Die Pestglocke
Schrein zu legen, der seinen Stammesgöttern geweiht ist. So oder so dürfte Muti eines der weniger erwünschten Geschenke sein, die Neuankömmlinge an unseren Gestaden mitbringen.«
»Das – und hin und wieder eine Killerseuche«, sagte Byrne.
»Nun, Sie kennen ja meine Meinung dazu. Aber gehen wir weiter. Sie haben am Wochenende einen Artikel über Madonna und Castleboyne veröffentlicht. Und ich meine damit nicht, dass sich Madonna zur Ruhe gesetzt und im County Meath niedergelassen hätte. Diese bestimmte Madonna wird im Gegenteil aus der Grafschaft hinausbefördert. Erklären Sie uns die Geschichte, Darren.«
Ich wählte die Nummer der Sendung, während ich mit einem Ohr Byrne lauschte, der erzählte, wie sich das Nationalmuseum daranmache, den Einwohnern der Stadt das »heilige« Kunstwerk zu »klauen«. Eine Assistentin meldete sich, und als ich erklärte, wer ich sei und warum ich anrief, entschied der Produzent, mich sofort in die Sendung zu nehmen. Ryan liebte es, wenn sich Leute, die unmittelbar mit einem Geschehen zu tun hatten, bei ihm meldeten. Ich konnte mich darauf verlassen, dass ich seine Sympathie hatte -jedenfalls für eine Weile.
»Einen Augenblick, Darren. Wir haben die Archäologin Illaun Bowe am Telefon, und sie hat Neuigkeiten über diese Statue für uns.«
»Darrens Information ist nicht mehr aktuell, Gerry«, sagte ich ohne Umschweife. »Das Nationalmuseum möchte den Menschen von Castleboyne Gelegenheit geben, die Statue zu besichtigen, und wird sie deshalb beim bevorstehenden Kulturfestival ausstellen.«
Byrne schnaubte verächtlich. »Na, wenn schon. Das Festival dauert gerade mal eine Woche. Aber da diese Dame schon in der Leitung ist, müssen wir Ihre Hörer über etwas sehr viel Wichtigeres informieren. Am St.-Loman-Hospital hier wird seit ein paar Tagen ein Patient mit einer mysteriösen Krankheit behandelt. Das Opfer ist ein Angestellter von ihr.«
»Nun aber mal langsam, Darren«, warnte Ryan. »Wir wollen doch lieber beim Thema bleiben.«
»Lassen Sie mich nur schnell zu Ende reden, Gerry, es ist wirklich wichtig ...« Es folgte eine lange Pause, Flüstern, Papierrascheln. Ich wusste, was kommen würde. »Man hat mir eben eine Notiz zugesteckt, Gerry. Der Mann, von dem ich rede, ist vor einer Stunde gestorben.«
»Großer Gott, das ist ja schrecklich. Und ich bin mir nicht sicher, ob es richtig war, es auf diese Weise zu verkünden. Ich hoffe, das ist für die Angehörigen oder die Dame am Telefon jetzt nicht ein totaler Schock. Sind Sie noch da, Illaun? Hatten Sie eine Ahnung davon?«
»Ja. Ich war bei dem Mann, als er starb.«
»Allmächtiger im Himmel, das tut mir sehr leid, Illaun. Mein Beileid an Sie und die Familie des Mannes. Und ich muss sagen, ich bewundere Ihre professionelle Einstellung, trotz dieser Umstände ans Telefon zu gehen und Ihren Job zu machen.«
Das war nicht das, was Byrne hören wollte, dachte ich. Aber den focht das wahrscheinlich nicht sehr an. Ich spürte, dass er noch ein Ass im Ärmel hatte.
»Warum bitten wir Ms. Bowe nicht, uns zu erzählen, woran der Mann gestorben ist?«, fragte Byrne.
»Dazu bin ich nicht qualifiziert.«
»Leugnen Sie, dass Terry Johnston versehentlich mit einer Substanz kontaminiert wurde, die letzten Freitag aus einem undichten Sarg auf einem Pestfriedhof auslief?«
»Was, ein Pestfriedhof?«, rief Ryan aus.
»Jawohl, Gerry. Hier in Castleboyne«, sagte Byrne feierlich.
»Und der Sarg war undicht?«
»Und ist schließlich ganz auseinandergefallen, und der Inhalt hat sich über den unglücklichen Mr. Johnston ergossen«, sagte Byrne.
»Du lieber Himmel … Und was hat unsere Archäologin dazu zu sagen?«
Wenigstens hatte ich einen Augenblick Zeit zum Überlegen gehabt. »Es stimmt, dass es einen Unfall auf dem Friedhof gegeben hat. Aber zwischen diesem und der Erkrankung von Mr. Johnston wurde kein Zusammenhang bewiesen.« Ich krümmte mich innerlich. Ich zog mich auf formale Spitzfindigkeiten zurück, weil es mir gerade passte.
»Ach, hören Sie doch auf«, sagte Byrne mit einschüchternder Stimme. »Ein Sarginhalt ergießt sich über den Mann, praktisch sofort treten Symptome auf, und drei Tage später stirbt er. Was für eine Krankheit ist das?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ich konnte mich höchstens wiederholen. In diesem Moment beschloss Ryan, das Gespräch zu beenden, da ihm klar wurde, dass es rechtliche Konsequenzen für mich haben könnte, falls Nachlässigkeit beim Tod des Mannes
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