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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Moment suche ich eine
Mitfahrgelegenheit zum Sommerpalast. Gibt es auf dem Schiff der edlen Damen
zufällig noch ein wenig Platz für einen Mann des Geistes?“
    Barsine, schon auf dem Bootssteg, blieb stehen und kicherte.
„Was meinst du, Paruschjati, sollen wir ihn mitnehmen, den ‚Mann des Geistes‘?“
    „Ich bin kein Transportunternehmen“, erklärte Eumenes
abweisend.
    Paruschjati musterte den selbst ernannten Geistesmann. Er
wirkte ein wenig ungepflegt, mit fettigem Haar und einem Bart, den seit
geraumer Zeit kein Barbier mehr gesehen haben konnte. Doch wenn der Mann
wirklich ein Gelehrter war, konnte eine Unterhaltung mit ihm interessant
werden. „Warum nicht?“
    Eumenes verdrehte die Augen und gab den Wachen ein Zeichen,
sich zurückzuziehen.
    „Die Damen sind ebenso mitfühlend, wie sie vornehm und schön
sind“, ließ sich der Unbekannte vernehmen, während er schwungvoll den Bootssteg
enterte.
    „Übertreib’s nicht, Ephippos“, warnte Eumenes.
    Auf dem Hinterdeck des Bootes war ein Sonnensegel für die
Passagiere aufgespannt, während die Ruderer, durchweg Einheimische, sich damit
begnügen mussten, ihre Köpfe mit Tüchern gegen die sengende Sonne zu schützen.
Paruschjati, Barsine und ihre Begleitung ließen sich mit Eumenes unter dem
Sonnendach nieder. Der Fremde schnappte sich einen Hocker und setzte sich uneingeladen
dazu. Inzwischen machten die Bootsleute unter lautem Geschrei die Leinen los,
und die Ruderer hielten sich für ihren Einsatz bereit.
    „Ephippos aus Olynthos“, stellte sich der Unbekannte vor.
„Schriftsteller und Historiker.“
    Wieder rollte Eumenes mit den Augen. Der Kapitän brüllte
Kommandos in der gutturalen Sprache der Einheimischen, und die Ruderer auf der
Steuerbordseite stießen das Boot vom Kai ab.
    Barsine erkundigte sich: „Was willst du eigentlich im
Sommerpalast?“
    „Ich recherchiere für mein Buch“, erklärte Ephippos.
    „Was ist das für ein Buch?“, wollte Paruschjati wissen.
    „Ein wahrheitsgetreuer und sorgfältig recherchierter Bericht
über das Leben am Hof König Alexanders. Die Öffentlichkeit in Griechenland hat
ein Recht darauf, umfassend informiert zu werden. Dürfte ich in diesem
Zusammenhang vielleicht eine Frage stellen?“
    „Bitte.“
    „Sind es nun dreihundert Konkubinen oder
dreihundertsechzig?“
    Paruschjati blinzelte überrascht. Die Barke nahm langsam
Fahrt auf und steuerte in die Mitte des Stroms.
    Ephippos fügte hinzu: „Es heißt, Alexander habe den Harem
seines Vorgängers übernommen. Herakleides aus Kyme hat behauptet, die
persischen Großkönige hätten sich dreihundert Konkubinen gehalten, aber Deinon
aus Kolophon spricht von dreihundertsechzig, eine für jede Nacht des Jahres.
Also, wie viele waren es denn nun wirklich?“
    „Ich habe nicht nachgezählt“, sagte Paruschjati, „aber so
viele waren es mit Sicherheit nicht.“
    „Aha.“ Ephippos klang ein wenig enttäuscht. „Stimmt es denn
wenigstens, dass sie abends um das Bett des Großkönigs getrieben wurden, damit
er sich eine für die Nacht aussuchen konnte?“
    „Jetzt ist es aber genug!“, sagte Eumenes.
    „Was ist das nur für ein Buch, das du da schreibst?“, fragte
Barsine. „Ihr Griechen habt völlig falsche Vorstellungen von einer königlichen
Konkubine, als sei sie eine Art Sex-Sklavin – eine typisch griechische
Männerfantasie! Eine Konkubine galt zwar nicht als rechtmäßige Gemahlin des
Großkönigs und konnte ihm daher keine legitimen Söhne schenken, aber sie war
eine Dame von Ansehen und respektabler Herkunft. Und da es dich so
interessiert: Die hohen Zahlen, von denen du sprichst, erklären sich dadurch,
dass im Palast nicht nur die Konkubinen des jeweils regierenden Großkönigs
lebten, sondern auch die seiner Vorgänger. Zum Beispiel dürfte es noch einige
ehrwürdige Damen aus der Zeit meines Urgroßvaters geben, des Großkönigs
Artaxerxes Mnemon.“
    „Und was ist mit Alexander? Besucht er sie regelmäßig? Ich
meine natürlich die jüngeren Damen.“
    Ischna, Paruschjatis Kammermädchen, begann zu kichern.
„Warum fragst du ihn nicht selbst? Er müsste es doch am besten wissen!“
    Mannuja warf ihrer Großnichte einen vernichtenden Blick zu,
und ihr Kichern ging in ein verlegenes Hüsteln über.
    „Es reicht jetzt wirklich“, sagte Eumenes zu Ephippos. „Wenn
du dich in Gegenwart königlicher Damen nicht benehmen kannst, lasse ich dich in
den Euphrat werfen.“
    „Wechseln wir das Thema“, meinte Ephippos eilfertig.

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