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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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während ich mich bemühte, nicht zusammenzuklappen.
    »Was ist los, Illaun?«
    »Vater liegt im Sterben, Finian.«
    »Ich komme sofort rüber«, sagte er. »Bleib, wo du bist.«
    Als ich mich wieder im Griff hatte, rief ich meinen Bruder in Chicago an. Richards Frau Greta ging ans Telefon. Richard hatte sich einen Tag frei genommen, um ihrem Sohn Eoin eine noch in Betrieb befindliche Farm im Lake County zu zeigen, und würde erst am Abend zurückkommen, nach ihrer Zeit. Ich fragte, ob ich ihn auf seinem Handy erreichen könnte, aber Greta sagte, er würde es nur einschalten, um sie bei Bedarf anzurufen, und falls er das tat, würde sie ihm natürlich Bescheid sagen. Aber höchstwahrscheinlich würde ich erst in den frühen Morgenstunden von ihm hören.
    Ich hatte kaum aufgelegt, als das Telefon läutete. Es war Pfarrer Burke. »Wie ich höre, geht es Ihrem Vater nicht gut, Illaun«, sagte er.
    »Woher wissen Sie das, Hochwürden?«
    »Schlechte Nachrichten sprechen sich schnell herum, wie man sagt. Aber letzten Endes wird es eine Erlösung sein. Sie wünschten bestimmt, diese Quarantäne wäre vorbei, damit Sie bei Ihrer Mutter sein können.«
    »Sie wird nicht mehr lange aufrechterhalten, soviel ich weiß.«
    »Bitte, lieber Gott. Heißt das, wir bekommen die Statue zurück – die Stadt meine ich?« Offenbar hatten er und sein anglikanischer Kollege einen Kompromiss ausgehandelt.
    »Äh ... wieso das?«
    »Nun, meiner Ansicht nach hat die Muttergottes mit dieser Quarantänegeschichte zum Ausdruck gebracht, dass sie Castleboyne nicht verlassen will. Ich erwarte nicht, dass das viele Leute wörtlich so glauben, aber so sehe ich es nun mal.«
    »Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen. Wie es aussieht, handelt es sich bei unserer Entdeckung auf dem Friedhof nicht um das ursprüngliche Bildnis, das in der Abtei aufbewahrt wurde, sondern um einen Reliquienschrein, der in Auftrag gegeben, aber nie in Dienst gestellt wurde.«
    »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    »Es würde zu lange dauern, es zu erklären. Aber die Statue war nicht das Einzige, was damals versteckt wurde, und Sie könnten uns helfen herauszufinden, was das andere war.«
    »Und wie?«
    »Wissen Sie noch, dass Sie versprochen haben, so viel wie möglich über Miss Duignan auszugraben, die Frau, die das Buntglasfenster gestiftet hat? Und was sie sonst noch über das Fenster finden?«
    »Ja, natürlich. Und das ist einer der Gründe, warum ich anrufe. Ich fürchte allerdings, jetzt muss ich Sie enttäuschen. Außer ein paar Rechnungen und Zahlungsbelegen findet sich im Archiv nichts über den Entwurf des Fensters selbst. Wir wissen nur, dass es bei Mayer in München in Auftrag gegeben wurde. Das war damals eines der größten Buntglasateliers der Welt und existiert, glaube ich, heute noch. Im Archiv findet sich aber nur die Korrespondenz mit Mayers Londoner Niederlassung in der Grosvenor Street. Dort wurden die Einzelheiten, die Sie suchen, wahrscheinlich abgeheftet, aber leider hat sie den Ersten Weltkrieg nicht überlebt.«
    »Was ist mit Miss Duignan? Gibt es keine Korrespondenz, in der sie Vereinbarungen trifft, was in dem Fenster enthalten sein soll?«
    »Nein. Aber es gibt die Kopie eines Briefs an sie vom Gemeindepriester, in dem er schreibt, er wird – in Erwiderung ihrer Großzügigkeit – ihrer Bitte, nach ihrem Ableben in der Kathedrale von Oldbridge beigesetzt zu werden, nur zu gern nachkommen.«
    »Wirklich?« Ich spürte eine leichte Aufregung. »Was genau steht in dem Brief?«
    »Weiter nichts, fürchte ich. Tut mir leid, Sie zu enttäuschen. Aber ich denke, Sie müssen sich im Moment ohnehin mit ernsteren Angelegenheiten beschäftigen.«
    »Stimmt.«
    »Sie verzeihen mir hoffentlich meine Offenheit, aber ich wollte auch noch sagen, falls es wirklich zum Schlimmsten kommt und die Quarantäne dann immer noch in Kraft ist, gehe ich davon aus, dass Ihre Mutter mit der Beerdigung warten möchte, bis sie aufgehoben ist.«
    Ich sagte, das nähme ich auch an, da mein Vater in Castleboyne beerdigt werden wollte. Als ich auflegte, waren meine Gefühle, angeregt durch das Wort »Beerdigung«, in neuem Aufruhr – Pfarrer Burke mochte es gut gemeint haben, aber er hatte mich irgendwie vor der Zeit zur Auseinandersetzung mit einer Vorstellung gezwungen, für die ich seelisch noch nicht bereit war. Mein Vater mochte im Sterben liegen, aber ich musste erst einmal mit dieser Tatsache klarkommen, ehe ich mir vorstellen konnte, wie er in

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