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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Stillen. Wirf mich bloß nicht ab – ich bitte dich!
    Endlich berührten die Hufe wieder den Boden.
    Die beiden Männer waren zunächst zurückgewichen, jetzt jedoch näherten sie sich erneut. Angstvoll drückte Johanna ihre linke Ferse fest in Rosas Flanke und zerrte am linken Zügel, den sie wieder in die Hand bekommen hatte. Da wendete die Stute und begann, in Richtung Stadt zu galoppieren.
    » Wie klug du bist!«, rief Johanna erleichtert. » Schnell, meine Rosa, lauf, so schnell du nur kannst!«
    Erst nach einer Weile wagte sie sich umzudrehen.
    Von den beiden dunklen Gestalten, die sie eben noch in Angst und Schrecken versetzt hatten, war nichts mehr zu sehen.
    x
    Als Vincent wach wurde, brummte sein Schädel derart, dass er sofort wieder die Augen schloss. Er lag hart, verdammt hart, das spürte er, und die Sonne schien ihm unbarmherzig ins Gesicht.
    Er betastete seinen Hinterkopf, dann die Schläfen und fand nur unter dem linken Auge eine kleine Stelle mit getrocknetem Blut, was ihn aufs Erste beruhigte.
    Es gelang ihm, sich halb aufzurichten, obwohl es sich noch immer anfühlte, als wütete ein Bienenschwarm in seinem Kopf.
    Während seiner Ohnmacht mussten sie ihn nach draußen geschleift haben. Hatten sie ihn dabei auch gleich noch bestohlen?
    Seine Hand fuhr zu dem Riemen, an dem seine Geldkatze befestigt war – und fand nur noch einen Lederstummel. Offenbar hatten sie die günstige Gelegenheit genützt. Freilich würde ihre Beute nicht sonderlich groß ausfallen. Er hatte nur ein paar Münzen eingesteckt, bevor er das Haus verlassen hatte. Um vieles schlimmer wäre es, wenn sie seine Tasche …
    Plötzlich brach ihm der Schweiß am ganzen Körper aus.
    » Er ist nicht tot, ich hab es dir doch gesagt! Er war doch nur betrunken«, hörte er eine Kinderstimme rufen, und zwei kleine Jungen stoben kreischend davon.
    Noch im Sitzen schaute Vincent sich um, soweit sein malträtierter Schädel es ihm erlaubte, bis er schließlich einen Seufzer der Erleichterung ausstieß.
    Dort drüben stand die Tasche, äußerlich unversehrt. Ein Anblick, der Leben in seine schlaffen Glieder brachte. Langsam kam Vincent auf die Beine und versuchte ein paar vorsichtige Schritte.
    Als er sich nach der Tasche bückte, überfiel ihn abermals Übelkeit, die aber verflog, sobald er wieder aufrecht stand. Er öffnete die Tasche. Alles war noch da, wenngleich offenbar wild durchwühlt. Doch schnell merkte er, dass das scharfe Messer verschwunden war, mit dem er so gern gearbeitet hatte.
    Ein neues in solcher Qualität wiederzubeschaffen würde nicht einfach sein – dabei hatte er es jetzt so dringend nötig.
    Nun endlich kam der Zorn.
    Die beiden Kinder, die weggerannt waren, brauchte er nicht zu verdächtigen. Ihm war klar, wo die Diebe zu suchen waren.
    Vincent lief die Gasse zurück, musste aber feststellen, dass die Tür » Zum goldenen Einhorn« verschlossen war. Die Fenster aus trübem, grünlichem Glas waren zwar sehr schmutzig, trotzdem war es ihm, als hätte sich drinnen etwas bewegt.
    » Macht sofort auf, Wirtin Fygen!« Er hämmerte gegen die wurmstichige Tür. » Wenn Ihr mit Euren Gästen so umgeht, werdet Ihr in große Schwierigkeiten geraten. Gebt mir wenigstens mein Messer zurück! Das taugt nicht zum Halsabschneiden, sondern kann Leben retten!«
    Ein dunkler Schatten, der lautlos verschwand. Alles blieb still.
    Abermals schlug er gegen die Tür, obwohl er inzwischen genau wusste, dass die Wirtin nicht einmal im Traum daran dachte zu öffnen.
    » Ich komme wieder«, rief Vincent. » Zwischen uns beiden ist noch lange nicht das letzte Wort gewechselt.«
    Allmählich wurde er wieder ruhiger. Obwohl ihm noch immer leicht schwindelig war, gab es jetzt nur einen Weg für ihn – zum Palais des Erzbischofs in der Frankgasse.
    Die kurze Strecke dorthin erschien ihm dreimal so lang wie beim letzten Mal. Die Zunge klebte ihm am Gaumen, und vor den Augen hatte er ein seltsames Flimmern, das stärker wurde, je mehr er sich anstrengte.
    Die Doppelwache vor dem Tor wollte ihm den Zutritt verwehren. Jetzt erst schaute Vincent an sich hinunter und bemerkte den Schmutz und den Straßenstaub, die überall an ihm hafteten.
    » Ich bin unter die Räuber gefallen«, rief er. » Aber das ist bei Weitem nicht das Schlimmste, was einem zustoßen kann! Lasst mich auf der Stelle zu Seiner Exzellenz, sonst werdet Ihr es zu büßen haben!«
    Widerwillig gaben die beiden Männer den Weg frei. Heute konnte Vincent die Treppen, die nach oben

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