Die Pest Zu London
vor, sie mit Milde und Mitgefühl zu behandeln, nicht aber mit rücksichtsloser Gewaltanwendung, wie es der Fall gewesen wäre, hätten sie die Kranken aus ihren Häusern schleppen lassen oder ihnen auferlegt, sie selbst fortzuschaffen.
Das bringt mich wieder dazu, der Zeit Erwähnung zu tun, als die Pest zuerst ausbrach, ich meine, als es gewiß wurde, daß sie sich über die ganze Stadt ausbreiten werde; damals ließen es sich zuerst die Wohlhabenderen gesagt sein und machten sich schleunigst auf, um die Stadt zu verlassen. Es war wirklich so, wie ich es beschrieb, daß das Gedränge auf der Straße so groß war, der Kutschen, Pferde, Wagen und Karren, die da Leute hinausfuhren und -zogen, so viele waren, daß es aussah, als ob die ganze Stadt davonlaufe; und wären zu dem Zeitpunkt irgendwelche Verfügungen erlassen worden, die Anlaß zur Bestürzung gegeben hätten, insbesondere solche, die sich unterfangen hätten, den Leuten Weisungen zu erteilen, die ihren eigenen Entschlüssen zuwidergelaufen wären, es hätte City sowohl wie Vororte in den wildesten Aufruhr versetzt. Aber die Obrigkeit war klug genug, den Leuten Anlaß zu geben, sich ermutigt zu fühlen, man traf sehr gute Anordnungen zur Verkehrsregelung, sah auf gute Ordnung in den Straßen und gab den Bürgern aller Klassen jede erdenkliche Möglichkeit.
Zunächst faßten der Lordbürgermeister und die Sheriffs, der Stadtrat und eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern der Gemeinderäte oder ihre Stellvertreter den Entschluß und gaben ihn bekannt, nämlich daß sie selbst die Stadt nicht verlassen, sondern stets zur Verfügung stehen würden, um überall Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und auf jedem Gebiet für Gerechtigkeit zu sorgen; ebenso um den Armen die Gaben der öffentlichen Wohltätigkeit zuzuteilen; und, in einem Wort, um ihre Pflicht zu tun und sich des Vertrauens, das von seiten der Bürgerschaft auf sie gesetzt worden war, nach besten Kräften würdig zu erweisen.
In Verfolgung dieser Grundsätze hielten der Lordbürgermeister, die Sheriffs usw. mehr oder weniger täglich Ratssitzungen, um die Entscheidungen zu treffen, die sie für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung für notwendig erachteten; und obwohl sie die Bevölkerung mit aller nur möglichen Behutsamkeit und Sachtheit anfaßten, so wurden doch freche Schurken jeder Art, wie Diebe, Einbrecher, Leichenfledderer und Ausplünderer der Kranken gehörig bestraft, und verschiedene Ächtungserklärungen gegen solche wurden durch den Lordbürgermeister und den Stadtrat immer wieder veröffentlicht. Auch wurde allen Konstablern und Gemeindevorstehern unter Androhung schwerer Strafe auferlegt, in der Stadt zu bleiben oder solche fähigen und geeigneten Ersatzmänner zu stellen, wie sie die Anerkennung eines stellvertretenden Stadtrates oder eines Gemeinderatsmitglieds fänden, und für die sie sich verbürgen müßten; und diese Bürgschaft galt auch für den Todesfall, daß sie nämlich dann sogleich andere Konstabler anstelle der hingeschiedenen aufstellen würden.
Diese Dinge wirkten ungemein beruhigend auf die Gemüter der Leute, besonders auf ihren ersten Schrecken hin, als schon von einem so allgemeinen Auszug die Rede war, daß für die Stadt die Gefahr bestanden hätte, von allen ihren Bewohnern, mit Ausnahme der Armen, vollständig verlassen zu werden, und dem Lande die Plünderung und Verwüstung durch das niedere Volk gedroht hätte. Und die Obrigkeit zeigte kein Versagen, und sie standen alle ihren Mann, so tapfer, wie sie es versprochen hatten; der Lordbürgermeister und die Sheriffs waren dauernd auf den Straßen und dort, wo die Gefahr am größten war, und wenn sie es auch nicht gern hatten, von zu großen Besuchermassen umdrängt zu werden, haben sie doch in Notfällen den Leuten niemals den Zutritt zu sich verweigert und immer mit aller Geduld ihre Bekümmernisse und Beschwerden angehört. Der Lordbürgermeister ließ sich eigens eine niedrige Galerie in seinem Saal errichten, auf der er ein wenig Abstand von der Menge nehmen konnte, wenn er sich Beschwerden anhörte, so daß sein Erscheinen ihm möglichst geringe Gefahr brachte.
Ebenso nahmen die zuständigen Beamten, Lordbürgermeisters Dienstleute genannt, ihre Amtspflichten beständig wahr und verrichteten ihren Dienst der Dienstordnung gemäß; und wenn einer von ihnen krank wurde oder sich ansteckte, wie es bei einigen geschah, wurde sogleich ein neuer eingestellt, um seinen Platz einzunehmen und für ihn Dienst
Weitere Kostenlose Bücher