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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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studiere ich diese Krankheit und stoße doch immer wieder auf neue Ungereimtheiten.«
    » Ihr müsst uns helfen!«, beschwor sie ihn. » Das ganze Geld zurückzuzahlen wäre uns im Augenblick unmöglich. Ludwig hat alles in die Instandsetzung des Pesthauses gesteckt. Ganz besessen ist er von dieser Idee. Ich soll die Stadt verlassen, damit mir nichts zustößt, aber das werde ich nicht. Mein Platz ist an seiner Seite.«
    Sie kehrten in den Vorraum zurück.
    » Ich werde mit ihm sprechen«, sagte Vincent. » Bader und Medicus müssen Hand in Hand arbeiten, auch wenn wir die Seuche nicht aufhalten können.«
    Ennelin wollte sich nach dem Korb bücken, dann schien sie sich auf das zu besinnen, was Vincent vorhin gesagt hatte, und richtete sich wieder auf.
    » Er hat sie Euch geschickt«, sagte sie beim Hinausgehen. » Werdet Ihr sie denn behalten?«
    Vincent spürte, wie ihm heiß wurde.
    » Ich bin nicht so dumm, wie manche Leute glauben«, fuhr sie fort, ohne ihn anzusehen. » Nur weil ich jung bin und noch nicht viel von der Welt gesehen habe. Ich kann die Bibel lesen und weiß viele Gebete auswendig. Und ich wäre heilfroh, wenn Johanna endlich versorgt wäre.«
    » So sehr liegt sie Euch am Herzen?« Seine Stimme klang plötzlich belegt.
    Ennelin lachte bitter.
    » Sie ist schön, das muss ich zugeben. Und sie kann die Männer verzaubern«, sagte sie. » Wie sehr ich sie darum beneidet habe! Aber es ist kein guter Zauber, der von ihr ausgeht. Ihren Glasmaler hat sie ins Grab gebracht, dessen Bruder liebeskrank werden lassen. Nicht einmal meinen Ludwig hat sie verschont. Doch zum Glück gibt es ja auch noch mich.« Sie reckte ihre Brüste. » An mir kommt sie nicht vorbei, die Witwe Arnheim!«
    Ihre Kampfansage klang noch immer in Vincents Ohren, als er die Gereonsstraße erreicht hatte.
    Ludwig Weißenburg und Johanna!
    Hatte der Bader sie ihm als Haushälterin empfohlen, um sich ihrer bequem zu entledigen? Unwillkürlich blieb er stehen, zog ein Tuch aus dem Wams und wischte sich den Schweiß von der Stirn, als er plötzlich von hinten angerempelt wurde. Er spürte einen kurzen Schmerz an der Hüfte, stolperte und musste mit den Armen rudern, um nicht hinzufallen.
    » Kannst du nicht aufpassen?«, rief er erbost. » Die Gasse ist doch breit genug für uns beide!«
    Der Mann, der ihn gestoßen hatte, lief unbeirrt weiter. Dann blieb er plötzlich stehen, drehte sich um, zog die Achseln hoch und schnitt dabei eine freche Grimasse. Dunkles Haar fiel ihm lockig in die Stirn; sein Körper unter den schmutzigen Hosen und dem speckigen Wams war geschmeidig und jung. Obwohl er ärmlich angezogen war, schien er vor Lebenskraft zu strotzen.
    Eine Welle von Wehmut überfiel Vincent. Wie müde und verbraucht er sich auf einmal fühlte! Die eigene Jugendzeit schien unendlich lang zurückzuliegen. Vom Heilen hatte er schon damals geträumt, auch von einer Frau, die ihn liebte, und einer eigenen Familie. Hatten Johanna und er das Glück nicht für einen Augenblick in den Händen gehalten – und es leichtfertig vertan?
    Seine Kehle war plötzlich trocken, während der andere leichtfüßig davonspurtete.
    » Er hat es absichtlich getan«, hörte er Ludwig Weißenburg sagen. » Das habe ich genau gesehen. Hat er Euch verletzt?«
    » Es war nur der Schreck. Was macht Ihr hier?«
    Der Bader zog einen Pinsel ruhig über das Holz.
    » Der Tür einen frischen Anstrich verpassen, das seht Ihr doch!«
    » Habt Ihr nichts Besseres zu tun? Wir haben die ersten Toten zu beklagen – bald schon könnten es sehr viel mehr sein.«
    » Eben darum. Als Haus zur roten Pforte war das Haus schon vor Jahren bekannt. Genauso soll es wieder heißen und mühelos von jedermann zu finden sein.« Vincent spürte, wie der Bader ihn prüfend musterte. » Eure Laune wird sich bessern, wenn Ihr Euch erst einmal drinnen umgesehen habt. Kommt!«
    Vincent folgte ihm.
    Eine kleine Küche, daneben drei Kammern mit schmalen Betten. Ein Verschlag mit Truhen voller Laken und Tüchern. Alles einfach, aber sauber.
    » Im Bedarfsfall kann man noch weitere Pritschen dazustellen«, sagte Ludwig. » Auch zwei Kranke in einem Bett wären denkbar. Immer noch sehr viel besser, als auf der Straße zu krepieren. »
    » Ihr wollt sie stapeln wie Brennholz?«
    » Wenn nötig – ja. Der erste Stock ist ganz ähnlich eingerichtet. Ich habe einiges an Silber in die Instandhaltung des Hauses gesteckt. Ich hoffe, das wird sich auszahlen.«
    » Habt Ihr keine Skrupel, an der Not der

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