Die Perlenzüchterin
hierher; einige aus Ross’ Familie stammen von den Inseln. Oder nimm die japanischen Taucher, die hier lebten, dann aber interniert wurden, obwohl sie mit einheimischen Frauen verheiratet waren. Und die Aborigines, die um ihre Landrechte kämpfen. Schlimmer vertrieben kann man kaum sein!«
»Harlan, hör auf!« Sami hielt sich die Ohren zu. »Ich will nichts mehr hören. Bitte, mir geht es nur um Leila.«
Harlan antwortete ruhig und besänftigend. »Sami. Ich werde mich erkundigen, werde sehen, was ich tun kann. Wenn es auch nur die leiseste Chance auf mildernde Umstände gibt, drücken wir das durch.«
»Du darfst niemandem erzählen, wo sie ist.«
»Ich hole ein Notizbuch. Dann kannst du mir alles darüber erzählen, wie sie hierher gekommen ist.« Harlan stand auf. »Erwarte nicht zu viel, Sami.«
»Harlan, wenn ihr irgendjemand helfen kann, dann du, das weiß ich. Das ist mir wirklich ganz wichtig! Ich habe Leila versprochen, mit einer Lösung zurückzukommen.«
»Ich rufe morgen früh ein paar Leute an. Und du solltest die Sache für heute Abend auf sich beruhen lassen, sobald du mir die nötigen Informationen gegeben hast. Richte dich doch erst mal in deinem Zimmer ein! Wir freuen uns, dass du und deine Mutter jetzt bei uns wohnt.«
Als Sami Harlan alles über Leilas Reise von Afghanistan nach Australien erzählt hatte, ging sie zu Biddy. Sie hatte das Gefühl, ihre Nähe würde sie beruhigen. Die alte Dame saß sehr aufrecht in einem Sessel, hatte die Hände in den Schoß gelegt und trug einen leichten Schal um die Schultern.
»Biddy, ich dachte, du wärst im Bett! Wie geht’s dir?«
»Hab gewartet.«
»Oh, tut mir Leid, ich habe mich mit Harlan unterhalten. Ich hoffe, er kann einer Freundin von mir helfen.«
Biddy schüttelte den Kopf. »V’leicht. Gibt Dinge, die kann man nicht in Ordnung bringen. Du musst wissen, was für dich bestimmt ist. Ich weiß das.«
Sami setzte sich auf den Bettrand und sah sie an. »Biddy, das ist aber eine ziemlich fatalistische Einstellung. Ich meine, man kann doch nicht immer nur zusehen und die Dinge geschehen lassen. Man muss auch kämpfen, versuchen, etwas zu ändern!«
»Veränder dich erst mal selbst, Mädchen. Du machst ’ne Reise. Auf einem Schiff?«
Sami blinzelte; sie hatte nichts dergleichen vor. Dann fiel ihr ein, dass ihre Mutter morgens Tims Segeltörn die Küste hinauf erwähnt hatte. »Ich weiß nicht genau. Meine Mutter hatte die Idee, von der Star Two aus irgendwo den King Sound hinaufzusegeln.«
»Nah bei meinem Land. Nimmst Biddy mit.«
»Das würde ich gerne, Biddy, aber es ist eine lange Fahrt.« Biddy sah unendlich zerbrechlich aus, doch Sami erkannte einen sehr entschlossenen, sturen Zug in ihrem Gesicht.
»Muss man rechtzeitig fahren. Hol Rosie.« Die alte Frau wandte sich von Sami ab und starrte aus dem Fenster.
Sami ging zu Rosie. »Biddy hat sich in den Kopf gesetzt, mit mir die Küste hinaufzusegeln. Bei einem Ausflug, den ich selbst gar nicht mitmachen wollte. Mami hat heute Morgen am Telefon was darüber gesagt. Habt ihr euch das ausgedacht? Woher weiß Biddy davon?«
Rosie hob eine Augenbraue. »Weißt du das wirklich nicht?« Dann hielt sie inne und kaute auf ihrer Lippe. »Es ist wichtig für sie. Ich habe nicht mit deiner Mutter gesprochen, aber ich habe mit so was gerechnet. Wir werden sie hinbringen müssen.«
»Rosie, du kannst doch gar nicht weg. Harlan auch nicht.« Sami fragte sich, wie sie die alte Dame, die so häufig in der Vergangenheit lebte, von ihrer Idee abbringen konnte. Dann erinnerte sie sich an Biddys Miene. »Sie scheint fest entschlossen zu sein.«
»Es ist ihre persönliche Pflicht«, sagte Rosie. »Sie wird ein bisschen Hilfe beim Gehen brauchen, aber sie ist zäh genug für die Fahrt.«
»Dann bringe ich sie hin.« Die Worte waren heraus, ehe Sami sie recht bedacht hatte. Und dabei ging ihr auf, dass dies etwas war, das wiederum sie tun musste, ihre Pflicht.
Rosie brachte keine Einwände vor. »Wie kommt ihr hin?«
»Mami hat gesagt, Tim segelt dorthin. Ich vermute, sie oder Dave werden mitfahren. Bekommen wir Biddy aufs Schiff und hinterher wieder runter? Himmel, ich möchte nicht, dass ihr was passiert!«
»Das wird es nicht. Sprich mit deiner Mutter. Du fährst übermorgen hin, stimmt’s? Dann nimm Biddy mit. Sie wird sich auch freuen, die alte Missionsstation wiederzusehen. Ich benachrichtige die Familie, damit man sich um sie kümmert. Wir geben euch Vorräte und Decken mit, was immer sie
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