Die Perserinnen - Babylon 323
auf
Perdikkas zu.
Paruschjati folgte ihr notgedrungen, doch sie ärgerte sich,
dass sie sich von Barsine hatte mitschleppen lassen, zumal ihr gerade klar wurde,
dass sie gar nicht wusste, was sie hier genau wollten.
Barsine blieb stehen. „Wir sind gekommen, um den König zu
besuchen“, erklärte sie Perdikkas kühl. „Lass uns bitte melden.“
„Ausgeschlossen.“ Der Leibwächter hatte ein scharf
geschnittenes Gesicht, strohblonde Haare und hellblaue Augen. „Der König hat
heute viel zu tun.“
„Wir warten gerne.“
„Er empfängt heute niemanden.“
„Sei so gut und melde dem König unsere Ankunft. Vielleicht
findet er doch ein wenig Zeit für uns.“
„Wie ich schon sagte: Der König empfängt niemanden.“
Perdikkas’ schmale Lippen verzogen sich zu einem herablassenden Lächeln. „Ihr
solltet in den Neuen Palast zurückkehren. Man wird euch Bescheid geben, falls
der König in den nächsten Tagen Zeit für euch erübrigen kann.“
Ratlos sah Paruschjati Barsine von der Seite an. Was für ein
Pech, dass an diesem Tag ausgerechnet Perdikkas Dienst hatte, der berüchtigt
war für seine Arroganz und außerdem so flexibel wie Tonziegel. Auch vielen
seiner Offizierskollegen fiel seine Großspurigkeit auf die Nerven.
Unglücklicherweise war Perdikkas zurzeit der ranghöchste makedonische Offizier
in Babylon.
„Ich bin Prätor des römischen Volkes“, machte sich wieder
der Sprecher der Gesandtschaft bemerkbar, „und ich verlange, dass man uns
endlich vorlässt.“
Perdikkas wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Gesandten
zu und beachtete die beiden Frauen nicht mehr weiter. Barsine und Paruschjati
wollten bereits geschlagen den Rückzug antreten, als die Tür aufsprang und
Nearchos herauskam. Der Befehlshaber der königlichen Flotte drängelte sich
durch die Menge von Eunuchen, die den Eingang verstopfte.
„Barsine! Was machst du denn hier?“ Dann bemerkte er
Paruschjati und verbeugte sich. „Königin Parysatis!“
Barsine erwiderte: „Wir wollen zum König, um zu sehen, wie
es ihm geht, aber man will uns nicht vorlassen.“
„Vielleicht kann ich euch weiterhelfen. Ich war gerade bei
Alexander und habe mich lange und ausgiebig mit ihm unterhalten. Wir können
draußen im Park miteinander reden. Dort ist es ohnehin kühler als hier.“
„Sehr freundlich von dir.“ Barsine warf Perdikkas einen
letzten kalten Blick zu, ehe sie ihrem Schwiegersohn den Arm reichte und sich
von ihm zum Ausgang führen ließ. Paruschjati folgte den beiden. Als sie gerade
den Durchgang passieren wollten, kam ihnen der Arzt Philippos mit seiner
Assistentenschar entgegen. Er blieb stehen, um sie vorbeizulassen.
Als Paruschjati an ihm vorüberging, sprach er sie an. „Wir
haben uns in den letzten Tagen nicht gesehen. Geht es dir inzwischen wieder
gut?“
„Danke der Nachfrage“, erwiderte Paruschjati. „Ich fühle
mich ausgezeichnet.“
„Noch irgendwelche Beschwerden?“
„Keine. Alles bestens.“
Philippos musterte sie mit einem zweideutigen Lächeln. „Da
bin ich aber beruhigt.“
„Wie geht es dem König?“, nutzte Paruschjati die
Gelegenheit, vielleicht an Informationen aus erster Hand zu kommen.
„Um das in Erfahrung zu bringen, bin ich hier. Wir du
siehst, befinde ich gerade auf dem Weg zu meinem Patienten und kann erst
Genaueres sagen, wenn ich ihn untersucht habe. Bitte entschuldige mich jetzt,
ich werde erwartet.“
Nearchos führte die beiden Frauen und ihr Gefolge durch ein
Gewirr von Gängen, Räumen und Höfen hinaus in den weitläufigen Park, der den
Palast zum Fluss hin abschloss. Sie ließen sich in einem Pavillon an einem
großen Wasserbecken nieder.
„Hier lässt es sich aushalten“, seufzte Nearchos und
streckte die Beine aus. „Ich glaube, dies ist der kühlste Platz im ganzen
Sommerpalast, wahrscheinlich in ganz Babylon. Heute herrscht wirklich eine
Affenhitze. Allerdings längst nicht so schlimm wie damals in Indien. Wer die
Hitze dort erlebt hat, dem kommt die in Babylon völlig harmlos vor. Ich
erinnere mich an …“
„Wie geht es dem König?“, fragte Barsine, ehe ihr
Schwiegersohn sich in seinen Erinnerungen verlieren konnte.
„Ach ja, natürlich. Also, gestern und heute hat das Fieber
tagsüber nachgelassen, in den Nächten ist es wieder gestiegen. Aber im Großen
und Ganzen fühlt Alexander sich schon viel besser. Gestern ging es ihm sogar
gut genug, um den halben Tag mit Medios Würfel zu spielen, und nach dem
Offizierstreffen heute Vormittag hat er
Weitere Kostenlose Bücher