicken, schließlich lachte auch er, allerdings zu laut, und gab dem Priester ein Zeichen, das Bett zu segnen.
    Dann waren Sibylla und Jochen allein.
    Sibylla schloss die Augen, denn sie wusste nicht, was jetzt auf sie zukam. Die Hochzeitsnacht. Mein Gott, wie viel hatte sie darüber gehört. Wie viel Unterschiedliches! Ein schreckliches Ereignis, das Verdruss brächte, widerlich sei, sagten die einen. Die anderen schwärmten vom Feuer, das den Schoß verzehre und von dem sie nicht genug bekämen. Für die Dritten war es eine Angelegenheit, die es zu erledigen galt, ähnlich wie das Kochen und Putzen oder der Kirchgang. Wie würde es bei ihr sein?
    Eine Hand strich ihr leicht übers Haar. «Ich habe ein Geschenk für dich», hörte sie Jochen sagen. Seine warme Stimme, der vertraute Klang, beruhigte Sibylla.
    Sie schlug die Augen auf, lächelte ihn an.
    «Die Morgengabe? Bekommt man dieses Geschenk nicht erst am Morgen nach der Hochzeitsnacht?», fragte sie.
    Jochen schüttelte den Kopf und sah sie an. In seinem Blick lag so viel Wärme, dass Sibyllas Angst verschwand. «Ich möchte es dir jetzt geben.»
    Er holte ein Päckchen und legte es verlegen vor Sibylla auf die Bettdecke. Langsam wickelte sie es aus.
    «Ein Fellkleid?», fragte sie verwundert und sah Jochen an, bemerkte, dass er Mühe hatte, ihrem Blick standzuhalten. Er schien verlegen zu sein. «Ein Unterkleid aus Pelz? So etwas habe ich noch nie gesehen. Wann soll ich es tragen?»
    «Nachts. Bei mir. Zieh es jetzt an», erwiderte Jochen leise, und in seinem Blick lag eine solch dringliche Bitte, dass Sibylla die Lichter ausblies, langsam das Hochzeitsgewand abstreifte und in das beidseitig mit Fell bestückte Kleid schlüpfte, das ihr wie angegossen passte. Sie spürte den weichen Pelz auf ihrer Haut, war erstaunt darüber, wie wohl und geborgen sie sich darin fühlte.
    Dann legte sie sich ins Bett, schloss die Augen und wartete. Ihre Lider flatterten, und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Doch die Bangigkeit war verflogen. Seit sie das Fellkleid trug, wusste sie, dass alles gut werden würde.
    Langsam und mit unendlicher Behutsamkeit streichelte Jochen ihren Körper durch das Fellkleid hindurch. Er berührte nur das Fell, doch Sibylla spürte,

Weitere Kostenlose Bücher