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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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die Herzöge beeinflussen ...«
    Clemens schüttelte den Kopf. »Nicht die Herzöge, Lucia. Einer sollte reichen. Der Haushofmeister ist sowieso auf Seiten der Juden, der unterstützt ihre Anträge jedes Mal. Aber in Wahrheit sind die Juden den Herzögen gleichgültig. Sie haben keine Lust, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und Schriftstücke aufzusetzen. Die Juden fallen ihnen lästig, Lucia. Das ist bei jedem Gerichtstag und jeder Ratsversammlung nur zu deutlich. Würde sich aber einer von ihnen für die Juden aussprechen - einen Streit wäre es den anderen nicht wert.«
    Lucia zuckte die Schultern. »Mag sein«, meinte sie. Im Gegensatz zu Clemens, der mitunter im Kreise der Ritter zuhörte, hatte sie noch nie einer Ratsversammlung oder einem Gerichtstag beigewohnt. »Aber wer sollte das sein? Gericht hält doch meistens Herr Stephan, und der ist dabei so schlecht gelaunt, dass er niemandem Zugeständnisse macht.«
    Clemens lächelte. »Ich hab's Reb Kahlbach nicht erzählt, schließlich bin ich verpflichtet, über die Schwierigkeiten meiner Patienten zu schweigen. Aber wenn du mir noch heute den Eid ablegst, bist du Ärztin wie ich ...«
    »Den Eid des Hippokrates?«, fragte Lucia atemlos. »Du willst ihn mir abnehmen? Kann ich denn ...?«
    »Du könntest jede Frage beantworten, die ein Prüfer dir stellt«, meinte Clemens gelassen. »Zwischen Bagdad und Salamanca. Warum also sollst du den Eid nicht leisten? Wir müssen es ja niemandem erzählen. Oder willst du nicht?«
    Lucia strahlte ihn an. »Und ob ich will!«, flüsterte sie. »Ich habe nie etwas so sehr gewollt!«
    Lucias Stimme klang denn auch ernst und fest, als sie die rituellen Worte sprach.
    »Ich schwöre und rufe bei ...« Lucia stockte. Hippokrates hatte bei Apollon geschworen, Ibn Sina bestimmt bei Allah!
    » ... bei Gott, dem allmächtigen Vater, Jesus Christus, seinem eingeborenen Sohn und dem Heiligen Geist«, half Clemens ihr weiter.
    »... Ärztliche Verordnungen werde ich treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden. Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst weiterzukommen, indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne. Wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.«
    Als Lucia geendet hatte, schwiegen beide.
    Lucia fand allerdings schnell in die Wirklichkeit zurück. »Und nun das Geheimnis!«, verlangte sie.
    Clemens lachte. »Das Geheimnis ist, dass Herzog Wilhelm mich seit Wochen immer wieder konsultiert, weil er an einer ... wie soll ich sagen ... kleinen Störung leidet. Er hat Schwierigkeiten, eine Frau zu beglücken.«
    Lucia runzelte die Stirn. »Er hat was? Er ist neunzehn, Clemens! In dem Alter sollte er stark sein wie ein Stier!« Die junge Frau blickte besorgt. »Was kann er haben? Eine von diesen Krankheiten, die Männer und Frauen einander weitergeben? An denen man letztlich dahinsiecht und ... Aber so recht passt das alles nicht!«
    Clemens schüttelte den Kopf. »Das ist ausgeschlossen. Er hat ja bisher nie mit einer Frau ... nun ja, er war nie mit einem Mädchen zusammen. Er hält es aber trotzdem für möglich, mit der einzigen Alternative, jemand könnte ihn verhext haben.« Der Medikus lächelte.
    »Letzteres kann ich mir nicht denken«, bemerkte Lucia. »Er hat doch wohl keinen handfesten Verdacht?«
    Clemens grinste. »Gott sei Dank nicht. Und ich habe es ihm auch fast schon ausgeredet. Aber die andere Möglichkeit, nämlich eine ernsthafte Erkrankung, lasse ich neuerdings offen, Gott möge mir die Schwindelei vergeben ...«
    »Wenn man dich so hört, könnte man glauben, es läge gar keine Erkrankung vor«, überlegte Lucia. »Aber irgendeine Ursache muss es haben, wenn ein so junger Mann im Bett versagt.«
    Clemens nickte. »Sicher. Aber man muss sich auch die Umstände vor Augen führen. Die Frau, mit der er es versucht hat, war eine Hofdame der Herzoginmutter, und es würde mich nicht wundern, wenn die auch dahintersteckte! Sie will ihre Söhne als Marionetten behalten, und eine Spionin im Bett des Herzogs würde ihr nicht schlecht gefallen. Ganz abgesehen davon, dass die Frau auch Einfluss auf seine Entscheidungen nehmen könnte, wenn es ihr nur gelänge, ihn hörig zu machen.«
    »Aber es war ja wohl nicht erfolgreich«, meinte Lucia.
    »Nein«, bestätigte Clemens. »Mit der älteren, erfahrenen Frau

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