Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
Loggers.
    »Da hast du einen der wertvollsten Gegenstände in diesem Haus gefunden«, sagte Rosie hinter ihr sanft.
    Sami schrak zusammen. »Ach, ich fand das einfach nur süß. Es ist eher ein Spielzeug als ein Kunstwerk, oder? Bestimmt sind einige der Gemälde viel wertvoller?« Sie deutete auf die alten Rindenbilder und einige modernere, deren Stil sie erkannte.
    »Es kommt darauf an, wie man wertvoll definiert. Ja, diese Gemälde von Rover Thomas, Emily Kngwarreye, Queenie Mackenzie, Jack Britten, Helicopter und das da von Freddie Timms würden gute Preise erzielen. Ich sammele seit Jahren. Aber der kleine Logger da ist in meinen Augen unbezahlbar – er hat Maya gehört. Ihr Vater, John Tyndall, hatte ihn ihr geschenkt.«
    »Hat er ihn gemacht?«
    »Nein, seine rechte Hand, Ahmed. Und das macht ihn zu etwas Besonderem. Olivia erzählt in ihrem Tagebuch die Geschichte von Ahmed und Tyndall – was für eine Freundschaft! Ein Glück für uns, dass Mayas Logger die Zeiten überdauert hat.« Rosie reichte Sami eine Schüssel Salat. »Hier, stell die bitte auf den Verandatisch und nimm dir was zu trinken!«
    Sami warf noch einen letzten Blick auf das kleine Schiff. Es stellte eine greifbare Verbindung zur Vergangenheit dar, und vor ihrem inneren Auge sah sie, wie Georgianas Mutter, die Halb-Makassarin, mit dem Schiff spielte. Dass Georgiana damit gespielt haben sollte, konnte sie sich hingegen überhaupt nicht vorstellen.
    Auf der Veranda mit der atemberaubenden Aussicht über die Bucht war es still. Weit und breit wies hier nichts auf das Broome des einundzwanzigsten Jahrhunderts hin. Das Haus fühlte sich solide an, die glatten Dielen hatten mit dem Alter eine weiche Färbung angenommen, an einem Ende der Veranda schienen Lichtsprenkel durch die Lücken im Gitterwerk, und aus dem Garten wehte der Duft der Blumen heran. Es war alles so friedlich! Man spürte, dass dies immer ein glückliches, liebevolles Heim gewesen war.
    »Wer du sein, Mädchen?«
    Sami fuhr herum, die krächzende Stimme hatte sie erschreckt. Die Aussicht hatte sie so gefesselt, dass sie die alte Dame in einem Sessel am anderen Ende der Veranda nicht bemerkt hatte. Hinter ihr stand die Flügeltür zu einem Schlafzimmer offen. Die Frau war eine verhutzelte Aborigine, die mit Spinnenfingern eine Baumwolldecke auf ihren Knien gepackt hielt. Sami ging auf sie zu. Das musste Biddy sein. Verunsichert fragte sie sich, worüber sie mit ihr sprechen sollte. »Ich bin Samantha, Lilys Tochter.«
    Die alte Dame musterte sie scharf mit ihren kleinen, strahlenden Augen, dann öffnete sie einen Mund voller Zahnlücken und lächelte. »Na, Mädchen, wird auch Zeit, dass du nach Hause kommst, Biddy besuchen.«
    »Na ja, eigentlich ist mein Zuhause in Sydney, Biddy. Aber es ist schön, in Broome zu sein … und dich kennen zu lernen.« Sami wusste nicht weiter.
    Die alte Dame rührte sich nicht, doch mit ihren zusammengekniffenen Augen schien sie direkt in Samis Gedanken zu blicken. »Und warum du gehen los, Kimberley-Kunst angucken, hm?«
    »Oh. Du weißt von meiner Reise.« Biddy hörte noch bestens, und ganz offensichtlich hielt sie sich über die Gespräche um sie herum auf dem Laufenden. »Ich studiere alle möglichen Formen von Stammeskunst, heiligen Botschaften und Symbolen.«
    »Gut, du lernen die Geschichten. Das sein deine Geschichten von vor langer Zeit.«
    »Das wird mir langsam klar, Biddy«, versicherte ihr Sami. Aber innerlich sträubte sie sich dagegen, dass die alte schwarze Dame Sami zu ihrer Familie zählte. »Es gibt noch viel zu lernen, ich muss bald noch einmal zu den Felsgalerien zurück.«
    Biddy zog die Decke hoch, nahm die Füße von einem Schemel und bedeutete Sami, sich darauf zu setzen. »Diese Geschichten wichtig für Leute von Universität, für alle Leute. Unsere Traumzeitgeschichten sagen uns, wo wir herkommen, was wir tun müssen, warum alles so sein. Berg, Fluss, Felsen, warum die da sein. Geschichten leben mit uns, sagen uns, wer wir sind.«
    »Du hast ja so Recht, Biddy«, sagte Sami, bemüht, nicht herablassend zu klingen. »Kann ich dir etwas zu trinken holen?«
    Biddy ignorierte das. »Musst deine Geschichten kennen, Mädchen. Dann du können deinen Kindern erzählen. Du gehen rauf an die Küste, reden mit alten Frauen. Vielleicht wir gehen zusammen, du und ich, hm?« Sie lachte.
    Doch Sami lachte nicht mit.
    Zum einen überraschte sie die Tatsache, dass diese alte Dame von einer gemeinsamen Kultur ausging. Biddy erwartete

Weitere Kostenlose Bücher