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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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war’s das, fürchte ich.«
    »Trotzdem danke. Ich bin froh, dass es ihm gut ging.«
    Als Bobby das Krankenhaus verließ, war er immer noch verdutzt. Offenbar war der Sonnenanhänger nicht viel wert. Oder Matthias hatte noch gar nicht gemerkt, dass in seiner Tasche etwas fehlte. Falls er die überhaupt bekommen hatte. Hatte er Hajid getroffen? Bobby ging zurück zu dem Motel, in dem er Matthias abgeholt hatte, doch dort wurde er nicht mehr als Gast geführt.
    Er beschloss, das geheimnisvolle Holzkästchen zu Hause zu lassen, und hoffte, Matthias werde wieder auftauchen, damit er es ihm endlich zurückgeben konnte. Und vielleicht war es ja gar nicht so wichtig. Jedenfalls war das nicht mehr sein Problem. Er hatte Dringenderes zu tun – eine Verabredung mit seinem Vater in dessen Büro, auf die Bobby überhaupt keine Lust hatte. Wieder so eine »Warum hast du’s wieder vermasselt?«-Fragestunde, dachte er.

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Kapitel vier
    Das Wasser war jadegrün, massive jaspisfarbene Felswände ragten in den Himmel. Über zerklüftete Felsstürze begannen sie den Aufstieg. Das Gras schnitt ihnen in die Haut, dornige Zweige kratzten, und Ranken hefteten sich an Beine, Haar und Kleidung. Sami schlug sich das Knie an einem schartigen Felsen auf, doch sie konzentrierte sich ohne einen Schmerzenslaut darauf, Halt für Hände und Füße zu finden. Die Augen richtete sie stets auf einen Punkt etwa einen Meter vor sich. Es war windstill. Und atemberaubend heiß. Feucht. Sie war schweißgebadet, als wäre sie in der Sauna. Bis auf den einen oder anderen lauten Atemzug, knackende Zweige oder losgetretene Steine war alles still. Die Wände der Schlucht rückten näher zusammen, je weiter sie bergauf kletterten. Sami traute sich nicht, hinab in die kühle Tiefe zu blicken.
    Allmählich wurde der Pfad zu einem Gesims hin ebener. Eine Schar Kakadus stürzte unter schrillem Kreischen an ihnen vorbei. Sami machte eine Pause, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen, rückte den Hut zurecht und kletterte weiter den Hang am Rand der Schlucht hinauf. Goonamulli ging voran, dahinter Palmer und Bridget, und Sami bildete die Nachhut.
    Palmer wandte sich zu ihr um. »Sind Sie okay? Greifen Sie nicht in diese Grasbüschel, an den messerscharfen Halmen würden Sie sich die Hände zerschneiden. Hier.« Er reichte ihr den Ast, der ihm als Wanderstock diente. »Nehmen Sie den hier. Wir haben den Steilhang bald geschafft.«
    Dankbar stellte Sami fest, dass der stabile Stock das Gehen ein wenig erleichterte. Jetzt, da sie sich sicherer fühlte, konnte sie sich auch ein wenig in der Schlucht umsehen. Wenn sie ganz scharf hinsah, erkannte sie schattige Stellen: Höhlen und Felsüberhänge.
    Sie erreichten das Gesims und kletterten darüber zu einem hohen Felsüberhang nur wenige Meter über ihnen. Goonamulli blieb stehen, wandte sich an Bridget und redete in der lokalen Aborigine-Sprache mit ihr. Bridget stellte ihren Rucksack ab, und die anderen folgten ihrem Beispiel. »Wir müssen ein paar Dinge für eine Zeremonie zusammensuchen«, erklärte sie. »Bleibt dicht bei uns.« Sie brach einige kleine, belaubte Zweige von einem Busch in der Nähe ab und legte sie auf die toten Zweige, die Goonamulli aufgehäuft hatte.
    »Eine Rauchzeremonie«, sagte Bridget, »um die Gegend zu reinigen und uns den Ahnengeistern anzukündigen. Wir sind sicher vor ihnen, solange wir ihnen unseren Respekt erweisen und bei jemandem sind, der hierher gehört.«
    »Ihnen?«, fragte Sami nach.
    »Den Ahnengeistern, den Schöpferwesen der Traumzeit.«
    »Oh«, war alles, was Sami dazu einfiel. Sie kam zu dem Schluss, dass dies eine ähnliche Bedeutung hatte wie das Ausziehen der Schuhe vor einer Moschee, das Bedecken des Kopfes oder Verbeugen in einem Gotteshaus.
    Die Blätter rochen angenehm, und der Rauch wehte, von Bridget mit dem Hut gefächelt, von ihnen weg. Goonamulli stimmte einen minutenlangen Sprechgesang an, lauschte dann, als erwarte er eine Antwort, und nickte schließlich, als der Rauch hinwegtrieb. Jetzt konnten sie das letzte kurze Stück zum heiligen Felsüberhang hinaufklettern. Als sie sich gerade in Bewegung setzen wollten, berührte Palmer Sami am Arm. »Sie können sie nicht sehen, aber wir haben gerade eine Grenze überschritten, eine Zeitgrenze, wenn Sie so wollen. Das hier ist heiliges Land, und wenn man diesen Ort würdigen und verstehen lernen will, ist es am besten, man stellt das westliche Denken eine Zeit lang ab.«
    »Und wie macht man

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