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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Sofern er sich zu den ritterlichen Tugenden bekennt oder irgendetwas in der Richtung - so genau kenne ich mich da auch nicht aus. Hierzulande kommt es schließlich nicht vor. Aber im Heiligen Land schlägt sich der christliche ganz gern mit dem maurischen Adel, sowohl auf dem Schlachtfeld wie auf dem Turnierplatz.« Zacharias begutachtete mit gerunzelter Stirn die Einkäufe der Frauen. Daphne erschien ihm etwas zu putzsüchtig, aber an den dunklen Bändern für ihr neues Kleid, die sie mit Leas Hilfe ausgesucht hatte, gab es nichts auszusetzen.
    »Aber zuschauen dürfen wir schon, liebe Lea«, sprach er schließlich weiter. »Das können sie uns nicht verwehren, sonst müssten sie auch die jüdischen Händler vom Turnierplatz verweisen. Und davon werden reichlich da sein! Die Kaufleute bauen Stände auf, und für die Pferdehändler ist das Turnier stets das Geschäft des Jahres. Die Ritter führen schließlich Zweikämpfe aus, und der Sieger gewinnt Rüstung und Pferd des Gegners. Das Streitross macht er dann natürlich gleich zu Geld, während der Verlierer ein neues Tier braucht, um im nächsten Kampf zu bestehen.« Zacharias lächelte abfällig über all dieses unsinnige Tun. »Dein Freund Dov Williger wird auch wieder sein Unwesen treiben!«, neckte er »Lea«. »Aber die Ritter zu betrügen ist nicht einfach. Die haben zwar sonst nicht viel im Kopf, aber von Rössern verstehen sie etwas!«
    Daphne wurde inzwischen ungeduldig. Levins Ablehnung zum Trotz hatte sie ihr Ansinnen von vorhin noch nicht aufgegeben. »Dann geh du doch mit mir zum Turnier, Lea! Bitte!«, drängte das Mädchen.
    Lucia zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, Daphne, wir zwei Frauen allein ... Ist das schicklich?«
    Zacharias winkte gelassen ab. »Ach, da wird die halbe Stadt herumlaufen. Ihr fallt da gar nicht auf.«
    Seine Frau dagegen schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als Lucia und Daphne am Morgen des ersten Turniertages aufbrechen wollten.
    »Zacharias hat das erlaubt? Wo hat der Mann seinen Verstand? In deinem Zustand kannst du unmöglich allein zum Festplatz gehen, Leale! Was ist, wenn das Kind kommt?«
    »Das hat doch noch einen Monat Zeit, Tante«, meinte Lucia und betete gleichzeitig, es möge nicht so sein. Wenn das Kind tatsächlich von Clemens sein sollte, müsste es in den nächsten Tagen zur Welt kommen.
    Hannah runzelte die Stirn. »So, wie du aussiehst, könnte es auch morgen kommen! Kinder halten sich nicht immer an Zeitpläne. Gerade bei dem, was du hinter dir hast, Lea. Wenn es sich da ein paar Tage früher entschließt, zur Welt zu kommen ...«
    Lucia war im Stillen froh, dass ihre Tante es so sah, aber bislang bemerkte sie keine Anzeichen einer nahenden Geburt.
    »Heute kommt es sicher nicht!«, erklärte sie fest. »Ich kann gut mit Daphne zum Fest gehen.«
    Hannah schüttelte jedoch nach wie vor den Kopf. »Wenn du überhaupt gehst, dann morgen«, bestimmte sie. »Abraham von Kahlbach macht morgen gleich am Turnierplatz einen Stand auf. Er hat wohl eine Lieferung von Seidenstoffen erhalten, die sich für Zelte und Banner eignen. Da will er versuchen, sie gleich dort abzusetzen. Ihr könnt mit ihm hinausfahren und vom Stand aus den Spielen zuschauen. Dann seid ihr wenigstens nicht ungeschützt, und du kannst dich im Schatten hinsetzen, wie sonst nur die edlen Damen unter ihrem Baldachin.«
    Letzteres Argument überzeugte vor allem die kleine Daphne, die natürlich größte Lust hatte, Edelfräulein zu spielen. Lucia war nicht so schnell zu begeistern.
    »Und warum macht er den Stand nicht heute auf?«, fragte sie unwillig. »Haben die heute kämpfenden Ritter kein Geld für Zelte?«
    »Genau!« Zacharias, der eben eintrat. lachte. »Heute floriert eher meine Pfandleihe als Abrahams Handelshaus! Am ersten Tag kämpfen die schwächsten Ritter. Die Jüngsten und Ärmsten, die meist gerade mal ein Pferd und eine Rüstung ihr Eigen nennen. Um diesen Besitz zu mehren, müssen sie schon sehr gute Kämpfer sein. Meistens verlieren sie das Ross sehr schnell an einen Gleichaltrigen mit genau so wenig Erfahrung, aber einem reichen Vater, der ihm ein teures Streitross stellt. Und dann stehen sie am Abend in meinem Laden und verpfänden ihre allerletzten Besitztümer, um wenigstens ein Reittier für den Heimritt erstehen zu können. Insofern hat Hannah recht, euch erst morgen zum Turnier zu schicken. Die interessanten Kämpfe finden erst am zweiten Tag statt.«
    Lucia war zwar überzeugt davon, dass ein Kampf für sie so

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