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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Leila hat dir die Tasche aus gutem Grund anvertraut, Sami!«
    »Ich weiß. Deshalb hoffe ich ja auch, dass Harlan helfen kann.«
     
    Harlan lehnte sich in seinem Stuhl auf der Veranda zurück und erhob sein Glas, um auf den Sonnenuntergang über der Bucht zu trinken. »Das bekomme ich nie satt. Nachdem man drei Tage bei Gericht war und einen Stapel Schriftsätze vorbereitet hat, ist das ungemein entspannend. Der perfekte Abschluss für den Tag, besonders für einen so hundsmiserablen.«
    »War der Tag wirklich so schlimm?«, fragte Sami und streichelte Rakkas samtige Ohren. Die Hündin saß neben ihr auf dem Korbsofa.
    »Hätte besser sein können. Es macht mich immer traurig, wenn sie einen jungen Mann einsperren, der von klein auf keine Chance hatte. Ich muss sagen, mir gefällt Ross’ Plan. Vielleicht hilft er diesen Jungs, bevor sie in Schwierigkeiten stecken. Na ja. Weswegen wolltest du mit mir sprechen?«
    Sami musterte seine feinen Gesichtszüge, die schwarze Haut schimmerte im rot-goldenen Licht. Er war ein mitfühlender Mensch. Ein liebevoller Vater. Ein welterfahrener Mann, der beschlossen hatte, nach Broome zurückzukehren und für die Rechte der Aborigines zu kämpfen. Rosie hatte ihr erzählt, dass Harlan früher in Perth Richter und Geschworene mit seinen leidenschaftlich vorgetragenen Resümees in seinen Bann geschlagen hatte. »Kurz gesagt, Harlan: Da ist ein Flüchtling, eine afghanische Asylsuchende, die schrecklich gelitten hat. Sie ist in einem Außenposten in der Great Sandy Desert untergeschlüpft. Wenn man sie in ein Internierungslager sperrt, wird sie sterben. Sie hat alles verloren – aber sie bringt den Frauen in diesem Außenposten vieles bei, und sie haben sie in die Dorffamilie aufgenommen. Diese Frau steckt hinter den Bildern und Knüpfarbeiten, die Farouz in die Galerie gebracht hat.«
    »Mein Gott, Sami! Das ist ein harter Brocken. Bisher weiß niemand, dass sie dort ist?«
    »Nein. Wenn die Leute ihre Geschichte erfahren, würde sie bestimmt niemand wegschicken oder in einem dieser grässlichen Lager einsperren wollen. Sie ist keine Bedrohung. Was würden wir tun, wenn …«
    »Halt, Sami. So schwer es dir fällt, lass deine Gefühle außen vor! Du kennst die Gesetze. Ob wir nun damit einverstanden sind oder nicht, wir müssen uns daran halten. Sobald die Behörden auf sie aufmerksam werden, wird sie das gleiche Verfahren durchlaufen müssen wie alle anderen Flüchtlinge.«
    »Aber Harlan, sie hat alle verloren, ihre Eltern, ihre Schwestern, zwei kleine Töchter – so alt wie Lizzie! Was würdest du tun? Da ist nichts, wohin sie zurückgehen könnte, und hier fühlt sie sich nützlich. Sie liebt die Wüste. Sie versteht sie. Sie ist gebildet und versucht, nicht wahnsinnig zu werden.«
    »Das beantwortet jedenfalls Rosies Frage nach dem Ursprung dieses neuen Kunststils ist.«
    »Ja, Leila hat sie das gelehrt. Sie erhält ihre Familie in ihrem Herzen lebendig, indem sie in den Teppichen und Knüpfereien ihre Geschichten erzählt. Es ist eine Art kultureller Austausch. Und Leila hat mir ihren kostbarsten, ihren einzigen Besitz geschenkt, eine Teppichtasche.« Sami hielt inne, als die Größe von Leilas Geste sie erneut überwältigte. »Sie ist glücklich da draußen. Warum können die Gesetze nicht ein paar von den Flüchtlingen erlauben, sich an Orten niederzulassen, die ihrer Herkunft ähneln?«
    Harlan blickte nachdenklich drein. »Du bist nicht die Erste, die das vorschlägt – Flüchtlinge in den östlichen Kimberleys anzusiedeln.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ende der 1930 er-Jahre gab es einen Plan, europäische Juden auf der Flucht vor dem Dritten Reich ins Land zu lassen und sie hier in der Kimberley-Region anzusiedeln. Hinter der Idee steckte eine Gruppe namens ›Freeland League‹.«
    »Und was geschah?«
    »Es gab die übliche Debatte, doch die hielt nicht lange an oder fand nicht viel Gehör. Einerseits dachte man, es würde helfen, den leeren Norden zu bevölkern, und es wäre eine Art internationaler guter Tat. Andererseits wurden Einwände erhoben, Ausländerkolonien seien gefährlich und die Möglichkeiten der Besiedlung des Nordwestens wären begrenzt.«
    »Erstaunlich. Nichts Neues unter der Sonne, was?«
    »Es wäre schön, wenn wir das Problem ›Flüchtlinge‹ nie gehabt hätten. Aber so viele von uns sind in gewisser Weise Vertriebene. Nimm Farouz. Seine Vorfahren waren Kameltreiber aus Afghanistan; Bobbys chinesische Ahnen kamen wegen der Goldminen

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