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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Leibwächter. Lysimachos machte noch ein paar Augenblicke ein
unschlüssiges Gesicht, dann gab er sich geschlagen. „In Ordnung, aber nur die
Königin, nicht dieser ganze Auflauf.“ Er warf den Eunuchen und Dienerinnen
einen Blick zu, als handele es sich um Ungeziefer.
    Chares gab den Wachen ein Zeichen. Die Flügeltüren wurden
weit aufgerissen, die Schildträger nahmen Haltung an. Sissingambri legte ihre
Arme um Statira und Drupati und setzte sich in Bewegung. Paruschjati und
Barsine mit Herakles an der Hand schlossen sich ihnen an. Lysimachos zog die
Brauen zusammen, doch Peukestas, der sich unmittelbar hinter den beiden Frauen
befand, warf ihm einen Blick zu, und so sagte er nichts. Hinter ihnen vertraten
die Schildträger allen anderen den Weg. Empörtes Geschrei war zu hören, das
schlagartig abriss, als die Tür wieder geschlossen wurde.
    Der Raum, den sie betreten hatten, war überfüllt von
Menschen. Eine Gruppe Ärzte, erkennbar an ihren Stirnbinden, drängte sich in
einer Ecke und flüsterte miteinander. Es schien eine Art Arbeitszimmer zu sein,
denn überall standen Tische und Stühle und Gestelle mit Schriftrollen. An der
Tür auf der linken Seite waren wieder Wachen postiert, die Haltung annahmen,
als die Frauen zwischen ihnen hindurchgingen.
    Auch das Schlafzimmer des Königs war voller Menschen, doch
Paruschjati beachtete sie nicht. Ihr Blick war auf das Bett in der Mitte
gerichtet. Es befand sich auf einem breiten, zweistufigen Podium, an dessen
Ecken Lampen aus durchbrochener Bronze standen. Der Raum war so groß, dass
dennoch ein großer Teil davon in Dunkelheit lag. Die Bettvorhänge aus
durchscheinendem Stoff waren zurückgezogen worden. Unter den mit Gold
durchwirkten Purpurdecken zeichneten sich die Umrisse einer menschlichen
Gestalt ab, die auf dem ausladenden Bett klein und verloren wirkte.
    Die Königinmutter machte sich von Statira und Drupati los,
schleppte sich mühsam die Stufen des Podiums hoch und trat an das Bett, während
die anderen Frauen unten warteten. Ein Schatten löste sich und zog sich in die
Dunkelheit zurück. Bagauva. Paruschjati glaubte die bösartige Aura zu spüren,
die von ihm ausging.
    Von ihrem Platz aus konnte sie nur das schweißverklebte Haar
der Gestalt auf dem Bett erkennen, ihr Gesicht war abgewandt. Sissingambri ließ
sich auf den Bettrand sinken, beugte sich über den Kranken und strich ihm das
Haar aus der Stirn. Eine Geste, die sehr persönlich wirkte angesichts der
Menschenmenge, die, halb in der Dunkelheit verborgen, das Bett umlagerte und
die Szene mit fiebriger Aufmerksamkeit verfolgte.
    Er ist tot, dachte Paruschjati, und Schrecken schoss
durch ihre Adern. Er ist längst tot, und sie haben es uns verheimlicht. Entschlossen stieg sie die Stufen des Podiums empor. Hinter sich hörte sie ein
empörtes Schnaufen, wahrscheinlich von Statira; sie beachtete es nicht. Sie
musste Gewissheit haben, musste sich mit eigenen Augen überzeugen. Auf der
oberen Stufe, unmittelbar vor dem Bett, blieb sie stehen. Einen Augenblick lang
glaubte sie, dass der König wirklich tot war, doch dann sah sie, wie seine
Brust sich hob und senkte. Jetzt konnte sie sogar seinen Atem hören, ein
mühsames Keuchen, das anschwoll, abbrach und dann wieder einsetzte. Seine Augen
waren geschlossen, seine Züge ausgezehrt von der Krankheit und mit einem dünnen
Schweißfilm überzogen.
    Nein, er lebte noch, und doch war er unerreichbar für
Paruschjati. In diesem Augenblick hatte sie Gewissheit, dass er sterben würde,
es war nur noch eine Frage der Zeit. Doch er war bereits bewusstlos, keine
Chance mehr, ihn zu warnen. Paruschjati blickte auf, und ihre Augen begegneten
denen von Perdikkas.
    Der Königliche Leibwächter stand auf der anderen Seite des
Bettes an dessen Kopfende. In seinem Gesicht zeichneten sich Wachsamkeit und
kalte Berechnung ab, gepaart mit einer Spur Triumph. Es war nicht mehr als eine
Spannung um seinen Mund, die ganz entfernt an ein zufriedenes Lächeln
erinnerte. Perdikkas hatte die Hände vor dem Körper gefaltet, eine Haltung, die
Selbstgewissheit ausstrahlte. Ein Funkeln an der rechten Hand fing Paruschjatis
Blick ein. Sie hatte den Ring nicht oft aus der Nähe gesehen, doch sie erkannte
ihn. Der königliche Siegelring. Daher also die Andeutung von Triumph auf
Perdikkas’ Gesicht.
    Paruschjati hörte das Knistern kostbarer Stoffe. Barsine
trat mit Herakles an das Podium, beugte sich zu dem Jungen hinunter und schob
ihn auf das Bett zu. Er tapste auf seinen

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