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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Einfahrtstraßen angehalten wurden und dort ihre Waren feilboten; da verkauften sie an Ort und Stelle, was sie gebracht hatten, und kehrten sofort wieder zurück; und die Leute vom Land waren dessen nur froh, denn sie konnten ihre Sachen gleich am Eingang der Stadt verkaufen oder sogar auf offenen Feld, wie besonders auf den Feldern hinter Whitechapel, auf den Spitalfields * ; ebenso auf den St. Georgs Feldern in Southwark, auf den Bunhill Feldern und auf einem großen Feld, das Wood’s Close heißt, in der Nähe von Islington. Dorthin schickten der Lordbürgermeister, die Stadträte und hohen Magistratsbeamten ihre Unterstellten und Dienstboten, für ihre Familien einzukaufen, während sie selbst sich soweit wie möglich innerhalb ihrer Häuser hielten, und ähnlich taten es viele andere; und seit man diese Methode befolgte, kamen die Leute vom Land mit der freudigsten Bereitwilligkeit und brachten Lebensmittel aller Art herbei, und äußerst selten stieß einem von ihnen etwas zu, was, wie ich glaube, zu dem Gerücht beitrug, sie seien auf wunderbare Art verschont worden.
    Was meinen kleinen Hausstand angeht, so hatte ich, wie gesagt, einen Vorrat an Brot, Butter, Käse und Bier angelegt und nahm den Rat meines Freundes und Arztes an und schloß mich mit meinen Hausgenossen ein und nahm mir vor, lieber für ein paar Monate die Entbehrung einer fleischlosen Kost zu ertragen, als Fleisch unter Gefahr für unser Leben zu kaufen.
    Aber obwohl ich meine Hausgenossen festsetzte, konnte ich meiner nimmersatten Neugier doch nicht soweit gebieten, daß ich selbst stets im Hause blieb; zwar kam ich gewöhnlich von Furcht und Entsetzen gepackt zurück, aber es litt mich dennoch nicht lange daheim; nur daß ich nicht so häufig mehr ausging wie vordem.
    In der Tat oblagen mir einige kleinere Pflichten, wie zum Haus meines Bruders zu gehen, das in der Pfarre Coleman Straße lag und das er meiner Sorge anvertraut hatte, und dort ging ich hin, zuerst jeden Tag, aber später nur ein- oder zweimal in der Woche.
* Die Straße, die jetzt Spitalfields heißt, war damals tatsächlich noch offenes Feld. (Anmerkung aus der Edition von 1754.)
    Bei diesen Gängen stieß ich auf viele gräßliche Szenen, so zum Beispiel, daß Menschen auf der Straße tot hinfielen, und auf Frauen, die schreckliche Schreie ausstießen und laut kreischten; in ihrer Todesangst stießen sie die Fenster ihrer Schlafkammern auf und schrien auf das gräßlichste und bestürzendste hinaus. Es ist unmöglich zu beschreiben, auf wie verschiedene Art in Haltung und Gebärde die armen Menschen ihre Leiden ausdrückten.
    Als ich einmal durch den Tokenhouse Yard in Lothbury ging, öffnete sich plötzlich just über meinem Kopf mit Heftigkeit ein Fenster, und eine Frau schrie dreimal fürchterlich auf und rief dann: »Oh, Tod, Tod, Tod!« in einem Ton, den man nicht nachahmen kann und der mir mit einem Frösteln tief ins Mark drang. Es war auf der ganzen Straße niemand zu sehen, auch keines der anderen Fenster öffnete sich, denn die Leute waren jetzt niemals mehr neugierig, und es konnte ja auch keiner dem andern helfen, und so ging ich weiter in die Glocken-Gasse hinein.
    Eben war ich in der Glocken-Gasse, auf der rechten Gehseite, als ein noch schrecklicherer Schrei ertönte, obgleich er nicht aus einem offenen Fenster kam; aber das ganze Haus mußte in einem Aufruhr des Schreckens sein, und ich konnte Frauen und Kinder schreiend und wie von Sinnen durch die Zimmer rennen hören, dann öffnete sich ein Dachkammerfenster, und aus einem der Fenster auf der anderen Seite der Gasse rief jemand und fragte: »Was gibt es?« worauf aus dem ersten Fenster die Antwort kam: »O Gott, der alte Herr hat sich aufgehängt!« Der andere fragte wiederum: »Ist er schon tot?« und der erste antwortete: »Ja, ja, ganz tot; ganz tot und kalt!« Dieser Mensch war ein Kaufmann und stellvertretender Stadtrat und sehr reich.
    Ich möchte seinen Namen nicht erwähnen, obwohl er mir bekannt ist, aber das wäre für die Familie peinlich, die jetzt wieder sehr erfolgreich ist.
    Aber dies war nur einer; es ist kaum glaublich, was für grausige Fälle sich jeden Tag in einzelnen Familien ereigneten. Menschen, die in der Hitze des Fiebers oder in der Pein ihrer Geschwülste, die in der Tat unerträglich war, außer sich gerieten, rasend und wahnsinnig wurden und oft gewaltsam Hand an sich legten, sich zum Fenster hinausstürzten, sich erschossen etc.; Mütter, die im Irrsinn ihre eigenen Kinder

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