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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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reibungslos und effizient.
    Dave war unverkennbar stolz auf diesen Teil der Farm. »Das hier ist das Kernstück von allem«, erläuterte er Lily. »Was hier passiert, setzt mich immer unter Strom – in diese erwartungsvolle Stimmung bei jeder Ernte.«
    Lily konnte sofort etwas mit seinen Worten anfangen. Auch sie war fasziniert von dem, was um sie her auf eine Art und Weise geschah, die sich deutlich von dem unterschied, was sie auf der Lake-Farm gesehen hatte. Dies hier ging sie persönlich an. Irgendwie spürte sie, dass es Teil ihrer Vergangenheit war. »Glauben Sie, Sie werden diese Farm noch lange betreiben, Dave?« Sie bemühte sich sehr, es wie eine beiläufige Frage klingen zu lassen.
    »Nee, glaube ich nicht, Lily. Sehen Sie sich doch um, es ist viel Arbeit, und die Konkurrenz ist groß. Heute läuft das alles über Hightech und Marketing. Wohlgemerkt, den Austern hat das keiner gesagt.« Er lachte in sich hinein.
    »Wenn Sie ein bisschen Geld in der Hinterhand hätten, würden Sie das alles noch einmal machen?«, wollte Lily wissen.
    »Da können Sie Gift drauf nehmen. Das Wasser da draußen ist reich an Nährstoffen. Wenn man sie da draußen im klaren Wasser der Bucht halten kann, erzeugen sie Perlen, die einer Königin würdig wären.«
    »Also?«
    »Ich bin kein junger Hüpfer mehr. Es ist schwer, mit den Zahlungen nicht in Rückstand zu geraten, die Jungs zu halten, die Boote und die Ausrüstung zu warten. Mein Betrieb ist klein. Ich hab eine ganz hübsche Menge Muscheln da draußen hängen, seit zwei Jahren. Wer weiß, was die bringen …« Er blickte zum Creek, der zur Bucht führte. »Das soll nicht heißen, dass ich früher keine großen Träume gehabt hätte. Kapitän Tyndall hat mit einem Schiff angefangen.« Er wandte sich Lily zu, als sie zum alten Logger gingen. »Und Sie sehen sich also nur um?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Seit Jahren komme ich jetzt immer wieder nach Broome, seit ich von meiner Familiengeschichte erfahren habe, und von der Verbindung hierher … und zu den Perlen. Jede Reise scheint mich länger hier festzuhalten.«
    Dave George tätschelte ihr freundschaftlich den Rücken. »Ich weiß genau, wie Ihnen zumute ist. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen sich mit dem Broome-Virus anstecken.«
    Als sie den Logger erreichten, schwiegen sie voller Respekt vor dem alten Schiff. Lily verschlang es mit den Augen. »Wunderschön. Wirklich wunderschön«, sagte sie leise.
    Er ratterte die Statistik herunter. »Die Breite über Planken beträgt ein Drittel der Schiffslänge – sie ist gut achtzehn Meter lang. Sehen Sie den schweren Kiel? Der bremst die Strömung, wenn Taucher darunter arbeiten. Und diese stabilen Spanten sind wie ein Weinglas gekrümmt, sodass sie im Schlick auf der Seite liegen kann. Schätze, damals haben die Schiffsbauer keine Pläne gezeichnet, sondern nur eine Art grobe Skizze.«
    »Und das Holz?«
    »Jarrah. Queensland White Beech, die Masten Douglasie, Kajeputbaum.«
    »Stimmt es, dass unter dem Fockmast immer eine Silbermünze liegt?«
    »Yep. Seeleute sind ein abergläubischer Haufen. Schade, dass wir es uns nicht leisten konnten, sie wieder auf Vordermann zu bringen. In dem alten Mädchen ist nämlich immer noch Leben.«
    »Da bin ich mir sicher«, sagte Lily. »Ganz sicher. Übrigens, wie heißt Ihre Farm?«
    »Der Name ist nicht sehr originell. Ich hatte gehofft, etwas von Tyndalls Glück würde auf uns abfärben – sie heißt Star Two.«
     
    Zwei Stunden später schüttelte Lily dem alten Mann die Hand. Sein Angebot, sie zu Damien Lakes Farm zurückzufahren, lehnte sie höflich ab. Sie sagte, sie würde den Spaziergang genießen. Er beharrte nicht auf dem Angebot, weil er vermutete, Lily brauche den Spaziergang, um die Neuigkeiten zu verarbeiten. Als sie zu dem holprigen Pfad zurückging, der sich durch die Dünen schlängelte, fuhr Dave George sich mit der Hand über sein stoppeliges Kinn. Da geht eine Frau, die vieles auf dem Herzen hat, dachte er.
    Es war stickig, kein Lüftchen wehte, und das vom weißen Sand reflektierte grelle Licht blendete Lily. Zurück am Ufer der Bucht erspähte sie einen Baum, der halbwegs Schatten spendete. Sie setzte sich darunter, um nachzudenken. Plötzlich fühlte sie sich ausgelaugt, weniger von der Hitze und der körperlichen Anstrengung als vielmehr von dem überwältigenden Einblick in ihre ferne weiße Familie. Hier zwischen diesen Dünen und dort draußen auf dem Meer hatte ihr Urgroßvater gearbeitet

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