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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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einzige Grund, warum sie so wütend
waren, nicht wahr?“
    „Nein.“ Sie zögerte einen Augenblick. Dann, sie wusste
selbst nicht, warum, begann sie zu erzählen. „Als mein Vater ermordet wurde,
haben meine Mutter, meine Schwester und ich nur mit viel Glück das
Blutvergießen überlebt. Danach wurde mein Bruder Großkönig. Am Hof wurden uns
die höchsten Ehren erwiesen, doch es verging kein Tag, an dem wir nicht Angst
um unser Leben hatten. Dann wurde auch mein Bruder ermordet, und wieder sind
wir dem Blutbad nur ganz knapp entronnen. Seitdem wollte meine Mutter immer,
dass wir uns im Hintergrund hielten. Zu nahe am Zentrum der Macht zu sein,
bedeutet Gefahr.“
    Wieder drückte er ihre Hand. „Ich verstehe, was du meinst.
Mein Vater wurde vor meinen Augen ermordet. Als ich noch ein Kind war, erzählte
mir meine Großmutter von Intrigen und Verschwörungen, Machtkämpfen und Morden.
Ich erinnere mich, dass ich danach monatelang Angst hatte. Seitdem schlafe ich
mit einem Dolch unter dem Kopfkissen. Du dagegen hast das Blutvergießen beim
Tod deines Vaters und deines Bruders selbst miterlebt, und trotzdem hattest du den
Mut, dich von all dem Schrecken zu befreien. Du bist eine mutige Frau,
Parysatis.“ Er zeigte auf den Wandbehang mit dem Bild der Amazone. „Deshalb
habe ich dieses Bild für dich ausgesucht. Erkennst du, wen es darstellt?“
    Er sah sie erwartungsvoll an, und sie überlegte. Penthesilea
kam nicht in Frage, dazu war ihr Schicksal zu tragisch. Hippolyte? Das konnte
passen. „Hippolyte, die Königin der Amazonen. Sie geriet in Gefangenschaft, als
sie ihr Heer gegen Athen und seinen König führte, den berühmten Helden Theseus.
Doch Theseus verliebte sich in sie und nahm sie zur Frau. Sie gebar ihm einen
Sohn namens Hippolytos.“
    „Ich sehe, du kennst dich gut in der griechischen Mythologie
aus. Ich habe gehört, dass du den Unterricht, den du in Susa erhalten hast, mit
Interesse verfolgt hast.“
    „Oh ja, ich fand immer, dass es viel Interessantes auf der
Welt gibt und man aus den griechischen Büchern viel lernen kann.“ Sie spürte,
wie sie rot wurde. „Die griechischen Mythen haben mich besonders fasziniert.“
    „Auch ich liebe die Mythen“, sagte er, als freue er sich,
eine weitere Gemeinsamkeit entdeckt zu haben. Einen Augenblick sah er sie
schweigend an, dann fragte er: „Willst du Kinder, Parysatis?“
    „Jeder will Kinder“, erwiderte sie, überrascht von seinem
plötzlichen Themenwechsel.
    „Weißt du, warum ich dich geheiratet habe?“
    „Weil ich die Tochter von Artaxerxes Ochos bin.“
    „Und weiter?“
    Wieder zögerte sie, doch sie spürte, dass sie offen sprechen
konnte, dass er das sogar von ihr erwartete. „Statira hast du geheiratet, weil
sie die Tochter des letzten Großkönigs ist. Aber du musst dich mit beiden
Zweigen des persischen Königshauses verbinden, damit die Perser deine Ansprüche
auf den Thron akzeptieren. Das ist der wahre Grund, warum du auch mich zur Frau
genommen hast. Nicht weil dich der Auftritt einer Zehnjährigen beeindruckt
hat.“
    „Wie ich sehe, bist du nicht nur mutig und gebildet, sondern
auch klug“, lobte er. „So mutig, dass du es sogar wagst, mir zu widersprechen.
Und zugleich klug genug, um dir der Gefahren der Macht bewusst zu sein. Du
lässt dich von ihr weder blenden noch verführen. Das sind zwei weitere Gründe,
warum ich dich geheiratet habe. Denn auch mein Sohn muss über solchen Mut und
solche Klugheit verfügen, wenn er mir eines Tages nachfolgen soll. Deshalb
frage ich dich noch einmal: Willst du Kinder?“
    Sie verstand nun, worauf er hinauswollte. Er versprach ihr
nicht, ihren Sohn zu seinem Erben zu machen, das konnte er nicht tun. Aber er
setzte Hoffnung in sie. Plötzlich kamen ihr Parmuschs auf der Hochzeit Worte in
den Sinn: dass sie vielleicht zur Stammmutter eine neuen Dynastie werden
konnte. Sie hatte das als hohles Gerede abgetan, eine Hoffnung, die sich
niemals erfüllen würde. Nun war dieses Ziel plötzlich in erreichbare Nähe
gerückt. Paruschjati musste eine Entscheidung treffen. Sie hatte nicht den Mann
bekommen, den sie sich gewünscht hatte, aber sie konnte die Rolle annehmen, die
das Schicksal ihr womöglich zugedacht hatte. Auch wenn sie wusste, dass dies
mit Gefahr für ihr Leben verbunden sein konnte.
    „Ja, ich will Kinder“, antwortete sie.
    Das Geschrei draußen auf dem Hof war lauter geworden. Zuerst
nur ein verhaltenes Murmeln, schwoll es nach und nach zu einem Brausen an, das
in der

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