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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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    „Sie schläft gerade, aber wenn du willst, sage ich ihr
später, dass du hier warst.“
    „Danke, das ist sehr freundlich von dir.“
    Sie lächelte ihm dankbar zu. Er zauberte ebenfalls ein
Lächeln hervor, und plötzlich sah er seinem Vater auf geradezu erschreckende
Weise ähnlich. Großkönig Darajavahusch war ein sehr gut aussehender Mann
gewesen. Sie blickte Vahauka nach, bis er nach draußen auf den Innenhof trat,
ein schlaksiger Junge, an dem der purpurgesäumte Umhang eines Königspagen fremd
und unpassend wirkte – besonders für den ehemaligen Erben eines Großkönigs.
    Die Dunkelheit senkte sich wie ein blauer Mantel auf die
Stadt und vertiefte sich von Augenblick zu Augenblick. Der Himmel schien hier
oben sehr nahe zu sein. Immer wenn man den Blick von ihm abwandte und dann
wieder aufsah, war er einen Ton dunkler geworden, und im Osten, wo es am
dunkelsten war, leuchteten nach und nach die Sterne auf. Überall auf der Mauer,
die die Gärten vom Fluss trennte, drängten sich die Bewohner der Paläste. Wie
meistens in den Abendstunden wehte auch heute wieder eine leichte Brise, die
nach der Hitze des Tages ein wenig Erleichterung brachte. An diesem Abend war
sie so stark, dass die Palmwälder jenseits des Flusses sich sanft in ihr
wiegten. Und doch war niemand in der Stimmung, sie zu genießen.
    Gegen Abend war Farnakia schwer atmend in Paruschjatis
Gemächer gestürzt. „Der königliche Hofstaat macht sich zum Aufbruch bereit. Es
heißt, der König wird sich nach Sonnenuntergang in den Sommerpalast begeben.“
    „In den Sommerpalast?“
    „Sicher wegen des Fiebers. Im Sommerpalast ist es kühler als
in der Stadt.“
    Paruschjati gab Aspamithra ein Zeichen, und der Hofmeister
erteilte seine Anweisungen. Wenige Augenblicke später war Paruschjatis Hofstaat
auf den Beinen, und sie waren nicht die Einzigen. Im ganzen Palast wimmelte es
von Menschen, die in unzeremonieller Hast durch Gänge und Innenhöfe eilten,
achtlos durch den Garten strömten und dann die Treppen hinauf auf die Mauern
stiegen. Sie beugten sich über die Brüstung und sahen hinunter zum Fluss, auf
den Kai mit den Anlegestellen für die Schiffe, die die Paläste tagsüber
anliefen. Auch der Kai war von Menschen überfüllt. An einer der Anlegestellen
hatte bereits die königliche Barke festgemacht, mit gerefftem Segel und
aufgestellten Rudern, das Deck hell erleuchtet.
    Wieder sah Paruschjati zum Himmel auf. Inzwischen war er von
einem tiefen Dunkelblau, nur ganz im Westen flammte noch ein schmaler Streifen
rötlichgelben Lichts. Nirgendwo sonst, dachte sie unwillkürlich, schienen die
Sterne den Menschen so nahe zu sein wie in Babylon. Der Himmel hier war
geradezu übersät von ihnen, sie bildeten geheimnisvolle Muster, deren Bedeutung
seit uralter Zeit nur die Chaldäer kannten. Unwillkürlich stellte Paruschjati
sich vor, wie schön es sein musste, sich von der Erde und ihren staubigen
Bedrängnissen zu lösen und zu diesen funkelnden Juwelen emporzusteigen.
    Ein Raunen ging durch die Menge, und Paruschjati riss ihren
Blick von der Pracht des Himmels los und sah nach unten, wieder in die
wirkliche Welt. Eine Abteilung Schildträger marschierte rasselnd aus dem
Durchgang, der vom Alten Palast hierherführte, und bildete am Ufer eine Kette.
Ein Offizier brüllte Befehle, offenbar Seleukos persönlich, der Befehlshaber
der Königlichen Schildträger. Trotz der Dunkelheit erkannte ihn Paruschjati an
seiner Körpergröße und seiner weit tragenden Stimme.
    Der Lärm der Menge schwoll an, als der purpurfarbene
Baldachin erschien, den Paruschjati schon am Morgen beobachtet hatte. Auch
diesmal war der Winkel ungünstig, doch sie wusste auch so, was sich unter ihm
befand. Ihr Blick streifte eine schmale Gestalt ein Stück weiter links auf der
Mauer. Es war Barsine. Ihre und Paruschjatis Augen begegneten einander stumm.
    Die Bahre unter dem Baldachin wurde auf die Barke getragen
und stand dann weithin sichtbar auf dem von Fackeln erleuchteten Achterdeck,
umringt von Eunuchen, den Leibwächtern und anderen wichtigen Leuten. Die
Bootsleute machten die Taue los, die Ruderer tauchten die Riemen ins Wasser und
ruderten los. Langsam steuerte die Barke hinaus auf den Fluss, stromaufwärts
zum Sommerpalast.

4
    Anfangs hatte sich Paruschjati nicht sonderlich für den
Krieg interessiert. Sie wusste nur, dass die Jauna, ein Barbarenvolk weit im
Westen, über das Meer gekommen waren, um die Länder und Städte des Großkönigs
zu

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