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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Schiffen, wo man nicht so wachsam gewesen war wie auf den anderen, die Matrosen am Anlandgehen zu hindern; und er sagte, es sei ein schöner Anblick, die Schiffe so den ganzen Pool hinauf liegen zu sehen.
    Als er sagte, er werde nach Greenwich hinüberfahren, sobald die Flut einsetze, fragte ich, ob er mich mit ihm fahren lassen und mich wieder zurückbringen wolle, denn es liege mir viel daran, die Schiffe so aufgereiht zu sehen, wie er mir erzählt habe. Er sagte, wenn ich ihm mein Wort als Christ und aufrechter Mann geben wolle, daß ich nicht die Pest habe, dann sei er einverstanden. Ich versicherte ihm, daß ich sie nicht hatte; daß es Gott gefallen habe, mich zu verschonen; daß ich in Whitechapel wohnte, aber nicht die Geduld besäße, so lange im Hause zu bleiben, und daß ich mich so weit hinausgewagt hätte, um ein wenig frische Luft zu schöpfen, aber daß niemand in meinem Hause auch nur einen Hauch von der Pest habe.
    »Nun gut, Sir«, sagte er, »da Euer gutes Herz Euch für mich und meine arme Familie zu Mitleid bewegt hat, könnt Ihr nicht so gefühllos sein und in mein Boot einsteigen, ohne wirklich ganz gesund zu sein, denn das würde nicht weniger bedeuten, als mich zu töten und meine ganze Familie ins Unglück zu stürzen.« Der arme Mann machte mir so zu schaffen, als ich ihn mit solch verständiger Sorge und auf solch liebevolle Art von seiner Familie sprechen hörte, daß ich es zuerst nicht über mich brachte, überhaupt mitzufahren. Ich sagte ihm, ich wolle mir lieber meine Neugier aufsparen, als ihn unruhig zu machen, obwohl ich sicher sei und sehr dankbar dafür, daß ich nicht mehr von der Pest an mir trage als der frischeste Mensch der Welt. Nun, er wollte auch nicht, daß ich es aufschöbe, und um mir zu beweisen, mit welcher Gewißheit er mir Vertrauen 143

    schenkte, drang er nunmehr in mich mitzufahren; und so stieg ich denn, als die Flut bis zu seinem Boot gekommen war, ein, und er fuhr mich nach Greenwich. Während er die Sachen einkaufte, die er zu kaufen beauftragt war, ging ich auf die Höhe des Hügels hinauf, zu dessen Füßen die Stadt liegt, und auf die Ostseite der Stadt, um eine Aussicht auf den Fluß zu haben. Wirklich, es war ein überraschender Anblick zu sehen, wieviele Schiffe da in Reihen lagen, immer zwei und zwei, und an manchen Stellen zwei oder drei solcher Reihen in der ganzen Breite des Flusses; und das nicht nur ganz bis zur Stadt hin auf der Flußstrecke, die der Pool heißt, zwischen Ratcliff und Redriff, sondern auch den ganzen Fluß abwärts, ja bis nach Long Reach hinunter, dessen Höhe das Entfernteste ist, was die Hügel uns zu sehen erlauben.
    Ich kann die Zahl der Schiffe nicht schätzen, aber ich glaube, es müssen mehrere hundert Segel gewesen sein; und ich konnte diesem Ausweg, den man da gefunden hatte, nur Beifall zollen, denn zehntausend Menschen, vielleicht mehr, die mit dem Schiffsgewerbe zu tun hatten, waren hier sicherlich vor dem Toben der Seuche geschützt und lebten recht sicher und bequem.
    Ich kehrte zufrieden mit meiner Tagereise und besonders mit meinem armen Freund in meine Wohnung zurück; und es freute mich auch zu sehen, daß für so viele Familien in der Zeit solcher Trübsal diese kleinen Zufluchtsorte geschaffen worden waren. Ich beobachtete dann, daß so, wie die Pest an Heftigkeit zunahm, die Schiffe mit Familien an Bord sich entfernten und weiter fort fuhren, bis zuletzt, so hat man mir erzählt, manche ganz auf See hinausgingen und an der Nordküste die Häfen und ungefährdeten Plätze aufsuchten, die sie am besten erreichen konnten.
    Aber es war ebenfalls wahr, daß die Leute, die so das Land verlassen hatten und auf den Schiffen lebten, nicht vollkommen sicher vor der Ansteckung waren, denn viele starben und 144

    wurden über Bord in den Fluß geworfen, manche in Särgen, manche, wie ich hörte, auch ohne, und ihre Leichen konnte man öfters mit der Flut den Fluß hinauf und hinunter treiben sehen.
    Aber ich glaube, ich kann so weit gehen zu sagen, daß bei den Schiffen, die dennoch infiziert wurden, es geschah, entweder weil man sich da zu spät besonnen hatte und erst dann auf das Schiff ausgewichen war, als man schon zu lange am Land verweilt hatte und die Pest bereits im Leibe trug, vielleicht ohne es selbst zu bemerken; und so ist die Pest nicht zu ihnen an Bord gekommen, sondern sie haben sie in Wahrheit selbst mitgebracht; oder es geschah auf jenen Schiffen, wo, wie es der arme Fährmann sagte, man nicht mehr

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