Die Perserinnen - Babylon 323
war ohrenbetäubend. Neugierig blieben die Leute am
Straßenrand stehen. Der von Wachen und Eunuchen eskortierte Prunkwagen
signalisierte ein Maß an Bedeutung, das in allen Ländern und zu allen Zeiten
die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Das Haus von Apama und Seleukos lag in einem der vornehmsten
Stadtteile, wo sich luxuriöse Villen mit Gärten und Palmenhainen abwechselten,
neben einem der zahlreichen Tempel, die der Götterwelt Babylons geweiht waren.
Paruschjati wurde mit ihrer Begleitung in den weitläufigen Garten geführt, wo
Apama in einem Pavillon saß und den Sonnenuntergang verfolgte, der an diesem
Abend ein besonders spektakuläres Schauspiel bot. Sie war umringt von
Dienerinnen, die ihr frische Luft zufächelten, ihr Schultern und Füße
massierten und Kissen hinter den Rücken stopften. Apamas Bauch wölbte sich wie
eine Kugel.
„Reizend, dass du gekommen bist“, flötete sie. In ihrer
Einladung war von einer „netten Plauderei unter Freundinnen“ die Rede gewesen,
doch wie es aussah, wurden keine weiteren Besucherinnen erwartet. Apama wies
einladend auf den einzigen freien Sessel. „Setz dich doch! Mit dem dicken Bauch
kann ich mich kaum bewegen. Deshalb ist es im Moment schrecklich langweilig,
und ich freue mich, wenn eine Freundin mich besuchen kommt.“
Paruschjati nahm Platz. Bisher hatte sie nie den Eindruck
gehabt, dass Apama besonderen Wert auf ihre Gesellschaft gelegt hätte.
Die Gastgeberin wandte sich an Faiduma. „Du bist sicher
Fratagunas Tochter, ich erinnere mich an dich. Wie war noch mal dein Name? Ach
ja, Faiduma.“ Ihr Lächeln wirkte ein wenig gezwungen, als habe sie nicht mit
Faidumas Anwesenheit gerechnet. Sie ließ einen weiteren Stuhl bringen, damit das
Mädchen sich ebenfalls setzen konnte. Während Dienerinnen Weinbecher und
Platten mit Essbarem auf dem niedrigen Beistelltisch abluden, zwitscherte Apama
munter weiter. „Trinkt erst einmal etwas, heute ist es wieder unerträglich
heiß, findet ihr nicht auch? Ihr solltet die kleinen Honigkuchen probieren, und
die Granatäpfel sind einfach wunderbar!“
„Wie geht es dir?“, fragte Paruschjati, während sie in einen
Kuchen biss. „Ich hoffe, deine Schwangerschaft verläuft gut?“
„Danke der Nachfrage.“ Apama tätschelte die pralle Wölbung
unter ihrem Gürtel. „Mein Bauch ist hart und kugelrund. Ein sicheres Zeichen,
dass es ein Junge wird, sagen die Ärzte.“
„Darüber wird sich dein Mann sicher freuen“, erwiderte
Paruschjati mit einer Spur Bosheit.
„Äh, ja.“ Es war allgemein bekannt, dass Apama sich mit
Händen und Füßen gegen die Heirat mit Seleukos gesträubt hatte. „So ein dicker
Bauch ist ziemlich beschwerlich, und da gibt es außerdem noch ein paar
Unannehmlichkeiten, über die man nicht gerne mit Außenstehenden spricht.
Faiduma, möchtest du dir nicht den Garten anschauen? Wir halten hier ein paar
exotische Tiere, die dir bestimmt gefallen werden. Hast du vielleicht noch
einen Wunsch, Paruschjati? Nein? Dann soll man uns allein lassen, damit wir in
Ruhe über Dinge sprechen können, die man nur Schwestern und guten Freundinnen
anvertraut.“
Apama entließ ihre Dienerinnen mit einer Handbewegung. Dabei
warf sie Paruschjati einen verschwörerischen Blick zu, bis diese begriff und
ebenfalls ihre Begleitung fortschickte. Mannuja runzelte die Stirn, als sie
ging.
Sobald sie allein waren, zog Apama am Saum ihres Gewandes
und legte ihre Fußknöchel frei. „Schrecklich, nicht?“, flüsterte sie mit einem
Gesichtsausdruck, als enthülle sie ein Staatsgeheimnis. „Meine Füße sind so
geschwollen, dass sie wie die eines dieser Elefanten aussehen, die die Armee
aus Indien mitgebracht hat.“ Apama lachte, doch Paruschjati konnte nichts
Ungewöhnliches an ihren Füßen entdecken. „Aber ich will mich nicht beklagen.
Wenigstens ist die morgendliche Übelkeit vorbei. Zwei Monate lang musste ich
mich jeden Morgen übergeben. Einfach grauenhaft!“ Sie machte eine Pause und sah
Paruschjati erwartungsvoll an. Als keine Reaktion erfolgte, fuhr sie fort:
„Aber reden wir nicht immer von mir. Was ist mit dir? Geht es dir gut?“
„Danke der Nachfrage, hervorragend.“
„Ich habe gehört, du fühlst dich in letzter Zeit nicht
wohl.“
„Tatsächlich?“ Paruschjati nahm einen zweiten Honigkuchen
und biss mit demonstrativem Appetit hinein. „Ein vorübergehendes Unwohlsein.
Ich muss wohl etwas Falsches gegessen haben, aber inzwischen geht es mir wieder
gut.“ Sie redete mit vollem Mund,
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