Die Pension am Deich: Frauenroman
den Kopf und sagt: »Nun mal von vorne. Ich habe kein Wort verstanden.« Ihre Stimme klingt butterweich.
Monika nimmt noch einmal Anlauf.
»Frank hat mich verdächtigt und Erik Wendland engagiert. Diese – Beschattung ist aus dem Ruder gelaufen. Ja, so könnte man es nennen. Ich habe mich in den Detektiv verliebt. Ernsthaft verliebt. Purer Zufall, dass wir nicht im Bett gelandet sind. Seitdem bestehe ich nur noch aus einem schlechten Gewissen. Mein armer Mann, habe ich gedacht. Er hat sich Urlaub genommen, weil er gemerkt hat, es geht mir nicht gut. Der gibt sich so viel Mühe und ich? Bis vor einer Stunde. Da habe ich mit Erik telefoniert und er hat mir alles gestanden.«
Dieses Mal ist es Tomke, die tief durchatmet. »Puh, das ist mal ein dickes Ding«, stößt sie hervor. In ihrer Stimme schwingt ein Hauch von Anerkennung. Sie schenkt unaufgefordert Sekt nach.
Anne sieht noch immer aus wie ein einziges Fragezeichen.
»Also, das klingt so haarsträubend verdreht, dass es schon wieder wahr sein kann.«
Monika sieht sie empört an. »Natürlich ist es wahr. Meint ihr, ich sauge mir so was aus den Fingern?«
»Natürlich nicht«, entschuldigt sich Anne hastig. »Aber das ist die verrückteste Geschichte, die ich je gehört habe.«
»Na ja«, knurrt Tomke. »Ich will ja nicht angeben, aber ich hätte da auch eine. Aber jetzt ist Monika an der Reihe. Wie ist dein Mann überhaupt auf die Idee gekommen, dass du – anschaffst? Das ist doch völlig abwegig. Hattest du plötzlich Geschenke bekommen oder sehr viel Geld?«
»Nein, hatte ich nicht. Es ist ein Brief für mich angekommen. Nur ein lächerlicher Brief. Von einem angeblichen Freier. Ein Liebesbrief. Er hat sich unsterblich in mich verliebt und wollte mich aus dem Bordell befreien und heiraten. Natürlich hat er nicht mich gemeint. Sondern irgendeine junge, attraktive Illegale. Die hat unter meinem Namen dort gearbeitet.«
»Das klingt irgendwie – romantisch.« Die Bemerkung rutscht Anne unbedarft heraus und ist ihr im gleichen Augenblick äußerst unangenehm.
»Ja, sehr romantisch«, wiederholt Monika bitter. »Vor allem was mein Mann daraus gemacht hat. Wir sind über zwanzig Jahre miteinander verheiratet. Wir haben zwei erwachsene Kinder. Und? Es kommt ein Brief für mich an. Wohlgemerkt für mich. Auf dem Absender stand handschriftlich: Dein Verehrer. Was macht Frank? Er macht ihn auf und er spricht mit mir nicht darüber. Warum hat er mich nicht einfach gefragt, von welchem Spinner das Schreiben kommt? Wir hätten vielleicht gemeinsam darüber lachen können. Nein, Frank hat ihn heimlich gelesen und einen Detektiv um Hilfe gebeten. Einen Detektiv! Das muss man sich einmal vorstellen. Was soll ich denn jetzt tun? Ich kann doch nicht einfach so weitermachen?«
Tomke schüttelt entschieden den Kopf: »Nein, das kannst du nicht. Deinem Dööspaddel von Mann gehört anständig einer auf die Mütze.«
Anne nickt bedächtig: »Stimmt, da muss etwas passieren. Sicher. Aber auch wenn ich nerve, ich verstehe an der Geschichte noch immer nicht alles. Deine Papiere sind von einer anderen Frau benutzt worden. Okay. Der Betrug ist aufgeflogen. Jetzt ist die Polizei mit im Spiel. Ganz offiziell. Den Behördenbrief kann dein Mann nicht einfach verschwinden lassen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass du persönlich auf die zuständige Polizeidienststelle musst. Immerhin bist du ja so etwas wie eine Zeugin. Wie will er das verheimlichen?«
»Das wird kein Problem für ihn sein. Er braucht es nicht zu verheimlichen. Eine Nachbarin leert unseren Briefkasten. Sie hat auch unseren Haustürschlüssel und legt die Post auf unseren Küchentisch. Die Benachrichtigung von der Polizei wird wahrscheinlich dazwischen liegen. Ein wenig verspätet. Aber das passiert. Überraschung. Und Frank wird so tun, als hätte er von Tuten und Blasen keine Ahnung.«
In Monikas Mundwinkel zuckt es wieder verräterisch. Aber mittlerweile siegt ihre Wut.
»Du hast recht, der braucht einen gehörigen Denkzettel«, stimmt Anne der Kampfansage nun vollends zu. »Mehr als das. Er muss begreifen, was ein Vertrauensbruch bedeutet. Wissen, wie es ist, wenn ein abgekartetes Spiel läuft. Wohlgemerkt hinter dem Rücken eines Menschen, den man angeblich liebt und der einem vertraut.«
Monika schnaubt ihre Nase aus und sieht Anne dankbar an.
»Das hört sich so gut an. Genau das sind meine Gefühle. Aber wie sollen wir das hinkriegen? Am liebsten würde ich alles hinwerfen und abhauen.«
»Nun
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