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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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vorher löschen«, erklärte sie würdevoll. »Ich bin an Kasteiung gewöhnt, nicht an Bequemlichkeit!«
    Lucia nickte demütig. Ihr war es gleichgültig, ob die Frau auf dem Diwan, dem Boden oder an die Wand gelehnt schlief. Hauptsache, sie verließ das Krankenzimmer. Doch auch wenn sie hier einnickte, würde Lucia sich nicht an der Durchführung ihres Planes hindern lassen - allerdings wurde dann alles riskanter.
    Die Nonne gähnte und kämpfte deutlich um Haltung. Lucias Herz klopfte heftig. Das Opium musste allmählich seine Kraft entfalten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Schwester der beruhigenden Wirkung des Mittels widerstand. Tatsächlich schien sie endlich nachzugeben.
    »Ich ... ich fühle mich ein bisschen müde«, gab sie endlich zu. »Es würde Euch wirklich nichts ausmachen, wenn ich Euer Angebot annehme?«
    Lucia schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, Ehrwürdige Schwester. Und wir wissen doch beide, dass wir hier nichts mehr tun können. Das Schicksal der Herzogin liegt allein in Gottes Hand. Er wird sie zweifellos noch in dieser Nacht zu sich nehmen.«
    Lucia fiel ein Stein vom Herzen, als die Nonne schließlich ihr Brevier ergriff und die Tür hinter sich schloss.

6
 
    E lisabeth wartete noch ein paar lange Minuten; aber auch sie ging wohl davon aus, dass die Ordensfrau sehr schnell einschlafen würde. Schließlich öffnete sie die Augen.
    »Lucia!«, sagte sie leise. »Alles bereit?«
    Lucia zog die mit Kräutern getränkten Schwämmchen aus ihrem Ärmel und benetzte sie mit Wasser aus dem Krug neben Elisabeths Bett.
    »Wir müssen noch kurze Zeit warten, bis die Substanzen sich freisetzen. Dann tun wir es.« Lucia nahm Elisabeths Hand. »Du warst stark bisher.«
    Elisabeths Augen füllten sich mit Tränen. »Danke. Aber es war schwer, so schwer! Als sie die Kinder zu mir brachten ... Agnes hat bitterlich geweint. Es tut mir unendlich weh, sie zu verlassen.«
    »Du kannst noch gesund werden«, bemerkte Lucia.
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Ich habe die Kinder jetzt seit drei Monaten nicht gesehen. Und auch heute wurden sie mir nur zugeführt, weil ich im Sterben lag. Ob ich hier von ihnen getrennt bin oder mit Adrian ein neues Leben beginne - für mich ist es gleich. Und für die Kinder ist es besser, eine tote Mutter zu haben als eine Sünderin, deren Schlechtigkeit ihr Vater ihnen jeden Tag vorhält. Agnes hat mich gefragt, ob ich jetzt für meine Sünden büßen müsse, und sie malte mir das Fegefeuer in bunten Farben aus. Nein, Lucia, ich ändere meine Meinung nicht.«
    Elisabeth lehnte sich zurück in ihre Kissen und wartete, während Lucia die Schwämmchen jetzt ausdrückte und dann vorsichtig in ihre Nasenlöcher drückte.
    »Wenn ich nicht mehr aufwache ... Sag Adrian, dass ich ihn liebe. Sag ihm, dass mein letzter Gedanke ihm galt und mein letzter Traum!«
    Lucia schüttelte den Kopf. »Du wirst früher wieder aufwachen, als dir lieb ist!«, warnte sie die Freundin. »Clemens hat mir aufgetragen, dir das noch einmal nachdrücklich vor Augen zu halten. Es kann sein, dass sie dich bei vollem Bewusstsein lebendig begraben. Oder du wachst in einem verschlossenen Sarkophag auf, zwei Meter unter der Erde. Wenn die Aufbahrung endet und man dich in den Sarg legt, kann ich die Schwämmchen nicht mehr erneuern oder mit weiterer Kräuterlösung befeuchten. Dann wirst du irgendwann wach, und du wirst all deine Kraft brauchen, um keinen Mucks zu tun.«
    »Adrian würde jetzt sagen: Meine Dame, ich bin ein Ritter!« Elisabeth lächelte. Sie wurde schon schläfrig und ein wenig albern.
    »Aber nicht alle Schlachten werden mit dem Schwert geschlagen«, bemerkte Lucia.
    Elisabeth richtete sich noch einmal auf.
    »Lucia, man hat mir schon schlimmere Wunden geschlagen, als ein Schwert es vermag. Und ich bin durch dunklere Nächte gegangen, als ein Grab sein kann. Also sorge dich nicht um mich!«
    Lucia wollte noch etwas erwidern, doch ihre Freundin war bereits eingeschlafen. Kurz darauf ging ihr Atem ganz ruhig, ihr Herz schlug langsam. Lucia stand nun der heikelste Moment des Unternehmens hervor. Sie schlich sich aus der Kemenate und sprach einen der Soldaten an, die noch immer Elisabeths Gemächer bewachten.
    »Hört zu, ich glaube, die Herzogin Elisabeth ist soeben entschlafen. Aber ich möchte, dass ein kundigerer Mediziner als ich den Tod bestätigt. Bitte ruft meinen Gatten, den Medikus Clemens von Treist. Später muss dann auch der Herzog benachrichtigt werden. Ich werde derweil

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