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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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wie seine eigene Mutter behandelt, und sie selbst liebte ihn
inzwischen wie einen Sohn. Die alte Frau war ein so integrer und gütiger
Mensch, dass sie sich kaum vorstellen konnte, dass andere es weniger waren als
sie. Doch selbst wenn sie den König richtig einschätzte: Was würde geschehen,
wenn ihm etwas zustoßen sollte?
    „König Alexander mag sich als würdig erweisen, aber was ist
mit denen, die nach ihm kommen?“, fragte Paruschjati. „Werden sie den
Verführungen der Macht besser widerstehen als unsere Vorfahren? Oder wird das
Blutvergießen wieder beginnen?“ Ihr Mund war trocken geworden, sie nahm einen
Schluck aus ihrem Becher, ohne den exquisiten Geschmack des Weines wahrzunehmen.
„Wie es scheint, ist der König kränker als angenommen.“
    Wieder stand ihr vor Augen, was sie am Abend zuvor von der
Mauer aus beobachtet hatte, zusammen mit dem gesamten Hof. Mit Sicherheit hatte
auch Sissingambri davon erfahren.
    „Ich bete jeden Tag für ihn zu Ahura Mazda“, flüsterte die
Königinmutter. „Ich hoffe, dass der Weise Herr ihm noch viele Jahre schenkt.“
    Aus dem Sommerpalast kamen beruhigende Nachrichten: Dem
König ging es langsam besser. Die Vorbereitungen für die Flottenfahrt wurden
fortgesetzt, die Termine für den Aufbruch von Flotte und Heer beibehalten.
Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) brodelte die Gerüchteküche. Doch
nicht einmal Farnakia, der früher im Sommerpalast gearbeitet hatte und dorthin
noch immer gute Kontakte unterhielt, konnte etwas in Erfahrung bringen, was
über die offiziellen Verlautbarungen hinausging.
    „Ich finde, du solltest nach Hause gehen“, sagte Paruschjati
zu Frataguna. „Vidarna vermisst dich bestimmt.“
    „Kommt nicht in Frage, ich lasse dich nicht allein.“
    „Du kannst völlig beruhigt sein. Heute Morgen ging es mir
blendend, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“ Frataguna war
untröstlich gewesen, dass die morgendliche Übelkeit ausgeblieben war. „Außerdem
bleibt ja Faiduma hier. Sie kann mich an deiner Stelle bevormunden und
herumkommandieren.“
    Nach längerem Hin und Her gab Frataguna schließlich nach und
ließ die Eunuchen ihr Gepäck fertig machen. Bevor sie ging, ermahnte sie ihre
Tochter: „Pass gut auf deine Tante auf, damit sie nicht allzu viel Unsinn
anstellt. Aber benimm dich! Sei nicht vorlaut und versuche nicht, dich in den
Vordergrund zu drängen.“
    Die Hitze, das Warten und die Ungewissheit wurden allmählich
unerträglich, und so war Paruschjati geradezu erleichtert, als am späten
Nachmittag ein Eunuch mit einer Botschaft eintraf. Apama, die Frau von
Seleukos, dem Kommandanten der Königlichen Schildträger, lud sie ein, ihr gegen
Abend in ihrem Haus in der Stadt einen Besuch abzustatten. Aspamithra war
entsetzt. Es sei einer Königin nicht zuzumuten, sich der Hitze und dem
Straßenstaub auszusetzen, um eine weniger hochgestellte Dame zu besuchen. Doch
Paruschjati setzte sich durch. Sie kannte Apama aus ihrer Jugend, sie waren
praktisch miteinander aufgewachsen, auch wenn sie keine engen Freundinnen
gewesen waren.
    „Die Dame Apama ist hochschwanger. Ihr fällt es nicht
leicht, das Haus zu verlassen. Sicher wird sie sich über ein wenig Abwechslung
freuen.“
    In Wirklichkeit war es Paruschjati selbst, die dringend
Abwechslung benötigte und nichts sehnlicher wünschte, als dem Palast mit seiner
drückenden Stimmung zu entkommen. Also ließ sie gegen Abend ihren Stallmeister
den Wagen anspannen und machte sich in Begleitung von Mannuja, Faiduma, einem
Dutzend Eunuchen und Dienerinnen sowie einer Eskorte von Schildträgern auf den
Weg durch die staubigen Straßen Babylons.
    Der Wagen rasselte zunächst die breite Prozessionsstraße
hinunter, durch das Ischtar-Tor und dann vorbei an den scheinbar endlosen
Mauern der Palast- und Tempelbezirke. Dann bogen sie in das Häusermeer ab, mit
seinen breiten Straßen, verwinkelten Gassen, weiten Plätzen und verborgenen
Höfen. Zwischen den heruntergelassenen Vorhängen ihres Wagens hindurch warf
Paruschjati neugierige Blicke hinaus. Die fensterlosen Fassaden der weiß
getünchten Häuser glühten im Licht der sinkenden Sonne. Um diese Zeit wimmelte
es auf der Straße von Menschen, hauptsächlich Babyloniern in bunten
Wickelgewändern und mit pechschwarzen, von Öl glänzenden Haaren, doch
Paruschjati sah auch Menschen aus allen möglichen Ländern der Erde. Sie alle
drängten sich auf den Straßen, die einen geschäftig, andere gemütlich
flanierend. Der Lärm

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