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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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fuhr Sissingambri fort. „Nach Statiras Tod
fasste er eine gewisse … Zuneigung zu einer seiner Töchter. Paruschjati redete
ihm ein, dem Großkönig sei alles erlaubt, und ermutigte ihn, seine Tochter zu
heiraten. Seit den Tagen des verrückten Großkönigs Kambudschija kommt es in den
vornehmen Familien der Parsa vor, dass Bruder und Schwester heiraten. Aber
Vater und Tochter? Ein Frevel in den Augen von Göttern wie Menschen!“
    „Als Kind habe ich davon gehört, doch ich dachte, es seien
Lügen.“
    „Es waren keine Lügen. Der Großkönig hat sogar noch eine
zweite Tochter geheiratet. Durch ihre Enkelinnen hoffte Paruschjati weiter
Macht über ihn zu haben. Meine Großmutter war eine böse Frau. Manchmal glaube
ich, dass ihr Geist noch immer in diesen Räumen umgeht. Dann läuft mir ein
kalter Schauder über den Rücken, und das Licht scheint sich zu verdunkeln.“
    „Ich wusste nicht, dass sie deine Großmutter war“, sagte
Paruschjati überrascht.
    „Ich war eine Halbschwester deines Vaters. Als er den Thron
bestieg, ließ er alle seine Brüder umbringen. Für uns Schwestern war es klüger,
unsere Herkunft zu verheimlichen, und so wusste bald kaum noch jemand, wer ich
war. Dein Vater war ein schlechter Mensch.“ Sissingambri beugte sie sich vor
und griff nach Paruschjatis Hand. „Entschuldige, ich wollte dich nicht
verletzen.“
    Paruschjati drückte die knochigen Finger der alten Frau.
„Das hast du nicht. Ich weiß seit Langem, dass mein Vater viel Böses getan hat.
Er konnte nur Großkönig werden, weil er seine älteren Brüder durch Intrigen aus
dem Weg geräumt hatte. Es gab sogar Gerüchte, dass er seine Hand beim Tod
seines Vaters im Spiel hatte.“
    „Und das ist noch nicht einmal alles“, sagte die
Königinmutter. „Seine Schwester, die gleiche, die seinen Vater geheiratet
hatte, hatte ihm bei seinen Intrigen geholfen. Dafür hatte er ihr versprochen,
sie zu seiner Königin zu machen. Doch als er sein Ziel erreicht hatte, ließ er
sie lebendig begraben und heiratete stattdessen ihre Tochter.“
    „Das wusste ich nicht“, flüsterte Paruschjati entsetzt.
    „Niemand wagte es, darüber zu reden. Dein Vater war ein
starker Herrscher, er schlug mehrere Aufstände nieder und sorgte für Ordnung im
Reich. Doch seine Hände trieften vom Blut seiner eigenen Verwandten. Und er war
nicht der Einzige. In der Geschichte unserer Familie gibt es unvorstellbare
Gräuel. Vielleicht ist das der Grund, warum Ahura Mazda unser Haus zum
Untergang verdammt hat.“
    Sissingambri starrte vor sich hin. Ihre Haltung war weiter
in sich zusammengesunken, und ihre Hände lagen kraftlos in ihrem Schoß. Hat
sie recht?, fragte sich Paruschjati nicht zum ersten Mal. War das die
Erklärung für all das Unglück, das ihrer Familie widerfahren war? Doch dann
schüttelte sie den Kopf.
    „Unser Prophet Zarathuschtra hat uns gelehrt, dass jeder
Mensch die Wahl hat zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Licht und Dunkelheit.
Jeder muss seine Entscheidung für sich selbst treffen, niemand kann es für
einen anderen tun. Was uns widerfahren ist, war nicht der Wille Ahura Mazdas –
es ist geschehen, weil Menschen die Finsternis gewählt haben! Nach dem Tod
müssen sie die Verantwortung dafür übernehmen.“
    Auf dem vom Kummer gezeichneten Gesicht der alten Frau
breitete sich ein Lächeln aus. „Du hast recht, mich an unseren Glauben zu
erinnern. Einst waren wir Parsa arm, wir führten ein einfaches, aber
rechtschaffenes Leben. Deshalb hat Ahura Mazda unser Volk groß gemacht, er
erhob uns über alle anderen Völker und verlieh uns die Herrschaft über die Welt.
Doch dann ließen sich unsere Vorfahren von Macht und Reichtum verführen. Wir
Parsa müssen uns wieder auf unsere alten Werte besinnen, dann gibt es für uns
wieder eine Zukunft, auch wenn Ahura Mazda die Herrschaft jetzt anderen
verliehen hat.“
    „Dann wollen wir beten, dass die neuen Herren sich dieses
Geschenks als würdiger erweisen als einige unserer Vorfahren“, bemerkte
Paruschjati trocken.
    „Ich weiß, dass König Alaksanda würdig ist, denn er hat uns,
die Frauen und Kinder seiner besiegten Feinde, unter seinen Schutz genommen.
Barmherzigkeit gegenüber den Schwachen aber galt bei uns Parsa von jeher als
eine der größten Tugenden. Alaksanda wird die Macht, die Ahura Mazda in seine
Hände gelegt hat, verantwortungsvoll ausüben und sich niemals von ihr verführen
lassen.“
    Alexander hatte Sissingambri, die Mutter seines größten
Feindes, stets

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