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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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in der Schlafkammer, völlig berauscht vom zu reichlich genossenen Wein - und all seine Freunde unter den Knappen feixend vor der Tür, um zu hören, wie es gewesen sei! Dem armen Jungen ist alles vergangen!«
    Lucia lachte. »Und das ist mehrmals passiert?«, erkundigte sie sich.
    Clemens zuckte die Schultern. »Zweimal mit der Hofdame. Danach hat er versucht, ein Küchenmädchen in eine Hofecke zu ziehen. Wobei er sich vermummte, was ein Fehler war.«
    »Wieso ein Fehler?«, fragte Lucia.
    Clemens grinste wieder. »Für ihren Herzog hätte die Kleine stillgehalten. Aber von irgendeinem Wachsoldaten ließ sie sich nicht vergewaltigen. Und sie hat gründlich zugetreten! Im Augenblick behandele ich den jungen Wilhelm wegen ganz konkreter Prellungen an seinen edelsten Teilen ...«
    Lucia kicherte. »Die sollen wohl wieder heilen. Aber wie willst du die andere Sache aus der Welt schaffen? Möglichst so, dass er dir auf ewig dankbar ist?«
    Clemens setzte ein ernstes Gesicht auf. »Vorerst habe ich ihm Sühne und Enthaltsamkeit verordnet. Die Brüder im Heiliggeistspital halten bereits eine Zelle für ihn bereit. Da wird er mit ihnen Einkehr halten, fasten und beten. Er braucht viel Ruhe, keinerlei Zerstreuungen ... ich denke, drei Wochen werden genügen, damit er anschließend nur noch an das Eine denkt. Ein paar Tees und Stärkungsmittel werde ich ihm natürlich auch noch verordnen. Und wenn er herauskommt, wird eine kleine Hübschlerin auf ihn warten. Ein junges Ding, aber ausreichend erfahren. Ich habe mir da schon eine ausgeguckt ...«
    »Du schaust dir Hübschlerinnen an?«, empörte sich Lucia.
    Clemens lachte. »Nur unter medizinischen Gesichtspunkten. Das Mädchen ist sauber, und es wird den Beutel Silbermünzen wohl zu schätzen wissen, der dem Herzog sowohl seine Hilfe als auch sein Schweigen erkauft. Anschließend wird er sich fühlen wie neugeboren. Und er wird mir sicher nicht die kleine Gunst verwehren, die ich mir für meine jüdischen Freunde erbete.«
    »Und man wird noch nicht mal etwas argwöhnen!«, begeisterte sich Lucia. »Weil du ja auch im Judenviertel arbeitest. Der Herzog wird denken, du wolltest dein Geschäft erweitern, indem du es abends länger geöffnet hältst!«
    Clemens lachte. »Du bist nicht die Einzige in dieser Familie, die sich auf Intrigen versteht!«
    Lucia küsste ihn. Dann wurde sie nachdenklich.
    »Aber die Juden werden uns nicht helfen, solange du nicht Erfolg hattest«, meinte sie schließlich. »Und du sagst, das kann noch Wochen dauern.«
    Clemens nickte besorgt. »Das ist die Bedingung. Und daran ist nichts zu ändern. Auch wenn deine Freundin schon nächste Woche vorhat, zu erkranken. Sie kann dann eben erst nach längerem Siechtum sterben.«
 
    Herzogin Elisabeth erkrankte ein paar Tage später. Kurz darauf war sie zu schwach, um das Bett zu verlassen. Herzog Stephan musste ihr notgedrungen eine Pflegerin stellen, doch Lucias Bitte, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen, lehnte er ab. Stattdessen sandte Margarethe die gutherzige Kammerfrau Anna, die Lucia zumindest über Elisabeths Befinden im Bilde hielt und auch Grüße und unverfängliche Nachrichten weiterleitete. Für Elisabeth musste es eine Erleichterung sein, überhaupt mit anderen Menschen als dem Wachpersonal und dem Herzog in Berührung zu kommen. Lucia hoffte auch, dass Herr Stephan sie nicht anrührte, solange sie krank im Bett lag.
    Herr Wilhelm verschwand für drei lange Wochen im Kloster der Dominikaner. Angeblich um Einkehr zu halten und sich auf die Regentschaft der Niederländischen Grafschaften vorzubereiten, die ihm wahrscheinlich demnächst zufallen würden. Sein älterer Bruder Ludwig, der mit Oberbayern und Brandenburg ohnehin schon ein großes Stück des Erbes beherrschte, hatte bereits verzichtet. Nun musste nur noch Stephan zustimmen, und einer Teilung der unregierbaren Besitzungen stand nichts mehr im Wege.
    Margarethe von Holland war zunächst verwundert und beinahe verärgert über den Rückzug ihres älteren Sohnes ins Kloster, erfreute sich bei seiner Rückkehr allerdings an seinem ausgeglichenen Wesen, seiner strahlend guten Laune und seiner zumindest vorübergehenden Mäßigkeit bei den abendlichen Gelagen im Rittersaal. Der junge Herr Wilhelm nahm auch seine Herrscherpflichten endlich ernster und erklärte sich sogar bereit, den nächsten Gerichtstag zu leiten. Herr Stephan und Herr Albrecht zogen derweil aufatmend auf Wildschweinjagd.
 
    Es war Oktober und ein bereits eiskalter Tag,

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