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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sie vom Rücken der Stute glitt.
    »Was für ein niedliches Ding, auch wenn's nach Rauch riecht ...«
    Lucia richtete sich auf und versuchte ihr Glück mit Frechheit.
    »Vielleicht bin ich ja gar keine Jüdin!«, spie sie dem Mann entgegen. »Sondern eine Hexe, die eben der Hölle entkam, wo sie mit ihrem Buhlen konferierte!«
    Der ältere Büttel, anscheinend ein Dummkopf, wich zurück und bekreuzigte sich. Der jüngere lachte und griff nach Lucias Taille. Er hob sie mühelos hoch und warf sie auf den Tisch in der Wachstube. »Ah ja, du willst gestehen!« Er grinste. »Das passt gut, denn tatsächlich sucht man in der Stadt auch nach einer Hexe! Der Vettel aus der Augustinergasse, die dort meinte, die Pest heilen zu können. Aber das wirst du kaum sein, dafür bist du zu jung und schön!«
    Lucia durchfuhr es eiskalt. Also war es diesen Mördern und Strauchdieben tatsächlich gelungen, die Schuld am Brand in ihrem Haus auf die Pestärztin zu schieben.
    »Ach, Martin, das weiß man nie!« Der Ältere bekreuzigte sich wieder; er schien ein bisschen Angst zu haben, Lucia zu berühren. »Die Weiber sind doch mit dem Satan im Bunde, der macht sie mit einem Handstreich wieder jung und schön!«
    Lucia wies auf das Kruzifix an ihrem Hals. Ein Geschenk von Clemens, über das sie sich zunächst gewundert hatte. Schließlich wusste er, dass sie dem Christentum nicht ganz ohne Zweifel gegenüberstand.
    »Aber es schützt dich!«, hatte er gesagt. »Trag es immer, dann kann man dich nicht so leicht der Magie bezichtigen. Glaub mir, das ist wichtig, Lucia! Ich habe schon Männer als Hexenmeister brennen sehen, die nichts anderes getan haben, als Fragen zu stellen, die der Kirche nicht genehm waren. Um wie viel gefährdeter bist du da als Weib, wenn du Kranke heilst! Trag das Kruzifix, Lucia! Tu es für mich!«
    Jetzt entfaltete das kleine Kreuz seine Wirkung, auch wenn der Schutz sicher nicht so aussah, wie Clemens es sich erhofft hatte. Der ältere Büttel entspannte sich - was sich vor allem darin äußerte, dass er gierig nach Lucias Körper griff. Sie trug eine leichte Sukenie über einem engen Untergewand. Das Überkleid war bis zu den Knien geschlitzt, was den alten Büttel besonders anzuregen schien. Er schob es höher und tastete nach ihren Oberschenkeln.
    Der Jüngere entblößte ihre Brüste.
    »Lasst mich!«, schrie Lucia. »Oder ich ...«
    »Oder was, Süße?«, fragte der Jüngere und schob sein Gesicht zwischen ihre Brüste, um sie mit klebrigen Küssen zu bedecken. »Rufst du den Teufel zu Hilfe? Vergiss es. Und fang bloß nicht an zu kratzen!«
    Er hielt Lucias zu Klauen gekrümmte Hände fest, die eben in Richtung seines Gesichts fuhren. Ein hässliches, dunkles Gesicht, wie das einer Ratte mit winzigen, wässerig blauen Augen ...
    »Denk dran, du willst raus aus der Stadt. Das geht nicht, ohne Zoll zu zahlen!«
    »Nimmst du dir deinen Anteil zuerst, oder soll ich?« Die Hand des Älteren ertastete Lucias Scham. Sie wand sich unter ihm, aber er ließ nicht locker.
    Der Jüngere schüttelte grinsend den Kopf. »Lass mich erst mit der Kleinen einig werden, Berthold. Wenn sie sich nicht wehrt, macht es viel mehr Spaß. Also, was ist, Süße? Spielst du ein bisschen mit uns? Wäre sonst schade um das hübsche Kleid. Das reißt, wenn Berthold richtig zupackt!«
    Lucia wünschte sich nichts sehnlicher, als das Rattengesicht zu zerkratzen, das jetzt mit scheinbar treuherzigem, verständnisvollem Ausdruck über ihr schwebte. Aber dann stieg wieder die Kälte in ihr auf, die sie vorhin schon im Stall von Leas Haus empfunden hatte. Sie schien alle Gefühle in ihr zu ersticken und nur Raum für einen Gedanken zu lassen: überleben um jeden Preis. Und so gesehen bestand der einzige Ausweg darin, diese Kerle zu ertragen. Der jüngere Büttel hatte recht: Man würde sie so oder so nehmen; es war unsinnig, dabei das einzige Kleid zu ruinieren, das sie noch besaß. Besser, sie machte gute Miene zum bösen Spiel. Eine Stunde Angst und Ekel, aber dann würde sie frei sein ...
    Lucia nickte. Sie brachte kein Wort heraus, deutete jedoch an, sich entkleiden zu wollen. Der Mann, den sein Freund Martin nannte, ließ sie daraufhin tatsächlich los. Sie warf einen letzten Blick durch das Tor auf den Fischmarkt: Es war keine Rettung in Sicht. Und auch eine Flucht in die Gassen um den Marktplatz war aussichtslos. Damit verlor sie nur ihr Reittier und den Leuchter - und stand morgen womöglich als Hexe vor Gericht.
    Lucia streifte ihre

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