Die Perserinnen - Babylon 323
unhöflich, aber überzeugend, wie sie hoffte.
„In der Tat, ich sehe, du hast einen guten Appetit. Man
könnte fast meinen, dass du schwanger bist.“
„Zu dieser Annahme gibt es keinen Anlass“, erwiderte
Paruschjati schroff.
„Wirklich nicht?“ Apamas Dauerstrahlen verlor etwas von
seiner Intensität, und ihre Augen wurden schmal und lauernd, als sie auf
Paruschjatis Bauch starrte. „Wie lange hast du die Beschwerden denn schon?
Kommen sie vielleicht bevorzugt am Morgen? Dann könnten sie in der Tat ein
Hinweis auf eine Schwangerschaft sein, aber da gibt es noch andere Anzeichen.
Was ist zum Beispiel mit deiner … du weißt schon?“
Paruschjati legte den Rest des Honigkuchens auf den Teller
zurück. Apamas Fragerei gingen mittlerweile klar über das übliche Geschnüffel
hinaus. „Warum willst du das alles wissen?“
„Wir sind Freundinnen, natürlich interessiert es mich.“
„Apama, wir beide waren nie besonders gute Freundinnen. Warum
sagst du nicht einfach, worauf du hinauswillst?“
„Ich will auf gar nichts hinaus. Vielleicht waren wir
tatsächlich nicht besonders eng befreundet, aber wir sind in Schuscha viele
Jahre zusammen aufgewachsen. Natürlich interessiert mich, wie es dir geht, und
ich habe mir Gedanken gemacht, ob deine Übelkeit auf eine Schwangerschaft
zurückzuführen sein könnte. Ein naheliegender Gedanke, besonders wo ich selbst
ein Kind erwarte.“
„Ich kann dir nicht mehr sagen, als ich schon gesagt habe“,
erwiderte Paruschjati kühl. „Mir war eine Zeitlang ein wenig übel, aber jetzt
geht es mir wieder gut. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass ich
schwanger sein könnte.“
„Ein interessantes Amulett“, sagte Apama plötzlich. Ihre
Augen hatten angefangen zu glitzern, als sie etwas auf Paruschjatis Brust
fixierten.
Unwillkürlich fuhr Paruschjatis Hand nach oben und fand den
Anhänger, den Mannuja ihr gegeben hatte. „Es stellt Pazuzu dar, einen
babylonischen Schutzgeist gegen Übelkeit und Erbrechen.“
„Eigentlich steht Pazuzu eher im Verdacht, derartige
Beschwerden selbst zu verursachen. Aber er ist vor allem ein Feind von
Lamaschtu, einer Dämonin, die schwangere Frauen bedroht und neugeborene Kinder
aus der Wiege entführt. Ich habe genau das gleiche Amulett. Meine babylonische Köchin
hat es mir gegeben.“
Apama griff an ihren von der Schwangerschaft geschwollenen
Busen und tastete suchend in dem Dickicht von Amuletten, Anhängern und
Glücksbringern herum. Sie fand, was sie suchte, und hielt es Paruschjati
triumphierend vor die Nase. Paruschjati unterdrückte den Impuls sich
vorzubeugen, doch auch so konnte sie das Schmuckstück ohne Schwierigkeiten
erkennen. Es war es ein genaues Gegenstück zu ihrem eigenen.
Während Paruschjati mühsam ihre Bestürzung zu verbergen
versuchte, lächelte Apama mit zusammengekniffenen Augen. Sie schien zu
schnurren, wie eine Katze, die einen unbewachten Krug mit Sahne entdeckt hat
und sich in aller Ruhe darüber hermachen will.
„In drei Tagen habe ich ein kleines Fest geplant“, sagte
sie, „nichts Besonderes, nur ein gemütliches Zusammensein mit ein paar
Freundinnen, deren Männer genau wie meiner an diesem Morgen nach Arabaja
aufbrechen.“ Sie spielte mit dem Amulett an ihrem Hals. „Würdest du mir die
Ehre erweisen zu kommen?“
„Jemand muss geredet haben“, sagte Aspamithra und wischte
sich nervös den Schweiß von der Stirn. Inzwischen war es Abend geworden, doch
die Hitze schien an diesem Tag überhaupt nicht nachlassen zu wollen. „Und ich
denke, wir alle haben einen Verdacht, wer das gewesen sein könnte.“
„Tatsächlich?“, fragte Mannuja kühl. Sie und der Hofmeister
hatten häufig Meinungsverschiedenheiten, zumal ihre Aufgabenbereiche sich
überschnitten. Aspamithra stand dem Hofstaat als Ganzem vor, doch Mannuja war
oberste Instanz für alles, was Paruschjatis persönliches Wohlergehen betraf.
Meistens gelang es den beiden, sich einigermaßen zu arrangieren, doch immer,
wenn etwas schiefging, blitzte und donnerte es zwischen ihnen.
„Ich bin schon seit einiger Zeit mit Ischna unzufrieden“,
fuhr Aspamithra fort.
Beim Aufbruch nach Hause hatte es eine Verzögerung gegeben.
Eines der Kammermädchen, Ischna, war verschwunden und erst nach geraumer Zeit
wieder aufgetaucht. Angeblich hatte sie sich im Garten verlaufen. Mannuja hatte
ihr auf der Rückfahrt gründlich den Kopf gewaschen. Nach der Rückkehr in den
Palast hatte sich der Hofmeister mit Begeisterung auf den Vorfall
Weitere Kostenlose Bücher