Die Perfekte Braut
die Straße zu setzen? Wofür hältst du mich denn?«
Sie schritt zum Fenster, sich unbewusst ihre Schulter reibend, wo der warme Druck seiner Finger noch zu spüren war. Sie blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und starrte hinaus ins trübe Licht der Dämmerung. »Ich habe keinen Anteil an deinem Leben... kann ihn nicht haben. Wie du so richtig gesagt hast, ist es nicht meine Sache. Nur nicht so, wie du es meinst, sondern wie ich es meine. Ich möchte keinen Anteil daran... keinen Anteil an einem Mann, der glaubt, es genüge die einfache Feststellung, es läge kein Grund zur Besorgnis vor, um eine nette kleine Liebesaffäre klaglos am Laufen zu halten.«
Sie drehte sich jäh um und blickte ihn an. »Ich bin keine nette kleine Affäre, die man so einfach nebenher hat.«
»Ach, um Gottes willen«, sagte Gideon, der nun selbst in Rage geriet. »Jetzt bist du aber unvernünftig!«
»Nein, sicher nicht«, entgegnete sie verbittert. »Genau das wollte ich dir ja klar machen.«
»Ich muss zur Arbeit.« Er griff nach seinem Aktenkoffer. »Wir wollen später darüber reden.«
»Es gibt nichts zu bereden«, widersprach Prudence. »Bist du weiterhin bereit, uns als Verteidiger zu vertreten?«
Er hatte die Hand an der Tür. Nun drehte er sich um und starrte sie an. Um seinen Mund lag ein weißer Schatten, an seiner Wange zuckte es. »Willst du damit andeuten, ich würde zulassen, dass meine persönlichen Gefühle in Widerstreit zu meinem Beruf geraten könnten?«
Ein Riesenfehler, das erkannte Prudence zu spät. Sie hatte vergessen, dass sie bei der Wahl ihrer Kampfmittel sein Berufsethos nicht antasten durfte. »Nein«, sagte sie. »Ich dachte nur, es könnte die Sache erschweren, wenn du deiner Mandantin gegenüber feindselig gesinnt bist.«
»Mach dich nicht lächerlich. Ich bin dir nicht feindselig gesinnt.« Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
Das war der Gipfel an Selbsttäuschung. Prudence ließ sich wieder aufs Bett fallen. Alles an dieser Begegnung hinterließ einen üblen Nachgeschmack. Sie hatte sich nicht deutlich ausgedrückt, und Gideon hatte wie gewohnt versucht, die Sache selbstherrlich und im Vollgefühl seiner Überlegenheit zu regeln. Sie eigneten sich nicht als Liebespaar.
Sie legte sich zurück und schloss die Augen. Dass er Harriet Schutz bot, verübelte sie ihm nicht - tatsächlich begrüßte sie es sogar. Aber verübeln konnte sie ihm sein Unverständnis, dass es für sie ein Problem darstellen könnte. Eigentlich zeigte sich in diesem Punkt, was an dieser Beziehung nicht stimmte. Zwei Menschen, die so unterschiedliche Ansichten und Charaktere hatten, waren als Partner von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Vielleicht war es ja besser, ein Ende zu machen, ehe sie sich zu tief in ihre Beziehung verstrickten. Dennoch fühlte sie sich ausgelaugt und enttäuscht und merkwürdig verloren.
»Ich bin ganz konfus«, sagte Prudence später am Vormittag zu ihren Schwestern. »Er behauptet, ich hätte es ihm angetan und dass mir die Gouvernante seiner Tochter gefallen würde; er sieht es als selbstverständlich an, dass ich Sarah bei ihren Hausaufgaben helfe, er kocht sogar für mich. Und dann taucht seine Exfrau auf, und er erklärt mir, ich solle mir mein hübsches Köpfchen nicht darüber zerbrechen, weil es mich nichts anginge und er die Sache im Griff habe und wir so weitermachen sollten wie zuvor.«
Sie goss sich Kaffee nach. »Wie kommt es, dass er diese grundlegenden Widersprüche nicht als solche erkennt?«
Ihren Schwestern waren die Antworten auf eine Frage ausgegangen, die in verschiedenen Variationen den ganzen Morgen über gestellt worden war. »Ich glaube, von jetzt an bis zum Ende des Prozesses solltest du ihn nur sehen, wenn es um das Verfahren geht«, sagte Constance zum wiederholten Mal. »Damit wird gewährleistet, dass die Atmosphäre sachlich bleibt. Soll er doch seine häuslichen Belange ordnen, und wenn der Fall abgeschlossen ist und seine Situation geklärt, dann kannst du dich noch immer entscheiden, wie es um deine Gefühle bestellt ist.«
»Wie immer die Sache ausgeht«, prophezeite Chastity düster, »ihm eine Braut zu verschaffen können wir getrost vergessen. Er denkt nicht an eine neue Ehe, wenn seine Exfrau unter seinem Dach lebt. Wir müssen uns wohl oder übel mit der Teilung achtzig zu zwanzig abfinden.«
»Zwanzig Prozent sind besser als ein Bankrott«, wandte Prudence ein. »Vielleicht wird es keine Bußzahlung geben, und wir können uns glücklich schätzen,
Weitere Kostenlose Bücher