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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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würdet?«, lockte der Richter, der nicht wusste, warum sich der Kastellan gerade an dieser Frage festgebissen hatte.
    »Selbst wenn ich möchte, könnte ich nichts dazu sagen. Ich kann doch nicht einfach irgendwelche Namen nennen, wenn mir niemand geholfen hat.«
    »Er spricht nicht von ›einer‹ sondern von ›mehreren Personen‹, die ihm nicht geholfen haben«, flüsterte der Kastellan Eginhard zu.
    »Ja, Vater, das ist mir auch aufgefallen. Dadurch glaube ich nicht mehr, dass er mit dem Totengräber zusammengearbeitet haben könnte. Aber frag ihn doch trotzdem danach.«
    Dies tat der Kastellan denn auch und versuchte eine Regung im Gesicht des Delinquenten zu erkennen. »Wie wäre es mit Ruland Berging?«
    Aber Heinrich Schwartz zuckte nicht einmal mit den Augen, als er diesen Namen hörte.
    »Wer soll das sein?«, wollte Zwick wissen.
    »Verzeiht, ehrenwerter Herr Richter«, sagte der Kastellan und legte eine flache Hand auf die Brust, während er sich leicht verneigte. »Ruland Berging war einst der Leichenbestatter unseres Dorfes und hat …«
    »Ich war der Meinung, dass dieser Mann der Leichenbestatter Eures Dorfes war«, lachte ein jüngerer Beisitzer und deutete auf den Medicus.
    »Schweigt!«, fuhr Zwick dazwischen und erteilte dem Kastellan wieder das Wort.
    »Der Totengräber und der Medicus sind des Öfteren im Wirtshaus ›Zur Krone‹ gesehen worden und sie …«
    »Na und?«, unterbrach jetzt der Medicus mutig, tat aber bewusst gelassen. »Dass Totengräber und Ärzte miteinander zu tun haben, dürfte nichts Neues sein. Ja, wir haben uns manchmal im Wirtshaus getroffen, um unsere Zusammenarbeit zu besprechen. – Ist das etwa verboten?«
    »Nein!«, antwortete der Kastellan. »Nur, wenn sie sich bei Einbruch der Dunkelheit heimlich auf dem Kirchhof treffen.«
    Auch jetzt blieb der Medicus ruhig und tat so, als wenn er nicht wüsste, von was der Kastellan gesprochen hatte.
    Da außer dem Medicus und den Dreylings von Wagrain niemand wusste, was es damit auf sich hatte, berichtete der Kastellan vom Gespräch auf dem Kirchhof und der damit zusammenhängenden Sache mit seinen Söhnen und – wie er vermutete – mit den Söhnen der Blaufärber. Dies führte zu einer langen Debatte und zu dem Ergebnis, dass der schon wieder nach einem Schnaps lechzende Angeklagte nach allen Regeln der Kunst vernommen wurde. Aber der Medicus blieb trotz aller Drohungen standhaft und gab nicht das Allergeringste preis. Er holt mich hier raus. Egal, was die reden; nur ich allein weiß, dass der Tote im Entenpfuhl nicht Ruland Berging war. Er kommt zurück und befreit mich, hoffte er immer noch.
    »So, das reicht jetzt, verehrter Verwalter des Schlosses Staufen«, beendete der Richter dieses Thema, obwohl er gemerkt hatte, dass der Kastellan in Rage gekommen war und nicht locker lassen wollte.
    Aber erst als Eginhard seinen Vater am Arm festhielt und ihm leise sagte, er könne aufgrund der strengen Anhörung und des Gehörten selbst nicht glauben, dass der Totengräber der Komplize des inzwischen eindeutig überführten Arztes gewesen sein sollte, beruhigte sich der Kastellan etwas.
    »Warum sollte der Medicus jemanden schützen, wenn er allein durch die Nennung dessen Namens einen gnädigeren Tod erwarten kann? – Insbesondere, wenn dieser Jemand nachweislich ertrunken ist«, fragte Eginhard seinen Vater. »Das macht doch keinen Sinn.«
    »Den Nachweis hat er selbst erbracht«, murmelte der Kastellan.
    »Was?«
    »Ach nichts«, antwortete der groß gewachsene Mann, der sich jetzt selbst nicht mehr sicher war und kleinlaut in seinen Stuhl zurückglitt. Er verfluchte sich, weil er die Leiche vom Entenpfuhl auf Empfehlung dieses verfluchten Arztes gleich nach deren Bergung hatte verbrennen lassen. Hätte er auch nur im Geringsten geahnt, dass der Medicus einen Augenblick lang gewankt und überlegt hatte, den Totengräber doch noch zu verraten, wäre er ihm wohl an die Gurgel gegangen und hätte die ganze Wahrheit aus ihm herausgeprügelt.
    Der Angeklagte wusste, dass ihm ein zusammen mit ihm verurteilter Totengräber nichts mehr nützen würde. Außerdem müssen sie ihn erst kriegen, lachte er trotz seiner schwierigen Situation zufrieden in sich hinein. Solange sie dem Totengräber nichts nachweisen konnten und ihn nicht einmal ernsthaft in Verdacht hatten, konnte der Medicus hoffen, dass sein Kumpan doch wieder auftauchen und ihm irgendwie aus seiner misslichen Lage heraushelfen würde. Er müsste nur die Gelegenheit

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