Die Pension am Deich: Frauenroman
mal langsam«, meldet sich Tomke wieder zu Wort und stellt den Sekt beiseite. »Hinwerfen und Abhauen kann man nur einmal. Uns wird gemeinsam schon etwas einfallen.«
»Genau«, stimmt Anne ihr zu. »Eine kleine Pause und dann treffen wir uns zu einem Brainstorming.«
Tomke lächelt verklärt. »Anne ist Schriftstellerin. Neben dir sitzt Linda Loretta.«
Monika runzelt die Stirn und lächelt Anne irritiert an.
»Gib es ruhig zu. Den Namen hast du noch nie gehört«, hilft die ihr freundlich.
»Nein, habe ich nicht, aber das hat bei mir nichts zu sagen. Ich merke mir meist nur die Buchtitel.«
Bevor Anne ihr womöglich welche nennen kann, gesteht sie: »Ich wäre gern heute Abend mit euch zusammen. Wirklich sehr gern. Aber was sage ich Frank? Er hält mich für komplett verrückt, wenn ich mich mit euch treffen will. Oder ich muss ihm gleich reinen Wein einschenken. Das will ich aber auf keinen Fall.«
»Stimmt, das ist eine Hürde. Was könnte man sagen?« Tomke ist aufgestanden und läuft in dem kleinen Zimmer hin und her. »Verwandtschaft«, überlegt sie laut. »Genau, Verwandtschaft. Das ist es! Habt ihr ein Familienekel?«
Monika sieht sie begriffsstutzig an.
»Na, einen Onkel oder eine Oma oder so was in der Art. Jemanden, dem besonders dein Mann überhaupt nicht aufs Fell gucken kann?«
»Tante Elisabeth. Ich kenne keinen Menschen, der so viel redet und dermaßen rechthaberisch ist wie Tante Elisabeth. Dazu hat sie eine Stimmlage, die unvermeidlich zu Kopfschmerzen führt. Frank hasst sie.«
»Das hört sich sehr brauchbar an. Ist deine Tante Elisabeth noch gut beisammen?«
»Wie meinst du das?«
»Ist sie unternehmungslustig? Verreist sie?«
»Ja, oft und liebend gerne. Aber nicht allein. Sie braucht immer ein Opfer. Meistens trifft es ihre Schwester.«
»Fein. Tante Elisabeth ist dir gerade über den Weg gelaufen. Oben am Deich, als du dein Päuschen gemacht hast. Aus dem Grund hast du dich auch verspätet. Dieses Mal hat sie ihre Schwester nicht dabei. Sie ist allein unterwegs und war hocherfreut, dich hier zu treffen. Tantchen war natürlich nicht davon abzubringen, euch heute Abend zum Essen einzuladen. Wenn dein Mann dann vor Entsetzen schier zusammenbricht, kannst du ihm den uneigennützigen Vorschlag machen, allein mit ihr zu dinieren. Mal überlegen, wo wir deinen Mann in der Zeit hinschicken können. Mag er Shanty?«
»Ja, sehr sogar.«
»Bestens. Dann schicken wir ihn ins Leuchtfeuer. Die veranstalten heute einen maritimen Abend mit friesischem Büffet. Fisch, Krabben, Labskaus. Außerdem erzählt Wieland Rosenboom Döntjes. Das sind lustige, kleine Geschichten. Der ist unschlagbar. Frank wird dir dankbar sein. Ich sag’ meinem Torben, er soll ihn abholen. Er singt nämlich in dem Shantychor.«
Monika sieht Tomke nachdenklich an und murmelt: »Das könnte klappen. Ja, das könnte wirklich klappen.«
Es klappte. Einfacher, als Monika sich das auszumalen gewagt hatte. Am meisten wunderte sie sich über ihre eigene Unverfrorenheit, Frank dermaßen anzulügen. Mitten ins Gesicht. Vielleicht war das die Wirkung der zwei Gläser Spezialsekt und die bestärkende Rückendeckung der beiden Frauen. Ganz sicher aber half ihr der unbändige Wunsch, Frank weh zu tun. Jedenfalls schaffte sie es, die Tante-Elisabeth-Geschichte glaubhaft rüberzubringen und dann, was weit schwieriger war, Frank zu überzeugen, dass er sich nicht mitopfern musste.
Er könnte sich nicht amüsieren, während sie sich mit dem alten Drachen herumschlagen muss. Niemals.
Monika gelang es, zu lächeln und ihm lebhaft das Rendezvous zu dritt vor Augen zu führen. »Du weißt doch, wie das endet. Tante Elisabeth kann dich ebenso wenig leiden wie du sie. Sie wird es darauf anlegen, dich zu reizen. Das macht ihr diebische Freude.«
»Heute kriegt sie mich nicht so weit«, widersprach er.
»Ach Frank, natürlich schafft sie das. Lass mich allein gehen. Sie will sich mit mir treffen. Meine Güte, zwei oder drei Stunden. Wenn wir zu dritt gehen, ist unsere Stimmung verdorben. Länger als nur für einen Abend. Sie spritzt so viel Gift. Allein kann ich sie viel schneller wieder abwimmeln.«
Frank nannte sie eine Heldin und versprach, sie in spätestens zwei Stunden auszulösen. Ihm würde schon etwas einfallen.
Kapitel 17
Drei Frauen, Pläne und Taten
Als Monika bedächtig, Stufe für Stufe, wieder nach unten geht, erscheint ihr das gerade Erlebte weit entfernt, wie nicht zu ihr gehörend. Eine
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