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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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erzählt«, sagte Ross. »Dr. Palmer hat das angeleiert. Er ist großartig. Du hast ein Glück, dass du bei ihm studierst, Sami!«
    »Ja. Ich bin als Forschungsassistentin eines anderen Professors hierher gekommen, und Palmer sollte mein Mentor vor Ort sein. Aber mittlerweile ist er viel mehr. Er ist auch für mich fast eine Art Schutzengel geworden«, gestand Sami. »Was ist es denn für ein Job?«
    Ross berichtete kurz von Palmers Initiative. »Ich möchte ihn nicht enttäuschen. Ich muss mich in Perth hinstellen und Eindruck auf die Lady mit dem Geld machen. Kann ich meine Präsentation mal an dir ausprobieren, Sami?«
    »Klar, Ross. Aber zuerst könnten wir Essen gehen! Und danach vielleicht ins Kino? Ich war zu lange fern der Zivilisation«, sagte Sami. Sofort bereute sie das Wort »Zivilisation«. Es erinnerte sie an Leila und den Außenposten im Busch.
    Die drei beschlossen, ins Sun-Pictures-Kino zu gehen. In dem Open-Air-Kino ließen sie sich auf den bequemen Segeltuchstühlen nieder. Die Sterne strahlten am klaren Himmel über der Leinwand, und der Abendflug aus Darwin röhrte in geringer Höhe über sie hinweg.
    »Ich mag dieses alte Kino«, sagte Ross. »Mein Onkel kam immer hierher.«
    »Mein Ururgroßvater Tyndall auch«, sagte Sami.
    »Hmm, und meine Leute mussten immer ganz vorne sitzen«, sagte Eugene. »Damit die Weißen die besten Plätze hinten bekamen.«
    »Meine Mutter hat mir erzählt, in der Regenzeit wäre hier mal eine Überschwemmung gewesen, und eine Ratte wäre über ihren Fuß gelaufen.«
    »Ich war mal hier, da gab es einen Hundekampf im Durchgang«, erzählte Ross. »Aber ich finde, die beste Geschichte ist immer noch die von dem alten Knaben in den dreißiger Jahren, der voll wie ’ne Haubitze ankam und sich hinten hinstellte, um sich einen Hopalong-Cassidy-Film anzusehen. Als die Indianer angriffen, zog er seine Pistole und schoss auf die Leinwand, um Hopalong zu helfen! Das Einschussloch war jahrelang zu sehen!«
    Die Werbung endete, das Licht wurde dunkel, und Sami legte den Finger an die Lippen. »Psst, der Film fängt an!«
     
    Am nächsten Tag ging Sami nachmittags in die Galerie, nachdem sie ihre Habseligkeiten und die Sachen ihrer Mutter aus dem Apartment zu Rosie und Harlan gebracht hatte. Rosie wollte gerade schließen.
    »Das ist ja eine nette Überraschung!«, sagte Rosie. »Sind alle Sachen drüben? Hast du dich eingerichtet?«
    »Ja, danke, Rosie.«
    »Ich bin schon gespannt, was du noch alles über deine Abenteuer in der Wüste berichtest.«
    »Na ja, ich habe dir ja erzählt, was Leila macht – mit Harlan habe ich noch nicht gesprochen, das mache ich heute Abend. Aber ich wollte dir das hier zeigen.« Sami rollte ein kompaktes Teppichbündel auseinander – ihre afghanische Tasche. »Sie gehört Leila, aber sie hat darauf bestanden, dass ich sie nehme. Es ist ein kostbares Geschenk. Wenn sie leer ist, kann man sie auch als kleinen Läufer benutzen, siehst du? Aber ich würde im Traum nicht daran denken, darauf zu treten.«
    »O Sami, die ist ja exquisit!« Rosie beugte sich über die Tasche und berührte das kunstvolle Herati-Motiv, eine von zwei Lanzettblättern flankierte Blüte, das sich auf der ganzen Fläche des Teppichs wiederholte. Kleinere Blüten und Ansammlungen von Blättern in Kiefernzapfenform wurden von einem endlosen chinesischen Knoten gesäumt, der mit einem schildförmigen Medaillon verknüpft war. In jeder Ecke befanden sich ein zunehmender Mond und eine volle Sonne. »So zierlich, so weiblich, aber die Farben …«
    »Sie hat mir erzählt, wie sie die gemacht haben – Blau kommt aus dem Indigostrauch, dieses Rot aus den Henna-Blättern. Dieses Koschenillerot gewinnt man aus den zerstoßenen Körpern weiblicher Koschenilleläuse, und dieses Rotbraun aus den Wurzeln der Färberröte. Die Aborigine-Frauen konnten damit sofort etwas anfangen und zeigten ihr ihre eigenen Farben.«
    »Diese geometrische Schrift am Rand – was ist das?«
    »Ein Vers aus dem Koran in kufischer Schrift.«
    »Es ist ein bisschen wie das Entziffern der Symbole in der Aborigine-Kunst – Wasserlöcher, Salzpfannen und so weiter. Mir ist klar, warum die Frauen fasziniert waren!«
    »Vielleicht möchtest du sie hier aufhängen?«
    »Das würde ich gerne. Die Tasche ist etwas ganz Neues. Aber wenn man sie neben die Knüpfarbeiten und Bilder vom Dari-Außenposten legt, sieht man sofort, woher die Inspiration kam. Sag mir einfach, wenn du sie wieder mitnehmen willst.

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