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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Debatte, in der es um den Thron ging, dessen Erbe er einmal gewesen war. In
dem lauter werdende Stimmengewirr erhob sich Vischtaspa und verlangte Ruhe. Im
vergangenen Jahr, als der König viele persische Adlige in seine berittene
Leibgarde aufgenommen hatte, war Vischtaspa zum Hipparchen ernannt worden. Die
von ihm befehligte Abteilung bestand großenteils aus Persern. Zwar hatte
Vischtaspa im Rang ursprünglich unter Okschatra gestanden, dem Bruder des
letzten Großkönigs, doch militärisch gesehen war er nun dessen unmittelbarer
Vorgesetzter, ebenso wie der der meisten anderen Anwesenden. Das verlieh ihm
Autorität.
    „Niemand beleidigt den verstorbenen Großkönig
Darajavahusch“, behauptete er nicht ganz wahrheitsgemäß. „Möge Ahura Mazda
seiner Seele Frieden schenken. Doch wir müssen alle Aspekte sorgfältig abwägen.
Wenn ich richtig zähle, haben wir es mit vier möglichen Erben zu tun, denn wir
sollten nicht vergessen, dass auch die Königin Raukschana ein Kind erwartet.“
    Erst jetzt fiel Paruschjati auf, dass Vischtana, Raukschanas
Bruder, sich nicht unter den Anwesenden befand und auch sonst keiner ihrer
Verwandten. Offenbar fühlten sie sich ihrer Sache so sicher, dass sie es nicht
für nötig hielten, sich um Anhänger unter den Persern im Reich zu bemühen.
Womöglich wussten viele der Anwesenden nicht einmal, dass Perdikkas Raukschana
unterstützte, und wieder fragte sich Paruschjati, wie sie so ahnungslos sein
konnten.
    „Raukschanas Kind, selbst wenn es ein Sohn werden sollte,
dürfte in unseren Überlegungen wohl kaum eine Rolle spielen“, erklärte
Okschatra von oben herab. „Sie steht im Rang weit unter meiner Nichte. Sie ist
kein Abkömmling eines Großkönigs, sondern nur die Tochter eines Adligen aus dem
Osten …“
    „Die Arija im Osten haben tapfer gegen die Fremden
gekämpft“, erklärte in scharfem Ton ein Mann namens Frasdamana, der ebenfalls
aus dem Osten stammte. Er war der Sohn von Fratafarna, fiel Paruschjati ein,
dem Satrapen von Parthien und Hyrkanien.
    „Niemand zweifelt an der Tapferkeit unserer Krieger aus dem
Osten“, versuchte Vischtaspa wieder die Wogen zu glätten. „Ehe wir uns in
nutzlosen Streitereien verausgaben, sollten wir eines bedenken: Bis jetzt sind
drei der vier möglichen Thronanwärter noch gar nicht geboren. Warum warten wir
nicht einfach ab, bis wir Klarheit besitzen? Vielleicht stellt sich heraus,
dass nur ein einziger Erbe zur Verfügung steht. Aber selbst wenn nicht, können
wir später immer noch beraten, welcher Anwärter uns als der würdigste
erscheint.“
    Dem Gemurmel nach zu urteilen, schien dieser Vorschlag den
meisten Anwesenden zu gefallen, nur Okschatra nicht. Doch seine Anhängerschaft
war inzwischen merklich geschrumpft.
    Vischtaspa fuhr fort: „Für den Augenblick sollten wir uns
auf ein viel dringlicheres Problem konzentrieren. Der König ist krank, doch
seit Tagen lässt man uns nicht mehr zu ihm. Wenn wir erlauben, dass man uns an
den Rand drängt, brauchen wir uns über die Frage der Nachfolge keine Gedanken
mehr zu machen – weil uns nämlich niemand mehr nach unserer Meinung fragen
wird.“
    „Vischtaspa hat völlig recht“, stimmte Frasdamana zu. „Wir
gehören zur Leibgarde des Königs, ob es den Fremden nun gefällt oder nicht!
Gestern durften die Soldaten an seinem Sterbebett von ihm Abschied nehmen,
alle, bis hinunter zum niedrigsten Waffenträger. Wenn sie das dürfen, warum
nicht wir? Wir sind Edelleute von vornehmster Herkunft, viele davon Nachkommen
von Großkönigen. Wir haben ein Recht darauf, den König zu sehen, weit mehr als
diese Fremden, von denen viele nur einfache Bauern sind.“
    „Wir dürfen uns eine solche Behandlung nicht bieten
lassen!“, rief der Mann neben Frasdamana, sein Bruder, soweit Paruschjati
wusste, aber sie erinnerte sich nicht an seinen Namen. „Wir müssen darauf
bestehen, dass man uns den uns zustehenden Respekt erweist. Der König hat uns
Ehre erwiesen, aber seine Leute hassen und verachten uns, als wären wir es, die
ihnen Unrecht zugefügt haben und nicht umgekehrt. Wir sollten geschlossen zum
Alten Palast ziehen und Einlass fordern.“
    „Damit würden wir nichts erreichen“, widersprach Barsines
Bruder Kaufan. „Die Leibwächter würden uns abweisen, so wie sie es bisher getan
haben. Wir hätten nur unnötig unser Gesicht verloren.“
    Frasdamana unterbrach ihn: „Was sollen wir deiner Meinung
nach tun? Klein beigeben?“
    „Nein, aber wir sollten mit mehr

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