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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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gestorben und das Kind vielleicht erst halb geboren, oder geboren, aber noch nicht von der Mutter getrennt. Manche Frauen starben schon in den Wehen und geba-ren gar nicht; und so vielfältig waren die Fälle dieser Art, daß man sie kaum alle übersehen kann.
    Etwas davon kann man in den ungewöhnlichen Zahlen auf-scheinen sehen, die auf den wöchentlichen Sterberegistern eingetragen stehen (obwohl ich weit davon entfernt bin, ihnen zuzugestehen, daß sie einen auch nur annähernd vollständigen Bericht geben), und zwar unter den Rubriken:

    Wochenbett
    Früh- und Totgeburten
    Täuflinge und Kleinkinder

    Nehmen wir die Wochen, in denen die Pest am heftigsten war, und vergleichen sie mit den Wochen des gleichen Jahres vor dem Ausbruch der Seuche. Zum Beispiel:

    Wochenbett

    Frühgeburten
    Totgeburten
    Vom 3. Januar bis 10. Januar 7
    1
    13
    ˝ 10. ˝
    ˝ 17. ˝
    8
    6
    11
    ˝ 17. ˝
    ˝ 24. ˝
    9
    5
    15
    ˝ 24. ˝
    ˝ 31. ˝
    3
    2
    9
    ˝ 31. ˝
    ˝ 7. Februar 3
    3
    8
    ˝ 7. Februar ˝ 14. ˝
    6
    2
    11
    ˝ 14. ˝
    ˝ 21. ˝
    5
    2
    13

˝ 21. ˝
    ˝ 28. ˝
    2
    2
    10
    ˝ 28. ˝
    ˝ 7. März
    5
    1
    10

    48

    24

    100

    150

    Wochenbett

    Frühgeburten

    Totgeburten
    Vom 1. August bis 8. August 25
    5
    11
    ˝ 8. ˝
    ˝ 15. ˝
    23
    6
    8
    ˝ 15. ˝
    ˝ 22. ˝
    28
    4
    4
    ˝ 22. ˝
    ˝ 29. ˝
    40
    6
    10
    ˝ 29. ˝
    ˝ 5. Sept.
    38
    2
    11
    ˝ 5. Sept. ˝ 12. ˝
    39
    23
    –
    ˝ 12. ˝
    ˝ 19. ˝
    42
    5
    17
    ˝ 19. ˝
    ˝ 26. ˝
    42
    6
    10
    ˝ 26. ˝
    ˝ 3. Oktober 14
    4
    9

    291

    61

    80

    Zu der großen Verschiedenheit dieser Zahlen ist noch zu sagen und zu berücksichtigen, daß es – und darüber pflegten wir alle, die damals an Ort und Stelle weilten, einer Meinung zu sein – während der Monate August und September nicht ein Drittel soviel Menschen in der Stadt gab, wie es im Januar und im Februar gewesen waren. In einem Wort, eine durchschnittli-che Zahl derer, die gewöhnlich an einem dieser drei Dinge starben, und die Zahl derer, die daran, wie ich höre, tatsächlich im Jahre zuvor starben, lautete so:

    1664:
    Wochenbett
    189
    Früh- und Totgeburten
    458

    647

    Hingegen 1665:
    Wochenbett
    625
    Früh- und Totgeburten
    617
    1242

    Diese Ungleichheit, sage ich, verschärft sich noch erheblich, wenn man die Bevölkerungszahl in Betracht zieht. Ich maße 151

    mir nicht an, eine genaue Berechnung der Zahl der Bevölkerung, die zu der Zeit in der Stadt war, zu unternehmen, aber ich werde in diesem Betreff schrittweise zu einem Wahrscheinlichkeitsüberschlag zu kommen suchen. Was ich jetzt eben sagte, soll nur das Elend jener armen Menschenkinder beleuch-ten, von denen man wohl sagen könnte, wie es die Schrift tut:
    »Wehe den Frauen in jenen Tagen, die schwanger sind, und wehe denen, die ein Kind säugen!« Denn fürwahr, ein Wehe war es für sie ganz besonders.
    Ich hatte zu nicht vielen der einzelnen Familien, wo diese Dinge sich zutrugen, Beziehungen, aber die Aufschreie der Bejammernswerten waren weit in der Ferne zu hören. Was die Schwangeren angeht, haben wir eine Berechnung vorliegen; 291 Frauen waren in neun Wochen im Kindbett gestorben, während in einem gewöhnlichen Jahr während der gleichen Zeit bei einer dreifachen Einwohnerzahl nur 84 aus derselben Ursache starben. Der Leser mag sich selbst die Proportion ausrechnen.
    Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Jammer für die stil-lenden Mütter ebenso groß war. Unser Sterberegister konnte darüber nur wenig Licht verbreiten, aber einiges erhellte es doch. Es waren einige mehr als gewöhnlich, die während der Stillzeit verhungerten, aber das war noch nichts. Das Elend fing erst an, als sie aus Mangel an Pflege verhungerten: Die Mutter starb, und dann fand man die ganze Familie und die Kinder mitsammen tot, einfach dem Mangel erlegen; und wenn ich meine Meinung sagen darf, so glaube ich, daß viele Hunderte armer hilfloser Kinder auf diese Weise umgekommen sind. Das nächste war, daß sie nicht verhungerten, sondern sich beim Stillen vergifteten.
    Ja, auch wenn die Mutter selbst stillte, vergiftete sie, hatte sie einmal die Ansteckung, vielleicht ohne es zu wissen, das Kind, das heißt, sie infizierte es mit ihrer Milch; und in solchen Fällen starb dann das Kind gar vor der Mutter. Ich darf nicht 152

    vergessen, der Nachwelt diese Mahnung zu hinterlassen: Sollte dieser Stadt wieder eine solche furchtbare Heimsuchung widerfahren, dann sollten alle schwangeren Frauen und stillen-den Mütter, wenn sie es nur irgend ermöglichen können, den Ort verlassen,

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