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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Kleine gleich die richtigen Fragen. Antworten gab es jedoch nicht. Der Verbleib des Herrn von Rennes war offensichtlich kein Thema für den Klatsch in der Stadt.
    »Das ist ein fahrender Ritter, Kleines«, bemerkte Judith von Kahlbach, die Gattin des Moses. »Der hat seine Verletzung auskuriert, und dann ist er weitergezogen. Der Herzog wird ihn schließlich kaum zum Bleiben eingeladen haben!« Die Frauen lachten. Die Geschichte mit der Forderung auf dem Turnier hatte jedenfalls die Runde gemacht.
    Lucia konnte das nicht glauben. Womöglich hatte Zacharias recht, und die Herzogin unterhielt tatsächlich irgendwo ein Liebesnest, in dem sie den Ritter aushielt. Die Ritte zum Kloster Seligenthal mochten ihr Vorwand sein, ihn heimlich zu treffen. Auf jeden Fall gab es ein Geheimnis ... aber sie hatte momentan weder Zeit noch Gelegenheit, es zu lüften. Je mehr die Zeit voranschritt, desto mehr Gedanken machte sie sich um den Verbleib Abraham von Kahlbachs. So langsam sollte der von seiner Reise zurückkehren oder zumindest durch Boten verkünden lassen, dass alles gut verlaufen sei. Bislang gab es jedoch kein Lebenszeichen, und Lucia sorgte sich um ihr Geld! Eine Nachfrage bei Zacharias Levin und Moses von Kahlbach brachte hier auch keine Beruhigung.
    »Ich hab nicht allzu viel investiert«, gestand Zacharias. »Die Gegend da unten ist mir zu unruhig, dauernd diese Cabalgadas oder wie sie das nennen. Die Mauren fallen über die Christen her und die Christen über die Mauren ... besonders die Grenzregionen sind gefährdet, da kann Abraham sagen, was er will. Aber er weiß natürlich, was er tut, und bislang hat er stets große Gewinne gemacht. Aus dem bisschen Geld, das ich ihm mitgegeben habe, mag er mehr machen als sonst bei drei Reisen nach Venedig. Und du wirst reich sein, wenn alles gut geht!«
    Wenn alles gut geht. Lucia hatte es geahnt!
    Moses von Kahlbach hatte ebenfalls noch nichts von seinem Bruder gehört.
    »Das heißt aber nichts«, meinte er gelassen. »Es ist einfach schwierig, Briefe über die Grenze zu bringen, sogar für uns Juden. Aber in Al Andalus selbst ist er sicher; in Granada steht unser Volk in weit höherem Ansehen als hier. Ich mache mir da eher Sorgen um die Rückreise. Aber denkt Euch nichts Schlimmes, Frau Lea! Ich bin sicher, Gott wird ihn schützen. Er wird Euch kein zweites Mal den Gatten nehmen ...«
    Lucia wollte aufbegehren, ließ es dann aber bleiben. Abraham musste sich ihrer sehr sicher fühlen, wenn er sie seinem Bruder schon als quasi versprochene Braut hinstellte! Sie würde da sehr ernsthaft mit ihm reden müssen. Aber erst musste er zurück sein! In der Folgezeit schlief sie wieder schlechter und fuhr nachts aus bösen Träumen. Die Eingabe der Juden beim Herzog hatte nichts bewirkt; das Ghetto von Landsberg blieb abgesperrt, ihre Rechte wurden weiter eingeschränkt. Leona war nicht sicher in dieser Gemeinde! Lucia war inzwischen fast entschlossen, mit ihrer Tochter zu fliehen, sobald ihr Geld eintraf.
 
    Doch bevor Abraham zurückkehrte, sah Lucia die Herzogin wieder. Sie erkannte die tief verschleierte Frau sofort, als diese die Pfandleihe betrat - obwohl Elisabeths Verhalten sich diesmal sehr von ihrem gewohnten Auftreten unterschied. Sie kämpfte wie eine Löwin um einen guten Preis für das Geschmeide, das sie mitgebracht hatte. Ein weißes Gewand, über und über mit Edelsteinen besetzt.
    »Ihr könnt die Steine ja abtrennen und einzeln verkaufen, wenn Ihr wollt, Meister!«, erklärte sie gerade. »Dann nimmt sie Euch doch jeder Kaufmann ab. Seht nur, es sind Opale und Rubine, Aquamarine und Jade. Dieses Kleid ist gut und gerne drei Mark wert, wenn nicht vier! Und ich bitte Euch doch nur um zwei!«
    Zacharias Levin schüttelte den Kopf.
    »Es sind alles kleine Steine, Herrin. Gut, auf dem Gewand angeordnet wirken sie wie ein Vermögen, aber einzeln ...«
    »Und das Gewand ist aus reinster Seide! Es wäre ein Hochzeitskleid ...« Elisabeths Stimme erstarb.
    Womöglich war es ein Hochzeitskleid gewesen.
    »Es gibt reiche Bürger in Landshut.«
    Zacharias lachte. »Herrin, kein Bürger würde wagen, seine Tochter in einem solchen Kleid zu verheiraten! Dem Vater würde man Verschwendung vorwerfen, der Tochter Hoffart! Ein solches Kleid wäre höchstens an einen Ritter zu verkaufen - und näht man in Euern Kreisen nicht die Kleider selbst? Würde eine Prinzessin in einem gebrauchten Kleid Schwüre mit ihrem Prinzen tauschen?«
    Die Herzogin kämpfte erkennbar mit den Tränen.

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