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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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gestürzt.
    „Ischna ist manchmal ein wenig vorlaut, aber ihre Treue ist
über jeden Verdacht erhaben“, nahm Mannuja Ischna in Schutz. Das Mädchen war
ihre Großnichte und hatte erst vor Kurzem beide Eltern verloren, weswegen
Mannuja ihr eine Stelle in Paruschjatis Haushalt verschafft hatte.
    „Ihr Verschwinden im Haus einer Intrigantin ist sehr wohl
verdächtig!“, beharrte Aspamithra. „Vielleicht hat sie sich dort mit jemandem
getroffen. Früher sind unzuverlässige Dienerinnen schon mit weniger Grund
bestraft worden. Allerdings ist Ischna nicht die Einzige, die Anlass zur
Unzufriedenheit bietet. Usena ist faul und schlampig, Pusurisch langsam und
ungeschickt, und Lanunu macht schnippische Bemerkungen.“
    Mannuja presste die Lippen zu einem Strich zusammen. Ischna
und die drei anderen Mädchen fielen in ihren Kompetenzbereich, und im Grunde
hatte Aspamithra nicht ganz Unrecht mit seiner Kritik. Doch das hätte Mannuja
niemals zugegeben. Stattdessen ging sie zum Gegenangriff über. „Und was ist mit
Ahatu? Sie treibt sich verdächtig oft außerhalb des Palasts herum.“ Die
Harfenspielerin fiel unter Aspamithras Ägide. Sie war erst vor Kurzem engagiert
worden, nachdem ihre Vorgängerin überraschend schwanger geworden war.
    „Ahatu ist Babylonierin und hat Familie in der Stadt. Sie
hat durchaus Grund, den Palast hin und wieder zu verlassen.“
    „Sie hat eine Liebesaffäre“, fauchte Mannuja. „Das ist der
Grund für ihre häufige Abwesenheit. Du bist viel zu nachsichtig und lässt dich
von ihr um den Finger wickeln.“
    „Das führt zu nichts“, schnitt Paruschjati den beiden
Streithälsen das Wort ab. „Jeder in meinem Haushalt könnte es gewesen sein,
euch beide natürlich ausgenommen.“
    „Und dann ist da auch noch dieser Traumdeuter, den Mannuja
angeschleppt hat“, sagte Aspamithra. Mit Schaudern erinnerte sich Paruschjati
daran, wie der junge Chaldäer interessiert auf das Amulett gestarrt hatte. (Wie
war sein Name noch mal? Ach ja, er nannte sich Berossos, weil sein wirklicher
Name unaussprechbar war.) Natürlich hatte er als Babylonier seine wahre
Bedeutung gekannt. „Auf jeden Fall müssen wir das Personal im Auge behalten“,
erklärte Aspamithra, und Mannuja, die ausnahmsweise einmal seiner Meinung war,
nickte.
    Paruschjati erwiderte nichts mehr. Wenn es Apama gelungen
war, einen Spitzel bei ihr einzuschleusen, dann anderen vielleicht auch. Apama
war wahrscheinlich einfach nur neugierig und aufdringlich, doch Paruschjati war
bewusst, dass sie Feinde hatte. Statira natürlich und Raukschana, und sie waren
nicht die Einzigen. Doch die Vorstellung, dass es in ihrer nächsten Umgebung
womöglich einen Verräter gab, der nur darauf wartete, ihr in den Rücken zu
fallen, beunruhigte sie mehr, als sie zugab.

5
    „Komm mit“, hatte Barschina gesagt. „Ich muss dir etwas
zeigen. Nimm deinen Sonnenschirm mit.“
    „Warum?“
    „Lass dich überraschen! Und keine Dienerinnen oder
Eunuchen!“
    Ilissa, Barschinas Tochter, nicht viel jünger als
Paruschjati, kam ebenfalls mit. Barschina hatte die beiden Mädchen zunächst
durch die abgelegeneren Bereiche des Neuen Palasts geführt, dann durch die
Tunnel in den Stadtmauern und schließlich durch ein weiteres Labyrinth von
Gängen und Höfen. Unterdessen war Paruschjati immer mulmiger geworden, denn ihr
wurde klar, dass sie sich inzwischen im Alten Palast befand, wo sie absolut
nichts zu suchen hatte. Wahrscheinlich würde sie großen Ärger bekommen, wenn
man sie hier erwischte. Schließlich waren sie zu dritt einen langen, dunklen
Gang hinuntergeschlichen, an dessen Ende ihnen Tageslicht entgegenschimmerte.
Barschina blieb in dem engen Durchgang stehen, der nach draußen führte, und
winkte die beiden Mädchen zu sich.
    Vorsichtig blickten sie um die Ecke – und sahen in einen
riesigen, von Sonnenlicht durchfluteten Innenhof. Seine rechte Seite wurde von
einem Torbau mit wuchtigen Türmen abgeschlossen, dessen Fassade mit blau und
gelb glasierten Ziegeln verkleidet war. Den Sockel schmückte ein Relief mit
schreitenden Löwen. Vor dem bogenförmigen Hauptportal hielten Unsterbliche in
ihren farbenprächtigen, mit Goldapplikationen übersäten Gewändern Wache,
regungslos und mit aufgestellten Lanzen. Paruschjati hatte von diesem Tor
gehört, sie wusste, es führte in einen noch größeren Innenhof, an dem der
Thronsaal lag. Dort gab der Großkönig Audienzen für seine Untertanen und
ausländische Gesandte.
    „Siehst du die Männer

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